Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 01.09.2020; Aktenzeichen 4 KLs 42/19 13 Js 12/18) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1. September 2020 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der allgemeinen Sachrüge nur im Umfang der Beschlussformel Erfolg (§ 349 Abs. 2 und 4 StPO), während die Verfahrensrügen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht durchgreifen.
Rz. 2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
Rz. 3
Der Angeklagte und die Nebenklägerin gehören seit früher Jugend demselben Kreis von Freunden an, mit denen sie am Abend und in der Nacht vor dem Tatgeschehen in verschiedenen Lokalen gefeiert und in erheblichem Maß Alkohol konsumiert hatten. In den frühen Morgenstunden ließen sich der Angeklagte, die Nebenklägerin sowie der Zeuge H. zum Haus der Mutter der Nebenklägerin bringen, weil sie dort in einer Einliegerwohnung übernachten wollten. Die drei Freunde saßen noch etwa bis acht Uhr morgens zusammen, unterhielten sich und tranken Whisky. Nachdem die Nebenklägerin aus dem Badezimmer zurückgekehrt war, fand sie die beiden Männer bereits schlafend vor, den Zeugen auf der Wohnzimmercouch, den Angeklagten im Doppelbett des Schlafzimmers. Obwohl es ihr unangenehm war, neben dem Angeklagten zu schlafen, legte sie sich ebenfalls in das Bett, weil sie für eine Diskussion über die Verteilung der Schlafplätze zu müde war. Nachdem sie eingeschlafen war, zog der Angeklagte der auf dem Bauch liegenden Nebenklägerin die Pyjamahose herunter, legte sich auf sie und führte mit ihr den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr aus. Die davon erwachende Nebenklägerin erkannte zwar die Situation, war jedoch nicht fähig, sich zu wehren oder den Zeugen H. zu rufen. Noch während des Geschlechtsverkehrs schlief sie wieder ein. Der Angeklagte hatte nicht bemerkt, dass sie zwischenzeitlich aufgewacht war.
Rz. 4
Das sachverständig beratene Landgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Angeklagte bei der Tatbegehung uneingeschränkt schuldfähig war.
Rz. 5
2. Zwar ist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen zum objektiven Tat- sowie Vor- und Nachtatgeschehen ausgeschlossen, dass der Angeklagte zur Tatzeit schuldunfähig war (§ 20 StGB). Allerdings hat der Strafausspruch keinen Bestand, weil die Ablehnung der tatsächlichen Voraussetzungen des § 21 StGB durchgreifenden Bedenken begegnet.
Rz. 6
Die Strafkammer ist sachverständig beraten von einer maximalen Blutalkoholkonzentration beim Angeklagten zur Tatzeit von 2,57 Promille ausgegangen. Deren Berechnung wurden die – in Teilen durch Zeugen bestätigten – Angaben des Angeklagten zu seinem Alkoholkonsum zugrunde gelegt. Es ist indes bereits nicht ausreichend nachvollziehbar, wie die Sachverständige die aufgenommene Gesamtmenge an Alkohol berechnet hat. Bei der Bestimmung der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit hat sie zudem ein Resorptionsdefizit von 20 % von der aufgenommenen Alkoholmenge abgezogen. Diese Berechnung hat die Strafkammer übernommen, ohne zu bedenken, dass im Rahmen der Prüfung des § 21 StGB das für den Angeklagten günstigste Resorptionsdefizit von 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1991 – 3 StR 473/90, BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 12; Beschluss vom 26. Februar 1987 – 1 StR 733/86).
Rz. 7
Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer im Rahmen der weiteren Beweiswürdigung der Höhe der Blutalkoholkonzentration zu Unrecht eine zu geringe Bedeutung beigemessen hat.
Unterschriften
Sander, Schneider, König, Fritsche, von Schmettau
Fundstellen
Haufe-Index 14408091 |
NStZ-RR 2021, 194 |
StV 2022, 223 |