Leitsatz (amtlich)
In einer Anwaltssozietät ist grundsätzlich jeder Anwalt als berechtigt anzusehen, für einen Sozius Zustellungen entgegenzunehmen.
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.03.1969) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. - 13. Zivilsenat in Darmstadt - vom 10. März 1969 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.
Die Zustellung des landgerichtlichen Urteils konnte rechtswirksam an Rechtsanwalt C. erfolgen.
Nach § 176 ZPO mußte die Zustellung, um wirksam werden, an den für den ersten Rechtszug bestellten Prozeßbevollmächtigten erfolgen. Für die Frage, ob eine Bestellung zum Prozeßbevollmächtigten vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob der Anwalt tatsächlich Prozeßvellmacht hatte. Da im Anwaltsprozeß die Vollmacht nur auf Rüge nachgeprüft wird (§ 88 ZPO), genügt für die Bestellung zum Prozeßbevollmächtigten, daß der Anwalt demGericht und dem Gegner hiervon Kenntnis gibt. Das braucht nicht durch eine ausdrückliche Erklärung zu geschehen. Ausreichend ist auch ein tatsächliches Verhalten, aus dem auf eine Bestellung zum Prozeßbevollmächtigten geschlossen werden kann (Stein/Jonas ZPO, 19. Aufl., § 176 Anm. III 2; Baumbach/Lauterbach ZPO, 29. Aufl., § 176 Anm. 2 B; RGZ H, 333; 38, 406, 408; 67, 149).
Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall mit Recht eine solche Bestellung durch entsprechendes Handeln bejaht.
Der Umstand, daß Rechtsanwalt C. im Rubrum des landgerichtlichen Urteils nicht aufgeführt ist, schließt eine wirksame Zustellung an ihn als bestellten Prozeßbevollmächtigten nicht aus.
Unabhängig davon muß die Zustellung auch deshalb als rechtswirksam angesehen werden, weil in einer Anwaltssozietät grundsätzlich jeder Anwalt als berechtigt angesehen werden muß, für einen Sozius Zustellungen entgegenzunehmen. Die gegenteilige Annahme wäre lebensfremd, weil sie davon ausginge, daß die Anwälte die praktischen Vorteile einer Assoziierung, hier also die Möglichkeit einer jederzeitigen gegenseitigen Vertretung, nicht wahrgenommen hätten (vgl. auch RG Nachschlagewerk Nr. 6 zu § 198 ZPO - Urteil vom 9. November 1906 -).
Das Urteil des Landgerichts ist dem Beklagten daher am 24. Juni 1968 rechtswirksam zugestellt worden. Da seine Berufung erst am 4. Oktober 1968 eingegangen ist, hat das Oberlandesgericht sie zu Recht als unzulässig verworfen (§§ 516, 519 b ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 3018653 |
DB 1970, 1830-1831 (Volltext) |
NJW 1969, 1486 (amtl. Leitsatz) |
MDR 1969, 1001 |