Leitsatz (amtlich)
Der Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts eines zum zweiten Mal geschiedenen Beamten errechnet sich aus der vollen Versorgung i.S. des § 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB. Eine Kürzung gem. § 57 BeamtVG aufgrund eines bereits durchgeführten Versorgungsausgleichs bleibt dabei außer Betracht.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2; BeamtVG § 57
Verfahrensgang
AG Bad Iburg |
OLG Oldenburg (Oldenburg) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 12. Zivilsenats – 4. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 26. September 1994 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.396,56 DM.
Gründe
I.
Der am 24. April 1927 geborene Antragsteller war Lebenszeitbeamter bei der Bundesanstalt für Arbeit (im folgenden BAA). Seit Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand mit Ablauf des 31. August 1989 bezieht er Pension. Er war bereits in erster Ehe verheiratet. Bei Scheidung dieser Ehe mit seit 31. August 1984 rechtskräftigem Urteil wurden – bezogen auf die Ehezeit vom 1. August 1959 bis 30. September 1983 – für seine erste Ehefrau zu Lasten seiner beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaften 1.342,09 DM monatliche Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Seine geschiedene Frau bezieht seit 1. April 1994 Rente. Seine Pension wird seither um einen gemäß § 57 BeamtVG dynamisierten Betrag gekürzt.
Am 28. Mai 1985 hatte er mit der Antragsgegnerin die zweite Ehe geschlossen. Sein Scheidungsantrag wurde ihr am 12. April 1988 zugestellt. In der Ehezeit vom 1. Mai 1985 bis 31. März 1988 (§ 1587 Abs. 2 BGB) hat er – unter Berücksichtigung seiner vorzeitigen Pensionierung – monatliche Versorgungsanwartschaften von 394,44 DM erworben. Würde die aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs bei der ersten Ehescheidung eintretende Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 57 BeamtVG berücksichtigt, beliefe sich der Ehezeitanteil seiner Versorgungsanwartschaft nur auf monatlich 283,79 DM.
Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit gesetzliche Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von 49,30 DM und Anwartschaften auf die statische Versicherungsrente bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Höhe von monatlich 15,22 DM, dynamisiert 1,73 DM, erworben.
Das Amtsgericht hat die Ehe durch seit 27. Februar 1990 rechtskräftiges Urteil vorab geschieden. Der später durchgeführten Regelung des Versorgungsausgleichs hat es die ungekürzte ehezeitanteilige Versorgung des Antragstellers in Höhe von monatlich 3104,44 DM zugrunde gelegt und für die Antragsgegnerin gemäß § 1587b Abs. 2 BGB gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 161,80 DM, bezogen auf die Ehezeit, begründet. Dies entspricht dem für die Antragsgegnerin zulässigen Höchstbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung. Wegen des restlichen Ausgleichsbetrags von monatlich 9,91 DM hat es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich angeordnet.
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers, mit der er im wesentlichen einen geringeren Ausgleich auf der Grundlage der gemäß § 57 BeamtVG gekürzten Beamtenversorgung erreichen wollte, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene weitere Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 1995, 298 veröffentlicht ist, hat die Auffassung vertreten, daß dem Versorgungsausgleich jedenfalls dann nicht der gemäß § 57 BeamtVG gekürzte Versorgungsbetrag zugrunde gelegt werden könne, wenn während der Ehezeit die Voraussetzungen für eine ungekürzte Versorgungsanwartschaft vorgelegen hätten. Das sei hier wegen § 5 VAHRG der Fall gewesen, da der Antragsteller seiner ersten Ehefrau unterhaltspflichtig gewesen sei und diese aus dem Versorgungsausgleich noch keine Rente habe beziehen können. Daher habe trotz der Regelung des § 57 BeamtVG während der zweiten Ehe eine ungekürzte Versorgungsanwartschaft des Antragstellers bestanden. Auch eine zukünftige Kürzung sei ungewiß gewesen, da sie gegebenenfalls aufgrund der Regelung des § 4 VAHRG bei vorzeitigem Tod der ausgleichsberechtigten ersten Ehefrau entfallen wäre. Im übrigen werde der Verpflichtete nicht schlechter behandelt als ein Beamter, der während der Zeit der gesamten Ehejahre nur einmal verheiratet gewesen sei.
2. Dem ist im Ergebnis, wenn auch nicht in allen Punkten der Begründung, zu folgen. Der Ehezeitanteil der Versorgung eines mehrfach verheirateten und geschiedenen Beamten errechnet sich ohne Berücksichtigung der Kürzung gemäß § 57 BeamtVG aufgrund eines bereits durchgeführten Versorgungsausgleichs.
a) Dem Versorgungsausgleich unterliegt nur die in der jeweiligen Ehezeit erworbene Versorgung oder Versorgungsanwartschaft (§ 1587 Abs. 1 BGB). Zur Ermittlung des Ehezeitanteils sieht § 1587a Abs. 2 BGB für die einzelnen Versorgungsarten verschiedene, ihrer jeweiligen Systematik entsprechende Berechnungsmodalitäten vor. Bei Anrechten aus der Beamtenversorgung gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB wird von demjenigen Betrag ausgegangen, der sich bei Hochrechnung des bis zur jeweils maßgebenden Altersgrenze erreichbaren Ruhegehaltssatzes als Versorgung ergäbe. Deren maßgebender Ehezeitanteil errechnet sich aus dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Dienstzeit zur insgesamt möglichen Dienstzeit (Gesamtzeit).
Diese zeitratierliche Berechnungsmethode trägt dem Umstand Rechnung, daß nach § 14 a.F. BeamtVG, der grundsätzlich für Beamte weiter gilt, die – wie hier der Antragsteller – am 1. Januar 1992 bereits im Ruhestand waren oder vor dem 1. Januar 2002 in den Ruhestand treten (vgl. die Übergangsregelungen der §§ 69a, 85 BeamtVG), der Ruhegehaltssatz in den zurückgelegten Dienstjahren in unterschiedlicher Höhe ansteigt, bis nach 35 Jahren der Höchstsatz von 75 % erreicht wird. Außerdem wird die Versorgung erst mit dem Erreichen der Altersgrenze endgültig erdient. Letzteres gilt auch für die künftigen Fälle der ab 1. Januar 1992 linear ausgestalteten Ruhegehaltsskala mit dem gleichmäßigen Steigerungssatz von 1,875 % pro Dienstjahr (§ 14 n.F. BeamtVG). Die zeitratierliche Berechnung gewährleistet in beiden Fällen, daß dem Ausgleichsberechtigten ein dem Halbteilungsgrundsatz entsprechender, gleichmäßiger Anteil an der Beamtenversorgung zukommt, gleichgültig, ob die Ehe zu Zeiten eines höheren oder niedrigeren Steigerungssatzes oder gar erst zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als der Höchstsatz von 75 % bereits erreicht war und die Versorgung nur noch aufrechterhalten wurde (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 2. Aufl. § 1587a BGB Rdn. 44).
War der Beamte mehrfach verheiratet und werden die Ehen geschieden, so muß ebenfalls gewährleistet sein, daß die ausgleichsberechtigten Ehegatten jeweils ihrer Ehezeit entsprechende, gleichmäßige Anteile an der gesamten Versorgung erhalten. Daher muß der Ehezeitanteil der Versorgung, der auf eine spätere Ehe entfällt, ebenfalls auf der Grundlage der gesamten, auf die Zeit bis zur Altersgrenze (Gesamtzeit) hochgerechneten Versorgung ermittelt werden, und zwar ohne daß diese zuvor, aufgrund des Versorgungsausgleichs aus erster Ehe gekürzt wurde. Andernfalls käme man zu einem verzerrten Ergebnis, da sich die in die zeitratierliche Berechnung einzustellende Versorgung und die Gesamtzeit nicht mehr entsprächen. Dies veranschaulicht auch folgender Vergleich:
War der Beamte nur einmal verheiratet und fällt seine gesamte Dienstzeit in die Ehezeit, so daß die ganze Pension in dieser Ehe erworben wurde, steht dem Ausgleichsberechtigten die Hälfte der Pension zu. War der Beamte zweimal verheiratet und fällt (theoretisch) die erste Ehe exakt in die erste Hälfte seiner Dienstzeit und die zweite Ehe in die zweite Hälfte, so muß den beiden Ausgleichsberechtigten jeweils 1/4 der Pension zustehen. Gleichgültig, wieviel Ehen im Erwerbszeitraum lagen, kann das dem Ausgleich zugrundezulegende Anrecht nicht anders sein, als wenn der Beamte durchgehend verheiratet gewesen wäre. Aus dem Umstand, daß er zweimal verheiratet war und geschieden wurde, darf ihm kein Vorteil erwachsen. Dies wäre aber der Fall, wollte man den Ehezeitanteil aus der zweiten Ehe aus einer bereits aufgrund eines vorausgegangenen Versorgungsausgleichs gekürzten Versorgung errechnen (ebenso Anm. Kemnade, FamRZ 1995, 298 und OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1082).
Daher hat die später nach Erhalt der Versorgung eintretende Kürzung auf die Berechnung des Ehezeitanteils keinen Einfluß. Nur so kann auch erreicht werden, daß bei einem aufgrund von mehreren Ehescheidungen ausgleichspflichtigen Beamten die Summe der einzelnen Kürzungsbeträge aus § 57 BeamtVG grundsätzlich demjenigen Kürzungsbetrag entspricht, der sich ergeben würde, wenn der Beamte während der Zeit der gesamten Ehejahre nur einmal verheiratet gewesen wäre, abgesehen von Abweichungen, die sich in der Praxis aufgrund unterschiedlicher Besoldungsgruppen und Dienstaltersstufen zum jeweiligen Ehezeitende ergeben können (so zutreffend Schnellbrief des Bundesministers des Inneren vom 29. September 1988 – D III 4-223 145/25).
b) Dies gilt – insofern abweichend von der Auffassung des Oberlandesgerichts – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine ungekürzte Versorgungsanwartschaft nach §§ 4 oder 5 VAHRG während der zweiten Ehe vorgelegen haben. Abgesehen davon, daß ohnehin nicht die Anwartschaft, sondern nur die Versorgung einer Kürzung unterliegt (vgl. §§ 4 und 5 VAHRG sowie § 57 Abs. 1 BeamtVG), so daß nicht darauf abgestellt werden kann, daß „trotz der Regelung in § 57 BeamtVG tatsächlich während der Ehezeit der Parteien eine ungekürzte Anwartschaft des Antragstellers bestanden” habe, ist der Wegfall der Kürzung nach § 5 VAHRG nur temporär und derjenige nach § 4 VAHRG ungewiß. Sie können schon deshalb die Berechnung des Ehezeitanteils nicht beeinflussen.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 609849 |
NJW-RR 1998, 73 |
ZBR 1998, 214 |
DÖD 1998, 142 |
MDR 1998, 109 |