Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 28.09.1994) |
AG Kiel (Beschluss vom 12.04.1994) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Bundesanstalt für Arbeit wird der Beschluß des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 28. September 1994 aufgehoben.
Auf die Beschwerde der Bundesanstalt für Arbeit wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Kiel vom 12. April 1994 abgeändert und neu gefaßt wie folgt:
Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei der Bundesanstalt für Arbeit (Az.: Va 5 – 2493.4/9211 Pers.Nr. 1357462) werden auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Vers.Nr.: 26 030151 R 500) gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 377,59 DM, bezogen auf den 31. Dezember 1992, begründet.
Die zu begründenden Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Gerichtskosten beider Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Der am 6. Dezember 1938 geborene Antragsteller ist Beamter auf Lebenszeit bei der Bundesanstalt für Arbeit. Die Altersgrenze wird er am 31. Dezember 2003 erreichen. Er war bereits in erster Ehe verheiratet und hatte während dieser Ehe – bezogen auf die Ehezeit vom 1. März 1972 bis 30. September 1987 (§ 1587 Abs. 2 BGB) – beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften in Höhe von monatlich 1500,76 DM erworben. Bei Scheidung dieser Ehe wurden für die Ehefrau zu Lasten seiner Versorgungsanwartschaften 679,08 DM monatliche Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Der Ausspruch über den Versorgungsausgleich ist seit dem 24. November 1987 rechtskräftig.
Am 21. Dezember 1987 schloß er mit der Antragsgegnerin, die die polnische Staatsangehörigkeit hat, eine neue Ehe. Sein Scheidungsantrag wurde ihr am 8. Januar 1993 zugestellt. In der Ehezeit vom 1. Dezember 1987 bis 31. Dezember 1992 (§ 1587 Abs. 2 BGB) hat er monatliche Versorgungsanwartschaften in Höhe von 755,18 DM erworben. Würde die aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs bei der ersten Ehescheidung angefallene Kürzung seiner künftigen Versorgungsbezüge nach § 57 BeamtVG berücksichtigt, so beliefe sich der Ehezeitanteil seiner Versorgungsanwartschaften auf 643,09 DM monatlich.
Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit keine Versorgungsanrechte erworben.
Das Amtsgericht hat durch seit 7. Dezember 1993 rechtskräftiges Urteil die Ehe vorab geschieden. Dem Versorgungsausgleich hat es nicht die ehezeitanteiligen monatlichen Versorgungsanwartschaften von 755,18 DM zugrunde gelegt, sondern nur den gemäß § 57 BeamtVG gekürzten Betrag von monatlich 643,09 DM. Demgemäß hat es einen Versorgungsausgleich zugunsten der Antragsgegnerin in Höhe von 321,55 DM durchgeführt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Bundesanstalt für Arbeit, mit der diese den Ausgleich auf der Grundlage des ungekürzten Betrages verfolgt hat, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Bundesanstalt mit der zugelassenen weiteren Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Anwendung deutschen Rechts beruht auf der zutreffenden Anwendung der Art. 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB.
2. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, daß dem Versorgungsausgleich bei Scheidung der zweiten Ehe nur die gemäß § 57 BeamtVG infolge der ersten Ehescheidung und des dabei durchgeführten Versorgungsausgleichs gekürzten ehezeitanteiligen Beträge zugrundezulegen seien. Nach dem Stichtagsprinzip sei allein der am Ehezeitende erreichte Wert maßgebend. Dieser sei um den Kürzungsbetrag zu verringern, da die Kürzung der Versorgungsbezüge des Ehemannes bereits mit dem 24. November 1987, dem Zeitpunkt der Rechtskraft der 1. Versorgungsausgleichsentscheidung, wirksam geworden sei und zur Folge habe, daß der Antragsteller bei Eintritt in den Ruhestand sofort nur die gekürzten Bezüge erhalte. Andernfalls würde in unzulässiger Weise fingiert, daß der Ehemann die aufgrund des ersten Versorgungsausgleichs drohende Kürzung seiner späteren Versorgungsbezüge durch Zahlung eines Kapitalbetrags gemäß § 58 BeamtVG abgewendet hätte.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
a) Wie der Senat durch Beschluß vom 10. September 1997 – XII ZB 191/94 – (zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden hat, sind auch im Falle eines mehrfach geschiedenen Beamten dem Versorgungsausgleich bei Scheidung einer späteren Ehe die ungekürzten Versorgungsanwartschaften zugrundezulegen. Das folgt aus der sogenannten zeitratierlichen Berechnung des Ehezeitanteils einer Beamtenversorgung gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB, die gewährleistet, daß dem Ausgleichsberechtigten ein dem Halbteilungsgrundsatz entsprechender, gleichmäßiger Anteil an der Beamtenversorgung zukommt, gleichgültig, ob die Ehe in die Zeit einer höheren oder niedrigeren Steigerung des Ruhegehaltssatzes fällt, wie es nach altem Beamtenversorgungsrecht vorgesehen war, oder gar erst zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als der Höchstsatz von 75 % bereits erreicht war und die Versorgung nur noch aufrechterhalten wurde. Die in die Berechnung einzustellende Versorgung ist dabei immer die gesamte, auf die jeweilige Altersgrenze (Gesamtzeit) hochgerechnete Versorgung. Auch bei dem Versorgungsausgleich anläßlich der Scheidung einer späteren Ehe ist von diesem Wert auszugehen, der sodann im Verhältnis der in die jeweilige Ehezeit fallenden Dienstzeit zur Gesamtzeit aufzuteilen ist. Nur so ist sichergestellt, daß auch der später geschiedene Ausgleichsberechtigte einen seiner Ehezeit entsprechenden hälftigen Anteil an der insgesamt erworbenen Versorgung erhält. Die Berücksichtigung einer Kürzung der Versorgung aus einem vorangegangenen Versorgungsausgleich würde demgegenüber zu einem verzerrten Ergebnis führen. Gleichgültig, wieviel Ehen im Zeitraum des Versorgungserwerbs lagen, kann das dem Ausgleich zugrundezulegende Anrecht nicht anders sein, als wenn der Beamte durchgehend verheiratet gewesen wäre. Nur so ist auch gewährleistet, daß die Summe der einzelnen Kürzungsbeträge aus § 57 BeamtVG grundsätzlich demjenigen Kürzungsbetrag entspricht, der sich ergeben würde, wenn der Beamte während der gesamten Zeit nur einmal verheiratet gewesen wäre (ebenso OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1082).
b) Der Einwand aus § 58 BeamtVG greift demgegenüber nicht durch. Die Wiederauffüllung der Versorgung durch Zahlung eines Kapitalbetrags nach § 58 BeamtVG ist lediglich eine Umkehrung, mit der die Kürzungsfolge nach § 57 BeamtVG wieder rückgängig gemacht wird. Auf die Errechnung des Ehezeitanteils darf sie ebensowenig Einfluß nehmen wie die durch sie abgewendete Kürzung. Beide Vorgänge bleiben versorgungsausgleichsneutral. Daher kann auch nicht gesagt werden, daß sich bei Nichtberücksichtigung der Kürzungsfolge der Versorgungsanteil des in zweiter Ehe verheirateten Ausgleichsberechtigten in unzulässiger Weise erhöhe, so als ob der Ausgleichsverpflichtete einen Kapitalbetrag zur Wiederauffüllung seiner Versorgung gezahlt habe. Dem Ausgleichsberechtigten steht vielmehr von vornherein ein Anspruch auf den ehezeitanteiligen Wert der gesamten Versorgung, unbeeinflußt von den Rechtsfolgen der §§ 57 und 58 BeamtVG, zu.
c) Demgemäß ist der Versorgungsausgleich auf der Grundlage der ungekürzten ehezeitanteiligen Versorgungsanwartschaften von monatlich 755,18 DM durchzuführen. Für die Antragsgegnerin, die in der Ehezeit keine Versorgungsanrechte erworben hat, ist davon die Hälfte, nämlich 377,59 DM monatliche Anwartschaften, in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen (§ 1587 b Abs. 2 BGB).
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Hahne, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 1383890 |
FamRZ 1998, 419 |