Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Rechtsanwalts vom 25. August 2022 auf Feststellung, dass ihm wegen des durch Beschluss des Anwaltsgerichts im Bezirk der Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg vom 11. Dezember 2017 verhängten vorläufigen Berufsverbots dem Grunde nach eine Entschädigung zu leisten ist, wird abgelehnt.
Gründe
I.
Rz. 1
Das Anwaltsgericht schloss den Rechtsanwalt im Verfahren AnwG B. mit Urteil vom 11. Dezember 2017 aus der Rechtsanwaltschaft aus und verhängte mit Beschluss vom selben Tage ein vorläufiges Berufsverbot nach §§ 150, 155 BRAO gegen ihn. Auf die Berufung des Rechtsanwalts hob der Anwaltsgerichtshof das Urteil auf, stellte das Verfahren wegen Fehlens eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses entsprechend § 260 Abs. 3 StPO ein und hob das vorläufige Berufsverbot mit Beschluss vom 19. März 2018 auf ( AGH B. ).
Rz. 2
Nach erneuter Anschuldigung des im Verfahren AnwG B. angeschuldigten Themenkomplexes hat das Anwaltsgericht dem Rechtsanwalt - nach Verbindung des Verfahrens mit anderen gegen ihn anhängigen Verfahren - mit Urteil vom 13. September 2019 u.a. wegen dieses Sachverhalts einen Verweis erteilt und eine Geldbuße in Höhe von 15.000 € gegen ihn verhängt ( AnwG B. ). Der Anwaltsgerichtshof hat die dagegen eingelegten Berufungen der Generalstaatsanwaltschaft und des Rechtsanwalts mit Urteil vom 25. Januar 2021 verworfen, letztere mit der Maßgabe, dass wegen einer Verfahrensverzögerung die Geldbuße in Höhe von 2.000 € als bereits vollstreckt gilt ( AGH B. ). Dagegen haben die Generalstaatsanwaltschaft und der Rechtsanwalt Revision eingelegt, die der Senat mit Beschluss vom 3. März 2022 verworfen hat.
Rz. 3
Mit Schriftsatz vom 25. August 2022 hat der Rechtsanwalt die Feststellung beantragt, dass ihm für das durch Beschluss des Anwaltsgerichts vom 11. Dezember 2017 verhängte vorläufige Berufsverbot dem Grunde nach eine Entschädigung zu leisten ist.
II.
Rz. 4
Der Antrag ist abzulehnen. Für die begehrte Feststellung einer Entschädigungspflicht für das durch das Anwaltsgericht gegen den Rechtsanwalt gemäß §§ 150, 155 BRAO verhängte vorläufige Berufsverbot fehlt es im anwaltsgerichtlichen Verfahren an einer Rechtsgrundlage.
Rz. 5
Die Bundesrechtsanwaltsordnung enthält keine Regelung zu einer Entschädigung im Fall der Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots nach §§ 150, 155 BRAO. Das Gleiche gilt für die im anwaltsgerichtlichen Verfahren gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO ergänzend sinngemäß anzuwendenden Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung. Aus der Verweisung in § 116 Abs. 2 BRAO auf die Vorschriften des Siebzehnten Teils des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeben sich nur Entschädigungsansprüche wegen überlanger Dauer des anwaltsgerichtlichen Verfahrens, nicht aber wegen einzelner Verfolgungsmaßnahmen im Rahmen dieses Verfahrens.
Rz. 6
Eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dieses Gesetz ist im anwaltsgerichtlichen Verfahren weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (vgl. Weyland/Reelsen, BRAO, 10. Aufl., § 116 Rn. 6; Johnigk in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 116 Rn. 6; MünchKommStPO/Kunz, 1. Aufl., StrEG, Einleitung Rn. 59; siehe auch BayObLG, NJW 1997, 2465; OVG Münster, NJW 1998, 1809 f., jeweils zum heilberufsgerichtlichen Verfahren). Das anwaltsgerichtliche Verfahren ist kein Strafverfahren, sondern diesem gegenüber ein eigenständiges aliud. Wie sich insbesondere auch aus § 115b Satz 2 und 3, § 118 BRAO ergibt, haben anwaltsgerichtliche Maßnahmen nicht nur eine Sühne- sondern auch eine Ordnungsfunktion, indem sie die künftige Erfüllung der beruflichen Pflichten sicherstellen sollen. Anders als andere Disziplinargesetze (siehe etwa § 76 Abs. 2 BDG, § 77 Abs. 2 LDG Brandenburg, § 98 Abs. 2 LDG Rheinland-Pfalz, § 73 Abs. 2 LDG NRW) enthält die Bundesrechtsanwaltsordnung keinen Verweis auf das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund ist auch für eine entsprechende Anwendung des Gesetzes kein Raum.
Rz. 7
Über etwaige - unberührt bleibende - Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG ist im anwaltsgerichtlichen Verfahren nicht zu befinden. Hierfür besteht gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG eine ausschließliche erstinstanzliche Zuständigkeit der landgerichtlichen Zivilkammern.
Limperg |
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Remmert |
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Kau |
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Merk |
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Fundstellen
DStR 2023, 12 |
StraFo 2023, 75 |
BRAK-Mitt. 2023, 42 |