Verfahrensgang
AG Hohenstein-Ernstthal (Beschluss vom 01.03.2010) |
Tenor
Für die Entscheidung über den Widerruf der durch Beschluss des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal vom 1. März 2010 gewährten Reststrafenaussetzung zur Bewährung ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Chemnitz zuständig.
Gründe
Rz. 1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift an den Senat unter anderem ausgeführt:
„Für die Beantwortung der – hier streitigen – Frage, welche Strafvollstreckungskammer für die beantragte Widerrufsentscheidung örtlich zuständig ist, ist auszugehen von dem Grundsatz, dass für anstehende Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig ist, in deren Bezirk die JVA liegt, in der sich der Verurteilte befindet oder zuletzt befand (KK-StPO-Appl, 6. Aufl. 2008, § 462a Rn. 14f.). Diese Regelung der örtlichen Zuständigkeit wird durch § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO dahingehend präzisiert, dass insofern abzustellen ist auf den Zeitpunkt, zu dem eine erstmalige Befassung mit der konkreten Angelegenheit – hier dem Widerruf der Bewährung – gegeben war (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2006 – 2 ARs 302/06, NStZ-RR 2007, 94; KK-StPO-Appl, 6. Aufl. 2008, § 462a Rn. 16; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 462a Rn. 9). Eine mit der ersten Befassung in einer Sache begründete örtliche Zuständigkeit wird, soweit es diese konkrete Sache anbelangt, durch eine Verlegung des Verurteilten in eine in einem anderen Landgerichtsbezirk befindliche JVA beziehungsweise durch eine neuerliche Aufnahme eines Verurteilten in den Strafvollzug nicht berührt (BGH, Beschluss vom 14. August 1981 – 2 ARs 174/81, BGHSt 30, 189; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 462a Rn. 13).
Vor diesem Hintergrund ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Chemnitz für die Entscheidung über den beantragten Widerruf der durch Beschluss des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal vom 1. März 2010 gemäß § 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG gewährten Reststrafenaussetzung zur Bewährung örtlich zuständig. Denn die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Chemnitz war mit dieser Sache bereits befasst, bevor der Verurteilte in neuerliche Strafhaft, zunächst in der JVA Hamm, später in der JVA Bochum, aufgenommen wurde. Eine Befassung im Sinne des § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO liegt nicht erst dann vor, wenn die betreffende Strafvollstreckungskammer tatsächlich tätig wird, sondern bereits dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die eine Entscheidung – hier einen Widerruf – unter Umständen erforderlich machen (BGH, Beschluss vom 14. August 1981 – 2 ARs 174/81, BGHSt 30, 189; BGH, Beschluss vom 21.12.2010 – 2 ARs 441/10; KK-StPO-Appl, 6. Aufl. 2008, § 462a Rn. 17). Solche Tatsachen wurden bereits vor Beginn der neuerlichen Strafhaft des Verurteilten am 23. August 2011 aktenkundig, also zu einem Zeitpunkt, als die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Chemnitz noch im Rahmen ihrer Fortwirkungszuständigkeit örtlich zuständig war: Am 1. Juni 2011 wurde zum Bewährungsheft mitgeteilt, dass der Verurteilte wegen des dringenden Tatverdachts neuerlicher Straftaten aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Meschede am 30. Mai 2011 in Untersuchungshaft genommen worden war (BewH Bd. II Bl. 216 ff.). Unerheblich ist, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Chemnitz zu diesem Zeitpunkt – wie bereits erwähnt – die Bewährungsaufsicht tatsächlich nicht führte, sondern diese rechtsfehlerhaft vom Amtsgericht Meschede wahrgenommen wurde. Entscheidend ist allein, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Chemnitz zu diesem Zeitpunkt für Entscheidungen im Sinne des § 453 Abs. 1 StPO zuständig war (BGH, Beschluss vom 21.12.2010 – 2 ARs 441/10; KK-StPO-Appl, 6. Aufl. 2008, § 462a Rn. 19).”
Rz. 2
Diesen Ausführungen tritt der Senat bei.
Unterschriften
Becker, Fischer, Appl, Krehl, Eschelbach
Fundstellen
Haufe-Index 3287727 |
NStZ-RR 2012, 358 |