Tenor
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Düsseldorf übertragen.
Gründe
Der Angeschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 28. April 2004 seit dem 2. Mai 2004 wegen des Vorwurfs der Beteiligung als Rädelsführer an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 und 4 StGB) u. a. in Untersuchungshaft. Die Voraussetzungen für deren Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
In dem Haftbefehl wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, sich seit Juni 2001 als Mitglied und seit Juni 2003 bis zu seiner Festnahme als Rädelsführer an einer in Deutschland innerhalb der PKK aus deren Führungskader gebildeten kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben. Deren Zwecke und Tätigkeiten seien auf folgende Straftaten gerichtet gewesen:
- Urkundenfälschungen und Einschleusen von Ausländern im Zuge der Reisebewegungen insbesondere der PKK-Kader.
- Vorbehalt der Begehung von demonstrativen Gewalttaten bei Verschlechterung der Lage der PKK.
- Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit und die persönliche Freiheit im Rahmen eines PKK-internen Bestrafungssystems.
- Straftaten im Zusammenhang mit der Rekrutierung von Minderjährigen zur Ausbildung.
Die durchgeführten Ermittlungen belegen einen dringenden Tatverdacht zumindest in dem Umfang, daß der Angeschuldigte in der Zeit von Juni 2001 bis März 2002 der kriminellen Vereinigung als Mitglied (Leiter der Region Mitte 2) und seit Juni 2003 als Rädelsführer (Leiter des Sektors Nord) angehört hat, wobei die Zwecke und Tätigkeiten der Vereinigung auf die Begehung von Straftaten in den Bereichen Reisebewegungen und Bestrafungssystem gerichtet waren. Bereits der so beschriebene Tatvorwurf rechtfertigt die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft, so daß es auf die weiteren dem Haftbefehl zugrunde gelegten Aspekte nicht ankommt.
Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob der dringende Tatverdacht einer Zugehörigkeit zu der in Deutschland bestehenden kriminellen Vereinigung auch für den Zeitraum von April 2002 bis Mai 2003 gerechtfertigt ist, in dem der Angeschuldigte die Funktion eines Leiters des Gebiets Skandinavien wahrgenommen hat (vgl. zur Problematik BGHSt 46, 349, 355 ff.; BGH, Beschl. vom 12. Oktober 2000 – AK 13/00).
Es braucht weiter nicht entschieden zu werden, ob die Zwecke und Tätigkeiten im Tatzeitraum auf die Begehung von demonstrativen Gewalttaten gerichtet waren. Der Senat hat mit Urteil vom 21. Oktober 2004 – 3 StR 94/04 (zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) entschieden, daß der bloße Vorbehalt demonstrativer Gewalttaten nicht ausreicht, vielmehr die Begehung von Straftaten verbindlich festgelegtes Ziel der Vereinigung sein muß. Ob die Ausrichtung auf demonstrative Straftaten im Hinblick auf die Aktionen der Tecak, der Jugendorganisation der PKK, bei denen Autoreifen und Benzinkanister auf öffentlichen Straßen und Plätzen in Brand gesetzt worden sind, erfüllt ist, kann der Klärung in der Hauptverhandlung vorbehalten werden. Dort wird näher festgestellt werden können, ob und in welchem Umfang das Verhalten der Demonstranten die in der Anklageschrift vom 13. Oktober 2004 bezeichneten Straftatbestände wie Nötigung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung erfüllt und inwieweit diese Straftaten von der aus der Führungsebene der PKK gebildeten Vereinigung veranlaßt worden sind.
Ferner kann für die hier zu entscheidende Frage der Haftfortdauer offen bleiben, ob die Vereinigung auch im Tatzeitraum noch auf die Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit der Zwangsrekrutierung von Jugendlichen gerichtet war.
Im Hinblick auf die mit dem Haftprüfungsantrag zugeleitete Stellungnahme des Generalbundesanwalts an das Oberlandesgericht Düsseldorf vom 13. Oktober 2004 verweist der Senat auf seine oben genannte Entscheidung vom 21. Oktober 2004. Danach müssen Verstöße gegen das Vereinsgesetz, auch solche gegen § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG, bei der Beurteilung einer Organisation als kriminelle Vereinigung nach § 129 Abs. 2 Nr. 3 StGB außer Betracht bleiben. Die vom Generalbundesanwalt gesehene Strafbarkeitslücke entsteht dadurch nicht. Denn wenn eine Gruppierung als kriminelle Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB anzusehen ist, weil ihre Zwecke oder Tätigkeiten auf die Begehung von – anderen – Straftaten gerichtet sind, so werden Aktivitäten wie das Sammeln von Spenden von dieser Strafvorschrift als mitgliedschaftliche Betätigung erfaßt.
Wegen der Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr wird auf die zutreffende Begründung des Haftbefehls verwiesen. Der Annahme von Verdunkelungsgefahr steht insbesondere nicht entgegen, daß die Ermittlungen bereits abgeschlossen sind. Die Anklage ist entgegen den Ausführungen des Verteidigers nicht lediglich auf Urkunden gestützt, vielmehr sind auch zahlreiche Zeugen benannt, deren Einschüchterung nach den Erfahrungen aus früheren PKK-Verfahren zu befürchten ist.
Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft ist nicht unverhältnismäßig. Der Angeschuldigte hat im vorliegenden Verfahren auch unter Berücksichtigung des oben umschriebenen Tatumfangs eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe zu erwarten. Der Zweck der Untersuchungshaft kann durch weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 StPO nicht erreicht werden.
Das Verfahren ist auch mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung betrieben worden. Der Generalbundesanwalt hat bereits am 13. Oktober 2004 Anklage zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben.
Unterschriften
Tolksdorf, Winkler, Hubert
Fundstellen