Leitsatz (amtlich)
Ein Betreuer, der berufsbegleitend den "Angestelltenlehrgang II" mit einem zeitlichen Gesamtaufwand von rund 1.100 Stunden absolviert hat, kann seiner Vergütung nicht einen Stundensatz nach der höchsten Vergütungsstufe von 44 EUR zugrunde legen, weil seine Ausbildung nicht mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung i.S.v. § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG bzw. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG a.F. vergleichbar ist (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 14.10.2015 - XII ZB 186/15 NJW-RR 2016, 8).
Normenkette
VBVG § 4
Verfahrensgang
LG Hagen (Beschluss vom 30.04.2019; Aktenzeichen 3 T 128/19) |
AG Altena (Entscheidung vom 31.01.2019; Aktenzeichen 3 XVII 303/15 L) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Hagen vom 30.4.2019 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Wert: 110 EUR
Gründe
Rz. 1
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden und hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
Rz. 2
1. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass die von der Betreuerin absolvierte berufsbegleitende Fortbildung im "Angestelltenlehrgang II" nach Art und Umfang nicht mit einer Hochschulausbildung vergleichbar sei, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
Rz. 3
a) Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht die fehlende Vergleichbarkeit der von der Betreuerin absolvierten Fortbildung mit einer Hochschulausbildung maßgeblich darauf gestützt, dass der festgestellte Zeitaufwand im "Angestelltenlehrgang II" von rund 1.100 Stunden deutlich hinter dem Zeitaufwand für ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium mit einer Regelstudienzeit von sechs Semestern zurückbleibt. Im Übrigen sprechen neben dem Zeitaufwand auch die Zulassungsvoraussetzungen für die Ausbildung gegen die Annahme einer Gleichwertigkeit. Während Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums an einer Hochschule oder Fachhochschule in der Regel die allgemeine Hochschul- bzw. Fachhochschulreife ist, kann der Angestelltenlehrgang II auch ohne diese Voraussetzung absolviert werden. Zulassungsvoraussetzung ist dort allein der Berufsabschluss als Verwaltungsfachangestellter, die Laufbahnprüfung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst bzw. der Abschluss der Fachprüfung im Angestelltenlehrgang I und einschlägige Berufserfahrung (vgl. Nellissen jurisPR-SozR 1/2016 Anm. 6 unter C.).
Rz. 4
b) Der Abschluss im "Angestelltenlehrgang II" steht im beamtenrechtlichen Laufbahnrecht dem mit einem Bachelor abgeschlossenen Hochschulstudium, dem Diplom einer Fachhochschule oder dem akkreditierten Bachelorabschluss an einer Berufsakademie nicht gleich. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, ist die berufliche Fortbildung im "Angestelltenlehrgang II" mit den genannten Ausbildungsgängen auch nicht deshalb i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG a.F. (jetzt § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG) vergleichbar, weil die durch den Fortbildungsabschluss nachgewiesenen Kenntnisse und Fähigkeiten (lediglich) im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes nach den konkreten Umständen des Einzelfalls die Eingruppierung des Angestellten in eine dem gehobenen Dienst bzw. der Laufbahngruppe 2 entsprechende Vergütungsgruppe (z.B. Entgeltgruppe 9b TVöD-VKA oder höher) rechtfertigen können (vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.2015 - XII ZB 186/15 NJW-RR 2016, 8 Rz. 4 ff.). Für diese Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob ein Angestellter tatsächlich bereits eine Tätigkeit ausübt, die eine Einordnung in diese Vergütungsgruppen rechtfertigt.
Rz. 5
Eine Ungleichbehandlung zwischen Angestellten und Beamten besteht entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht. Auch bewährte Beamte des mittleren Dienstes bzw. der Laufbahngruppe 1, die keinen Bachelorabschluss bzw. kein Fachhochschuldiplom erworben haben, sondern über einen dem "Angestelltenlehrgang II" entsprechenden Aufstiegslehrgang verbunden mit berufspraktischer Einführung in den gehobenen Dienst bzw. die Laufbahngruppe 2 aufgestiegen sind, würden die Voraussetzungen für einen erhöhten Stundensatz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG a.F. nicht erfüllen.
Rz. 6
2. Das Beschwerdegericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats erwogen, im gerichtlichen Festsetzungsverfahren von einer nachträglichen Herabsetzung der Betreuervergütung entsprechend § 20 Abs. 1 GNotKG unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ganz oder teilweise abzusehen (vgl. BGH, Beschl. v. 31.10.2018 - XII ZB 135/18 FamRZ 2019, 199 Rz. 30 m.w.N.). Soweit es dabei zu dem Ergebnis gelangt ist, die herabgesetzte Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 EUR (nur) für den Vergütungszeitraum vom 21.6.2018 bis zum 20.9.2018 festzusetzen, lässt dies Rechtsfehler zum Nachteil der Betreuerin nicht erkennen.
Rz. 7
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Fundstellen
Haufe-Index 13679415 |
NJW 2020, 8 |
FamRZ 2020, 542 |
FuR 2020, 238 |
NJW-RR 2020, 259 |
JurBüro 2020, 154 |
BtPrax 2020, 61 |
JZ 2020, 148 |
MDR 2020, 313 |
Rpfleger 2020, 327 |
FF 2020, 130 |