Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestattung der Bezeichnung „Fachanwältin für Familienrecht”

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs in Celle vom 11. Mai 1998 wird unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragstellerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist als Rechtsanwältin zugelassen und Mitglied der Antragsgegnerin. Dieser wurde mit Beschluß des Anwaltsgerichtshofs vom 11. Mai 1998 aufgegeben, der Antragstellerin die Führung der Bezeichnung „Fachanwältin für Familienrecht” zu gestatten. Der Beschluß wurde der Antragsgegnerin am 15. Juli 1998 zugestellt. Am 23. Juli 1998 ging beim Bundesgerichtshof eine – in dem Beschluß zugelassene – sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ein. Am 17. August 1998 legte diese „vorsorglich” nochmals beim Anwaltsgerichtshof sofortige Beschwerde ein; zugleich beantragte sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist.

II.

1. Die beim Bundesgerichtshof eingelegte sofortige Beschwerde ist unzulässig.

Das Rechtsmittel richtet sich gegen eine Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs nach § 223 BRAO. Gegen eine derartige Entscheidung ist die sofortige Beschwerde an den Bundesgerichtshof zulässig, wenn der Anwaltsgerichtshof sie – wie hier – in seiner Entscheidung zugelassen hat (§ 223 Abs. 3 Satz 1 BRAO). Mit den Worten „an den Bundesgerichtshof” soll nur zum Ausdruck gebracht werden, daß der Bundesgerichtshof Beschwerdegericht ist; daß die Beschwerde dort einzulegen sei, folgt daraus nicht. Für das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof verweist § 223 Abs. 4 BRAO vielmehr auf § 42 Abs. 4 bis 6 BRAO. Nach § 42 Abs. 4 Satz 1 BRAO ist die sofortige Beschwerde beim Anwaltsgerichtshof einzulegen, nicht beim Bundesgerichtshof.

Der Ansicht der Antragsgegnerin, die Verweisung beziehe sich nur auf § 42 Abs. 4 Satz 2 BRAO, kann nicht gefolgt werden. Ihr steht schon der Wortlaut entgegen, der keine Ausnahme duldet. Daß die Verweisung für das Verfahren „vor dem Bundesgerichtshof” gilt, besagt nicht, daß sie erst eingreift, wenn die Beschwerde zum Bundesgerichtshof bereits eingelegt ist. Zum einen folgt das Gegenteil aus § 42 Abs. 4 Satz 1 BRAO, auf den eben auch Bezug genommen ist. Zum anderen sind die Worte „Verfahren vor dem Bundesgerichtshof” lediglich das regelungstechnische Gegenstück zu den Worten „Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof”, für das andere Bestimmungen gelten sollen.

Wie sich aus der amtlichen Begründung zu § 42 BRAO ergibt (BT-Drucks. III/120, S. 74), hat der Gesetzgeber dem Beschwerdeführer – anders als bei §§ 21 Abs. 2, 22 FGG – das Wahlrecht, die Beschwerdeschrift entweder bei dem Anwaltsgerichtshof oder dem Bundesgerichtshof einzureichen, bewußt vorenthalten, um den Geschäftsgang zu vereinfachen. Davon wollte er auch bei Beschwerden in Angelegenheiten des § 223 BRAO nicht abweichen. Es wäre widersinnig, bei den in der BRAO ausdrücklich zugelassenen Beschwerdefällen (§ 42 Abs. 1 bis 3 BRAO) das Verfahren zu vereinfachen, nicht jedoch bei solchen, die an die Zulassung durch den Anwaltsgerichtshof gebunden sind, im allgemeinen also geringere Bedeutung haben.

2. Mit der beim Anwaltsgerichtshof eingelegten sofortigen Beschwerde ist die Zwei-Wochen-Frist des § 42 Abs. 4 Satz 1 BRAO nicht gewahrt.

3. Die somit unzulässige Beschwerde kann der Senat ohne mündliche Verhandlung verwerfen (BGHZ 44, 25). Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unbegründet, weil die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung nicht dargetan sind.

 

Unterschriften

Geiß, Basdorf, Ganter, Terno, v. Hase, Kieserling, Körner

 

Fundstellen

Haufe-Index 539902

NJW-RR 1999, 1580

AnwBl 1999, 608

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