Leitsatz (amtlich)
1. Nachdem die Revision begründet worden ist, kann ein prozessual wirksames Anerkenntnis nur noch von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt abgegeben werden (Fortführung von BGH, Anerkenntnisurteil v. 6.5.2014 - X ZR 11/14, WM 2014, 1553 Rz. 8).
2. Besteht der Kläger nach Gewährung rechtlichen Gehörs auf einer Entscheidung, ist sein Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils wegen des Fehlens eines wirksamen Anerkenntnisses im Beschlusswege entsprechend § 335 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Normenkette
ZPO § 78 Abs. 1, §§ 307, 335 Abs. 1, § 555 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Bonn (Entscheidung vom 04.08.2014; Aktenzeichen 6 S 30/14) |
AG Rheinbach (Entscheidung vom 09.01.2014; Aktenzeichen 10 C 117/13) |
Tenor
Der Antrag des Klägers vom 25.2.2015 auf Erlass eines Anerkenntnisurteils gegen die Beklagte wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Bearbeitungsentgelts nebst Zinsen, welches die Beklagte im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Darlehensvertrages erhoben hat.
Rz. 2
Das AG hat die auf Rückzahlung gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision ist vom Kläger fristgerecht eingelegt und begründet worden. Nach Eingang der Revisionsbegründung hat die Beklagte durch ihren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten die Klageforderung anerkannt. Der Kläger hat daraufhin den Erlass eines Anerkenntnisurteils durch den erkennenden Senat beantragt.
II.
Rz. 3
Der Antrag des Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ist zurückzuweisen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Rz. 4
1. Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten konnte die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche des Klägers gegenüber dem Revisionsgericht nicht wirksam anerkennen.
Rz. 5
a) Die Erklärung eines Anerkenntnisses unterliegt als Prozesshandlung dem Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO). Vor den Gerichten des höheren Rechtszugs kann eine dem Anwaltszwang unterliegende Prozesshandlung grundsätzlich wirksam nur von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden, der bei dem Gericht zugelassen ist, dem gegenüber die Prozesshandlung zu erklären ist. Wenn der Rechtsstreit in der Rechtsmittelinstanz anhängig ist, können daher grundsätzlich auch die Prozesshandlungen, die sich an das Rechtsmittelgericht richten - wie die Abgabe eines prozessualen Anerkenntnisses -, nur von einem beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt vorgenommen werden (BGH, Anerkenntnisurteil v. 6.5.2014 - X ZR 11/14, WM 2014, 1553 Rz. 5). Von diesem Grundsatz hat der BGH eine Ausnahme zugelassen, wenn das Anerkenntnis vor Eingang der Revisionsbegründung abgegeben wird, weil dann der Schutzzweck des § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine Bestellung eines beim BGH zugelassenen Rechtsanwalts nicht erfordere, da diesem mangels Revisionsbegründung keine andere Beurteilungsgrundlage zur Verfügung stehe als dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten (BGH, a.a.O., Rz. 8).
Rz. 6
b) Die Voraussetzungen dieser Ausnahme liegen hier nicht vor, da die Revision vor Abgabe des Anerkenntnisses begründet worden ist. Das Anerkenntnis hätte daher von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt abgegeben werden müssen. Das vom zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erklärte Anerkenntnis ist unwirksam.
Rz. 7
Da sich nach Eingang der Revisionsbegründung die Grundlage für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage für die beklagte Partei wandelt und nun insb. revisionsrechtliche Fragen hinsichtlich Zulässigkeit und Begründetheit des Rechtsmittels im Vordergrund stehen, deren Beurteilung spezielle Rechtskenntnisse erfordert, die sich gerade die beim BGH zugelassenen Rechtsanwälte angeeignet haben, kann nach Eingang der Revisionsbegründung unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO keine weitere Ausnahme vom oben dargestellten Grundsatz zugelassen werden. Es bedarf in dem hier vorliegenden Verfahrensstadium zur Abgabe eines Anerkenntnisses zwingend des Handelns eines beim BGH zugelassenen Rechtsanwalts.
Rz. 8
2. Der Kläger ist vom Senatsvorsitzenden darauf hingewiesen worden, dass ein Anerkenntnisurteil wegen fehlender Postulationsfähigkeit des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht ergehen kann. Da er auf einer Entscheidung des Senats bestanden hat, ist sein Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils wegen des Fehlens eines wirksamen Anerkenntnisses im Beschlusswege entsprechend § 335 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 1993, 930, 932), denn die Frage nach der Wirksamkeit des Anerkenntnisses ist verfahrensrechtlich einer Prozessvoraussetzung gleichzustellen.
Rz. 9
3. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht, weil der zurückweisende Beschluss gerichtsgebührenfrei ergeht und weitere Anwaltskosten nicht anfallen (vgl. Hk-ZPO/Pukall, 6. Aufl., § 335 Rz. 12).
Fundstellen
Haufe-Index 8021887 |
BGHZ 2016, 287 |
NJW 2015, 2193 |
NJW 2015, 8 |
EBE/BGH 2015 |
FamRZ 2015, 1389 |
JurBüro 2015, 557 |
WM 2015, 1234 |
WuB 2015, 605 |
ZAP 2015, 709 |
ZIP 2015, 1362 |
ZIP 2015, 49 |
JZ 2015, 432 |
MDR 2015, 1151 |
VersR 2015, 1183 |
BKR 2015, 412 |
RENOpraxis 2015, 180 |
RENO 2015, 10 |