Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 21.12.2015) |
Tenor
Auf die Revisionen der Angeklagten K. und N. wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 21. Dezember 2015, auch soweit es die Angeklagten To., G. und Ta. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten K. und N. jeweils wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von drei Jahren (K.) bzw. zwei Jahren und acht Monaten (N.), die Mitangeklagten To., G. und Ta. jeweils wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten (Ta.) sowie – unter Einbeziehung weiterer Strafen – zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten (To.) bzw. zwei Jahren und acht Monaten (G.) verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten K. und N. haben mit der allgemeinen Sachrüge Erfolg. Die Entscheidung ist nach § 357 Satz 1 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten To., G. und Ta. zu erstrecken.
Rz. 2
I. Nach den Feststellungen begaben sich die Angeklagten K. und N. zusammen mit den Mitangeklagten To., G. und Ta. zur Wohnung des Geschädigten, um diesen wegen einer Streitigkeit mit dem Angeklagten N. zur Rede zu stellen. Sie rechneten damit, dass es auch zu körperlichen Übergriffen kommen werde. Allen war bekannt, dass der Mitangeklagte Ta. einen Teleskopschlagstock und ein anderer aus der Gruppe ein dem Angeklagten N. gehörendes Elektroschockgerät mit sich führte. Nach Betreten der Wohnung des Geschädigten musste dieser sich auf einen Sessel setzen, um den sich die fünf Angeklagten stellten. Während der Angeklagte N. in aggressivem Ton auf den Geschädigten einredete und der Mitangeklagte Ta. zur Einschüchterung sichtbar den Schlagstock in der Hand hielt, bekam der Geschädigte von hinten einen Stromstoß versetzt. Das Landgericht vermochte nicht zu klären, wer den Elektroschocker führte noch ob dessen Verwendung von den anderen Beteiligten bemerkt wurde. Schließlich schlug der Angeklagte N. dem Geschädigten dreimal mit der Faust ins Gesicht. Als dieser daraufhin aufstehen wollte, trat der Mitangeklagte Ta. mit dem ausgefahrenen Teleskopschlagstock drohend auf ihn zu, so dass er zurückwich.
Rz. 3
Jetzt erklärte der Angeklagte N., dass die Wohnung des Geschädigten „leer gemacht” werden solle. Diesem Vorhaben schlossen sich die anderen Angeklagten einem spontanen Entschluss folgend an. Während die Mitangeklagten K. und G. weiter vor dem Geschädigten stehen blieben, um einen möglichen Widerstand gegen die Wegnahme zu unterbinden, trugen die Mitangeklagten To. und Ta. in der Wohnung vorgefundene Wertgegenstände zusammen und stellten sie zum Abtransport bereit. Währenddessen forderte der Angeklagte N. die Herausgabe von Handy und Portemonnaie. Dieser Aufforderung kam der Geschädigte – wie die Angeklagten N. und K. sowie der Mitangeklagte G. erkannten – aus Angst vor weiteren Schlägen nach. Allen Angeklagten war bewusst, dass der Geschädigte nur deshalb keinen Widerstand gegen die Wegnahme seiner Wertgegenstände leistete, weil er aufgrund der vorangegangenen Gewaltanwendung und der Drohung mit dem Teleskopschlagstock Angst vor weiteren körperlichen Misshandlungen hatte. Sie erkannten, dass die vor dem Wegnahmeentschluss erfolgten körperlichen Übergriffe als Drohung fortwirkten und nahmen auch billigend in Kauf, dass die vormalige Einschüchterung durch Vorhalt des ausgefahrenen Teleskopschlagstocks noch andauerte. Die bereitgestellten Gegenstände wurden später mit einem Taxi abtransportiert.
Rz. 4
II. Diese Feststellungen belegen nicht die Verwendung einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, die allein in dem allen Angeklagten bekannten und gebilligten Einsatz des Teleskopschlagstocks gelegen haben könnte.
Rz. 5
Eine Waffe wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB „bei der Tat verwendet”, wenn der Täter sie als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt, das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des Gegenstandes wahrnimmt und dadurch in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschüsse vom 8. November 2011 – 3 StR 316/11, StV 2012, 153; vom 8. Mai 2012 – 3 StR 98/12, NStZ 2013, 37). Dass der Mitangeklagte Ta. die Waffe zur Verwirklichung der raubspezifischen Nötigung verwendet hat, ist indes nicht festgestellt. Ein entsprechender zweckgerichteter Gebrauch des Schlagstockes scheidet nach den getroffenen Feststellungen vielmehr aus, da dessen Einsatz vor dem Entschluss der Angeklagten zur Wegnahme der Wertgegenstände des Geschädigten lag und zum Zeitpunkt der Entwendung bereits abgeschlossen war (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 – 3 StR 51/04, NStZ 2004, 556). Dass der Geschädigte weiterhin Angst vor einem nochmaligen Einsatz des Schlagstocks oder auch des Elektroschockgeräts hatte, ist insoweit nicht ausreichend, denn eine erneute, zumindest konkludente Drohung mit der Verwendung einer der Waffen nach dem Raubentschluss der Angeklagten ist nicht festgestellt.
Rz. 6
Mit der Aufhebung des Schuldspruchs wegen besonders schweren Raubes entfällt bei den Angeklagten K. und N. auch die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Körperverletzung. Die Sache bedarf deshalb insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung. Nach § 357 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf die Mitangeklagten To., G. und Ta. zu erstrecken, die gegen das Urteil keine Revision eingelegt haben. Der Rechtsfehler im Schuldspruch betrifft sie gleichermaßen.
Unterschriften
Becker, Schäfer, Mayer, Spaniol, Tiemann
Fundstellen
Haufe-Index 9707441 |
NStZ 2016, 6 |
NStZ 2017, 26 |
NStZ-RR 2017, 3 |
NStZ-RR 2017, 5 |