Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung. Sicherheitsleistung. Abwendungsbefugnis. Vorläufige Vollstreckbarkeit. Revisionsinstanz
Leitsatz (redaktionell)
Zur Anordnung der Abwendungsbefugnis im Revisionsverfahren.
Normenkette
ZPO § 708 Nr. 10, §§ 711, 713, 108, 544; EGZPO § 26 Nr. 8
Verfahrensgang
LG Stendal (Entscheidung vom 23.06.2005) |
Gründe
I. Die Beklagte ist durch das Berufungsgericht verurteilt worden, an den Kläger 25.000 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat sein Urteil unter Bezugnahme auf §§ 708 Nr. 10, 713, 108 ZPO für vorläufig vollstreckbar erklärt. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Beklagte Beschwerde erhoben. Vorab beantragt sie, ihr zu erlauben, die Vollstreckung aus dem Berufungsurteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, und die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft im Sinne des § 108 Abs. 1 ZPO zu erbringen.
II. Der Antrag der Beklagten ist nicht begründet.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht sein Urteil nach § 708 Nr. 10 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Beklagten dagegen keine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO eingeräumt. Diese soll gemäß § 713 ZPO zwar dann nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen. Das trifft hier jedoch wegen der nach § 544 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO zulässigen Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu (vgl. Senatsbeschluss vom 9. August 2004 - VIII ZR 178/04, FamRZ 2004, 1638 = WuM 2004, 553 unter II 2).
2. Die vom Berufungsgericht versäumte Anordnung kann in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden.
a) Wie die Beklagte selbst nicht verkennt, sind Entscheidungen des Berufungsgerichts über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 718 Abs. 2 ZPO einer Anfechtung entzogen.
b) Die Beklagte kann auch nicht mit Aussicht auf Erfolg die Schutzanordnung nach § 711 ZPO im Wege einer Ergänzung des Berufungsurteils nach §§ 716, 321 ZPO beantragen (vgl. allgemein zu dieser Möglichkeit BGH, Beschluss vom 16. Februar 1984 - III ZR 87/83, NJW 1984, 1240; Beschluss vom 24. März 2003 - IX ZR 243/02, ZVI 2003, 279 unter II 1 b). Zum einen ist die für diesen Antrag nach § 321 Abs. 2 ZPO einzuhaltende zweiwöchige Frist verstrichen; dementsprechend hat die Beklagte auf den diesbezüglichen Hinweis des Klägers den zunächst - verspätet - gestellten nachträglichen Antrag auf Einräumung einer Abwendungsbefugnis zurückgenommen. Davon abgesehen hat das Berufungsgericht nicht etwa, wie es nach der Bestimmung des § 321 ZPO vorausgesetzt wird (vgl. Senatsbeschluss aaO. unter II 2 a), über die Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit lückenhaft entschieden oder diese ganz übergangen, sondern seine Entscheidung ausdrücklich - wenn auch fehlerhaft - auf § 713 ZPO gestützt.
c) Der Hinweis der Beklagten, das Revisionsgericht könne auch offenkundige Fehler bei der Willensbildung gemäß § 319 ZPO korrigieren, hilft nicht weiter. Eine Berichtigung kommt zwar etwa dann in Betracht, wenn dem Berufungsgericht bei der Berechnung einer Sicherheitsleistung ein offenbarer Fehler unterlaufen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1997 - XI ZR 278/96, BGHR ZPO § 319 Abs. 1 Urteilsformel 5). Hier fehlt es jedoch an einer einem Schreib- oder Rechnungsfehler gleichzustellenden versehentlichen Unrichtigkeit, da das Berufungsgericht seine Entscheidung ausdrücklich auf § 713 ZPO gestützt hat; einen Berichtigungsantrag hat die Beklagte vor dem Landgericht auch nicht gestellt. Der von der Beklagten angeführte Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 2. Juni 2005 - III ZR 295/04 (unveröffentlicht) rechtfertigt keine andere Beurteilung, da mangels näherer Begründung nicht ersichtlich ist, dass ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt.
d) Der Antrag der Beklagten ist auch nicht nach § 719 Abs. 2 ZPO begründet. Nach dieser Bestimmung kann die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt werden, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers nicht entgegensteht. Unabhängig davon, ob hier ausnahmsweise in der Berufungsinstanz ein Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten nach § 712 ZPO (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsbeschluss aaO. unter II 1) entbehrlich war, macht die Beklagte selbst nicht geltend, dass ihr die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Eine Korrektur der Entscheidung des Berufungsgerichts, ohne dass die Voraussetzungen des § 719 Abs. 2 ZPO vorliegen, kommt nicht in Betracht.
3. Mangels Anordnung einer Abwendungsbefugnis ist der Antrag, die Art der Sicherheitsleistung zu bestimmen, gegenstandslos.
Fundstellen