Leitsatz (amtlich)
Eine als Forderung aus Darlehensvertrag zur Tabelle angemeldete Forderung kann, wenn ein Vertragsmangel gegeben ist, im Forderungsfeststellungsverfahren als Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung verfolgt und festgestellt werden.
Normenkette
InsO § 174 Abs. 1, §§ 181, 183 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12.11.2014; Aktenzeichen 5 U 150/14) |
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 18.06.2014; Aktenzeichen 12 O 77/13) |
Tenor
Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss des 5. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 12.11.2014 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 244.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Kläger meldete beim beklagten Insolvenzverwalter eine Darlehensforderung i.H.v. insgesamt 1,5 Mio. EUR nebst Zinsen zur Tabelle an. Der Beklagte bestritt die Forderung. Im Verlauf des Rechtsstreits hat der Kläger sich die Behauptung des Beklagten zu eigen gemacht, der Darlehensvertrag sei nur zum Schein geschlossen worden, und hat die Klage auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützt. Das LG hat die Forderung zur Tabelle festgestellt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Nach Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Klage unzulässig, weil es an der Sachurteilsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anmeldung fehlt.
II.
Rz. 2
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Rz. 3
1. Nach § 181 InsO kann die Feststellung nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüftermin bezeichnet worden ist. Die Anmeldung zur Tabelle ist Sachurteilsvoraussetzung; eine Feststellungsklage ohne Anmeldung ist unzulässig. Der Grund für das vorrangig zu betreibende Anmeldungs- und Prüfungsverfahren liegt darin, dass das Feststellungsurteil gem. § 183 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Gläubigern wirkt. Die Gläubiger müssen ebenso wie der Verwalter selbst zunächst Gelegenheit erhalten, die angemeldete Forderung zu prüfen und ggf. zu bestreiten. Maßgebend für diese Prüfung ist der Sachverhalt, der in der Anmeldung angegeben worden ist (§ 174 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO). Dieser Sachverhalt, der Grund des Anspruchs (BGH, Urt. v. 13.6.2006 - IX ZR 15/04, BGHZ 168, 112 Rz. 21), bestimmt, soweit die Forderung als anerkannt in die Tabelle eingetragen wird, den Umfang der Rechtskraft der Eintragung gegenüber den Gläubigern (§ 183 InsO) und, soweit die Forderung bestritten wird, den Umfang der Rechtskraft des im Feststellungsprozess ergehenden Urteils. Deswegen muss der Anspruchsgrund bei der Anmeldung zur Tabelle angegeben werden (BGH, Urt. v. 5.7.2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rz. 12). Der Gläubiger hat bei der Anmeldung den Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem - nicht notwendig ebenfalls vorzutragenden - Rechtssatz die geltend gemachte Forderung als begründet erscheinen lässt (BGH, Urt. v. 22.1.2009 - IX ZR 3/08, NZI 2009, 242 Rz. 10; v. 21.2.2013 - IX ZR 92/12, WM 2013, 574 Rz. 15). Die rechtliche Einordnung der Forderung ist nicht Gegenstand der Anmeldung.
Rz. 4
2. Bei der Anmeldung hat der Kläger die Forderung mit einem Darlehensvertrag vom 9.2.2004 und der Auszahlung der Darlehenssumme in den Jahren 2004 bis 2006 begründet und damit den Gegenstand der Anmeldung bestimmt. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger dem Gericht vorträgt. Darauf, ob alle Tatsachen des Lebenssachverhalts vorgetragen worden sind oder nicht, kommt es nicht an (BGH, Urt. v. 22.10.2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rz. 15). Die nachträglich in den Rechtsstreit eingeführten tatsächlichen Umstände, welche den Subsumtionsschluss auf ein Scheingeschäft gem. § 117 BGB tragen, ändern nicht den Anspruchsgrund, damit den Streitgegenstand der Feststellungsklage und den Gegenstand der Anmeldung. Auch der schließlich geltend gemachte Anspruch aus § 812 BGB konnte nur nach Prüfung der Wirksamkeit des einzig als Rechtsgrund in Betracht kommenden Darlehensvertrages sowie der Feststellung, dass die nunmehr zurückverlangten Geldbeträge wie behauptet ausgezahlt worden waren, zuerkannt werden.
Rz. 5
3. Soweit im Senatsurteil vom 5.7.2007 (IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103) höhere Anforderungen an die Bestimmtheit des Gegenstandes der Anmeldung gestellt worden sein sollten, hält der Senat hieran - wie schon in den zwischenzeitlich ergangenen Urteilen vom 22.1.2009 (IX ZR 3/08, NZI 2009, 242 Rz. 10) und vom 21.2.2013 (IX ZR 92/12, WM 2013, 574 Rz. 15) - nicht fest.
Rz. 6
4. Verfahrensgrundrechte des Beklagten wurden nicht verletzt. Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 8846513 |
DB 2016, 8 |
DStR 2016, 758 |