Entscheidungsstichwort (Thema)
sexueller Mißbrauch eines Kindes
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 27. Mai 1999 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Beihilfe zum sexuellen Mißbrauch eines Kindes und der Körperverletzung in drei Fällen wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Vollstreckung der Maßregel hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die nur den Maßregelausspruch betreffende, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei die Überzeugung verschafft, daß der Angeklagte die ihm angelasteten Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat. Zur Gefährlichkeitsprognose ist es sachverständig beraten zur Auffassung gelangt, daß der Angeklagte in Überforderungssituationen zu „Aggressionsdurchbrüchen” neige. Er sei „aufgrund seiner Kritikschwäche verleitbar und könne deshalb durch den Einfluß krimineller Personen wieder straffällig werden” (UA 17). Es seien daher „bei Versagen der derzeit bestehenden Kontrollmechanismen und dem Einfluß eines kriminellen Umfelds weitere erhebliche Straftaten zu erwarten”. Das ist – wie die Revision zu Recht rügt – durch die Feststellungen nicht hinreichend belegt.
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus stellt einen gewichtigen Eingriff dar. Sie ist nur statthaft, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (st. Rspr., vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 12, 16, 20, 22). Die Anlaßtaten des vorliegenden Verfahrens wiegen sicherlich schwer. Das Landgericht hätte aber auch Umstände in die Gesamtbetrachtung einbeziehen müssen, die gegen eine Wiederholungsgefahr sprechen könnten: So liegen die Taten (Tatzeitraum: 1992 bis 1994) bereits längere Zeit zurück. Der 53-jährige Angeklagte hat sich zuvor und auch danach straffrei geführt. Zu tätlichen Übergriffen des Angeklagten ist es bisher – soweit ersichtlich – ausschließlich im engeren Familienkreis gekommen. Nachdem die Ehefrau des Angeklagten bereits 1995 verstorben ist, und er nach den getroffenen Feststellungen zu den Kindern keinen Kontakt mehr unterhält (UA 3), ist auch insoweit eine Wiederholungsgefahr nicht erkennbar. All dies hätte näherer Erörterung bedurft, zumal der Angeklagte unter Betreuung (§§ 1896 ff BGB) steht und nach den Angaben seiner Betreuerin ihren Anweisungen, insbesondere sich von bestimmten Personen fernzuhalten, widerspruchslos folgt (UA 18).
Über die Unterbringungsanordnung ist daher neu zu befinden; bei den nicht angegriffenen Feststellungen zu den rechtswidrigen Taten hat es sein Bewenden.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Maatz, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen