Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 30.07.2014) |
Tenor
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Juli 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Geldwäsche in neun Fällen und versuchter Geldwäsche in zwei Fällen verurteilt, die Angeklagte Ki. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten, den Angeklagten K. zu einer solchen von zwei Jahren und acht Monaten. Die gegen dieses Urteil gerichteten, jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – Erfolg.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte K. faktisch die „B.GmbH” (im Folgenden: B.); „formeller Gesellschafter und Geschäftsführer” war der Zeuge A. (UA S. 5). Die Buchführung der B. wurde durch die Angeklagte Ki. übernommen. Im Herbst 2012 teilte die Angeklagte Ki. dem Angeklagten K. mit, dass sie in Kontakt mit zwei Deutschen mit Verbindung zu einer Bank stehe, die Überweisungen auf Konten der B. veranlassen könnten. Dem Angeklagten K. war klar, dass es sich um „betrügerische Überweisungen” handeln würde (UA S. 6); er war bereit, die Konten der B. für solche Überweisungen als Zielkonten zur Verfügung zu stellen. Bei einem Treffen mit den Angeklagten am 7. November 2012 erläuterten die beiden von Ki. erwähnten Deutschen, „dass sie Kontakt zu Mitarbeitern einer Bank hätten, die Überweisungen von Bankkonten veranlassen könnten, ohne dass die jeweiligen Kontoinhaber dies bemerken würden” (UA S. 6). Daraufhin kamen die Angeklagten mit den Zeugen A. und Kil. und einem weiteren unbekannten Täter überein, gemeinschaftlich und arbeitsteilig die auf diesem Weg auf die Konten der B. überwiesenen Gelder abzuheben und an die Hintermänner weiterzureichen; 10 % der unbefugt überwiesenen Beträge sollten sie als Provision erhalten. Es wurde vereinbart, dass A. als Geschäftsführer der B. mit dem Zeugen Kil. und dem unbekannten Mittäter, die in den Bankfilialen als Übersetzer fungierten, auf den Firmenkonten eingegangene Gelder abheben oder durch Überweisungen weiterleiten sollte und die abgehobenen Summen an die Angeklagten weitergeben würden. Die Angeklagte Ki. sollte das Geld dann an die Hintermänner weiterreichen. Entsprechend diesem Tatplan wurden von Konten dreier Geschädigter bei der Commerzbank AG zwischen dem 12. und dem 14. November 2012 Beträge von 190.000 Euro, 170.000 Euro und 490.000 Euro auf drei Konten der B. überwiesen, die diese bei drei verschiedenen Banken, unter anderem der Isbank, unterhielt. Große Teile der eingegangenen Beträge wurden am 15. und 16. November 2012 durch A., teilweise mit Hilfe des Zeugen Kil. oder des unbekannten Mittäters, abgehoben und über die Angeklagten an die unbekannten Hintermänner weitergereicht. Eine von A. veranlasste Überweisung in Höhe von 315.250 Euro zugunsten einer Begünstigten in Hongkong wurde von der Isbank nicht ausgeführt. Am 19. November 2012 suchte A. erneut die Filiale der Isbank auf, um weitere 120.000 Euro abzuheben. Er wurde festgenommen, ohne dass eine Auszahlung an ihn erfolgte.
Rz. 3
2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat sich nicht mit der Vorschrift des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB auseinandergesetzt, obschon die Feststellungen hierzu drängten. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:
„Das Landgericht geht – freilich in eher kursorischer Weise – davon aus, dass die unbekannten Hintermänner in der Commerzbank die einzelnen Geldbeträge in betrügerischer Weise auf die von den Angeklagten kontrollierten Konten überwiesen haben (vgl. UA S. 7 i. V. m. UA S. 6 [oben]). Aus den auf UA S. 6 getroffenen (eher rudimentären) Feststellungen zum Verlauf des Treffens der Angeklagten mit zwei unbekannten Deutschen am 7. November 2012 geht hervor, dass jene ihren Gesprächspartnern ihre Mitwirkung am Tatprojekt zugesagt und hierfür Bankkonten der B. GmbH zur Verfügung gestellt haben. Da die Angeklagten nach dem Gesamtkontext dieses Geschehens davon ausgehen mussten, dass die Hinterleute in der Commerzbank hiervon Kenntnis erlangen und die ihnen zur Verfügung gestellten Konten tatplankonform zur Abwicklung der unredlichen Transaktionen nutzen würden, hätte das Landgericht mit Blick auf § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB beweiswürdigend erörtern müssen, ob die Angeklagten aufgrund ihrer Zusage zur Mitwirkung an den geplanten Taten und der Benennung der Konten wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen und nicht – wie geschehen – wegen Geldwäsche bestraft werden können.
Das vorstehend aufgedeckte Erörterungsdefizit nötigt zur Aufhebung des Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen. Eine Schuldspruchberichtigung kommt nicht in Betracht, weil die Urteilsfeststellungen hierfür nicht hinlänglich dicht und eindeutig sind. Zudem stünde einem solchen Prozedere hier ohnedies die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO entgegen.”
Rz. 4
Dem schließt sich der Senat an.
Rz. 5
3. Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu umfassenden, in sich stimmigen Feststellungen zu geben. Sollte das neue Tatgericht unter Berücksichtigung des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB wiederum zu einer Strafbarkeit der Angeklagten nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB gelangen, so wird es sich damit auseinanderzusetzen haben, ob die Angeklagten die volle Verfügungsgewalt über die überwiesenen Beträge nicht bereits durch deren Eingang auf den Konten der B. und nicht erst durch deren Abhebung erlangten. Das Tatbestandsmerkmal des Sich-Verschaffens verlangt nur, dass der Täter aufgrund einer Übertragungshandlung im Einverständnis mit dem Vortäter eine eigene tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache erwirbt mit der Folge, dass der Vortäter jede Möglichkeit verliert, auf die Sache einzuwirken (Schmidt/Krause in LK-StGB, 12. Aufl., § 261 Rn. 21).
Unterschriften
Sander, Schneider, Dölp, Berger, Bellay
Fundstellen
Haufe-Index 7593730 |
NZWiSt 2015, 272 |