Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 30.07.2015) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 30. Juli 2015 im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
Rz. 2
Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge und mehrere Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 24. November 2015 ausgeführt hat, unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die Prüfung der Voraussetzungen eines minder schweren Falls des Totschlags gemäß § 213 StGB durch das Landgericht erweist sich als rechtsfehlerhaft.
Rz. 4
Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 213 Alt. 1 StGB hat das Schwurgericht lediglich ausgeführt, dass „schon keine ‚schwere Beleidigung’ und auch ‚keine Misshandlung’ des Opfers” vorlag. Dies entspricht aber nicht den Feststellungen, wonach der Geschädigte nach einer kurzen „verbalen Auseinandersetzung dem Angeklagten nicht ausschließbar zwei Ohrfeigen” versetzte (UA S. 19). Ohrfeigen sind regelmäßig mit der Zufügung von Schmerzen verbunden (BGH, Urteile vom 8. März 1990 – 2 StR 615/89, NJW 1990, 315 und vom 22. November 1991 – 2 StR 225/91, MDR 1992, 320). Insoweit hat das Landgericht auch keine Feststellungen getroffen, wonach das Wohlbefinden des Angeklagten durch die Ohrfeigen allenfalls in unerheblichem Maße beeinträchtigt worden sei (vgl. hierzu Joecks in MüKo-StGB, 2. Aufl. 2012, § 223 Rn. 12 ff.; Fischer, 63. Aufl. 2016, § 223 Rn. 6). Dagegen würde zudem sprechen, dass der Angeklagte nach den Ohrfeigen Blut in seinem Gesicht bemerkte (UA S. 19).
Rz. 5
Danach kann der Senat nicht ausschließen, dass es sich bei den zwei Ohrfeigen lediglich um nicht geringfügige Eingriffe in die körperliche oder seelische Unversehrtheit des Täters handelte und diese die für eine Misshandlung im Sinne des § 223 StGB erforderliche Erheblichkeit erreicht haben (dazu näher Senat, Urteil vom 26. Februar 2015 – 1 StR 574/14, NStZ 2015, 582 f.).
Rz. 6
Auf diesem Rechtsfehler beruht der Strafausspruch. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei vollständiger Würdigung aller maßgeblichen Strafzumessungsumstände einen minder schweren Fall angenommen hätte und zu einer geringeren Strafe gelangt wäre.
Rz. 7
Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer kann ergänzende Feststellungen zum Strafausspruch treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Unterschriften
Raum, Graf, Jäger, Cirener, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 9108737 |
StraFo 2016, 167 |