Entscheidungsstichwort (Thema)
Mord
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 21. Juni 2000 im Ausspruch über die besondere Schwere der Schuld aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und ausgesprochen, daß seine Schuld besonders schwer wiegt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Ausspruch über die besondere Schuldschwere Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge weist keinen Rechtsfehler auf. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht zu Recht angenommen, daß der Angeklagte und sein Mittäter das Opfer grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet haben. Auch die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe als absolute Strafe hält rechtlicher Prüfung stand; insbesondere hat die sachverständig beratene Strafkammer trotz der bei dem alkoholgewöhnten Angeklagten festgestellten Tatzeitblutalkoholkonzentration von 2,15 o/oo unter Berücksichtigung psychodiagnostischer Kriterien eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.
Hinsichtlich des Ausspruchs über die besondere Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) hat die Revision dagegen Erfolg.
Zwar hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Entscheidung zur besonderen Schuldschwere grundsätzlich hinzunehmen, ihm ist eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat aber zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat (vgl. BGHSt – GS – 40, 360, 370). Dies ist hier nicht geschehen.
Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung nur auf eine tragfähige Erwägung ausdrücklich abgestellt, und zwar darauf, daß der Angeklagte „schon zum zweiten Mal an einer Tat beteiligt [war], bei der aufgrund brutaler Einwirkung ein Mensch zu Tode kam” (UA 25; vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 – 3 StR 460/98; insoweit in NStZ-RR 2000, 35, 37 nicht abgedruckt). Daneben hat es ausdrücklich zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, daß er keinerlei Einsicht zeige, „daß er nach der damaligen Verurteilung um seine Gefährlichkeit bei Alkoholgenuß wußte und mit dem Alkohol nun hätte zurückhaltend umgehen müssen” (UA 25). Dabei hat es weder bedacht, daß die vorliegende Tat nicht unmittelbar auf den Alkoholmißbrauch zurückzuführen ist, noch, daß diese Erwägung im Widerspruch zu der Urteilsfeststellung steht, wonach bei dem Angeklagten ein Alkoholabhängigkeitssyndrom vorliegt, das unter anderem ein starkes Verlangen nach Alkohol und eine verminderte Kontrolle über den Alkoholkonsum bewirkt [UA 20]. Auch die weitere Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe „kein echtes Bedauern, weder zu seinem damaligen noch zu seinem jetzigen Fehlverhalten” geäußert, sondern lediglich angegeben, „daß damals und auch jetzt wieder der Alkohol schuld sei und daß er eben immer viel Alkohol trinke” (UA 25), ist rechtsfehlerhaft. Die Gewichtung der Schuldschwere ist entsprechend den Regeln zu ermitteln, die für die Strafzumessungsschuld im Sinne des § 46 Abs. 1 StGB gelten (BGHSt 42, 226, 228 f.; vgl. auch Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 57a Rdn. 3 b m.w.N.). Daher darf auch in diesem Zusammenhang fehlende Reue weder einem die Tat leugnenden Angeklagten nachteilig angelastet werden (BGH StV 1993, 639) noch einem solchen, der versucht, sie in einem wesentlich milderen Licht darzustellen (BGH, Beschluß vom 23. Mai 2000 – 1 StR 193/00).
Der Senat vermag, selbst wenn – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift meint – die Jugendkammer weiterhin ersichtlich im Blick gehabt haben sollte, daß der Angeklagte mehrere Mordmerkmale verwirklicht hat (vgl. BGHSt 39, 122, 125), nicht auszuschließen, daß die Feststellung der besonderen Schuldschwere auf den beanstandeten Erwägungen beruht (§ 337 StPO). Zudem hat er darüber, ob die weiteren Überlegungen, auf die das Landgericht die besondere Schuldschwere noch stützt, auch für sich genommen das gefundene Ergebnis tragen könnten, nicht zu befinden, da er die vom Tatrichter vorzunehmende Gesamtwürdigung nicht durch eine eigene ersetzen kann (vgl. BGH NStZ 1999, 243 m.w.N.).
Da das Verfahren sich nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, verweist der Senat die Sache an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer zurück (vgl. BGHSt 35, 267).
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 584402 |
StV 2003, 18 |
StraFo 2001, 263 |