Verfahrensgang
Tenor
Das Verfahren wird auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 27. Dezember 2023 unter Zurückweisung des Aussetzungsantrags im Übrigen wegen des Todes der Klägerin zu 2 ausgesetzt, soweit es deren Klage betrifft (§ 246 Abs. 1 ZPO).
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten gegen das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts - 3. Zivilsenat - vom 4. Juli 2023 wird zurückgewiesen, soweit sie die Klagen des Klägers zu 1 und der Klägerin zu 3 betrifft.
Der Beklagte trägt die im Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1 und der Klägerin zu 3.
Die weitergehende Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 110.016,99 €.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Kläger zu 1 bis 3 machen mit ihrer seit dem 5. Dezember 2012 rechtshängigen Klage in ungeteilter Erbengemeinschaft gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erlösauskehr nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG geltend. Die Klägerin zu 2 ist - wie erst im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unstreitig geworden ist - am 27. April 2016 verstorben, die Klägerin zu 3 bereits am 2. Februar 2007.
Rz. 2
Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Kläger 69.001,92 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten auf die Berufung der Kläger verurteilt, an diese weitere 110.016,99 € nebst Zinsen zu zahlen; die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Kläger beantragen. Darüber hinaus beantragt der Beklagte die Aussetzung des Verfahrens nach § 246 ZPO.
II.
Rz. 3
1. Auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist das Verfahren gemäß § 246 Abs. 1 ZPO nur insoweit auszusetzen, als es die Klage der Klägerin zu 2 betrifft.
Rz. 4
a) Die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 246 Abs. 1 ZPO liegen bezüglich der Klägerin zu 2 vor. Sie ist während des Verfahrens verstorben. Eine Antragsfrist ist nicht zu beachten. Der Antrag kann in dem Zeitraum vom Eintritt des Anlasses bis zur Rechtskraft gestellt werden (vgl. BAG, NZA 2021, 375 Rn. 12; BeckOK ZPO/Jaspersen [1.3.2024], § 246 Rn. 12; Stein/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 246 Rn. 5).
Rz. 5
b) Demgegenüber erfolgt keine Aussetzung im Hinblick auf den Tod der Klägerin zu 3. § 239 ZPO, dessen Anwendungsbereich sich mit dem des § 246 Abs. 1 ZPO deckt (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen [1.3.2024], § 246 Rn. 2), setzt stets den Eintritt von Rechtshängigkeit voraus (vgl. BVerwG, NVwZ 2001, 319; Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 21. Aufl., § 239 Rn. 1; Stein/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 239 Rn. 1). Die Klägerin zu 3 ist jedoch bereits vor Rechtshängigkeit der Klage verstorben, so dass die auf der Grundlage der über den Tod hinaus fortwirkenden Prozessvollmacht erhobene Klage von Anfang an als im Namen der unbekannten Erben der Klägerin zu 3 erhoben gilt (näher dazu BGH, Urteil vom 5. Februar 1958 - IV ZR 204/57, BeckRS 1958, 31372605 unter I.1.; Urteil vom 8. Februar 1993 - II ZR 62/92, BGHZ 121, 263, 265 f.).
Rz. 6
c) Die Aussetzung erstreckt sich nicht auf die Klagen des Klägers zu 1 und der unbekannten Erben der Klägerin zu 3. Zwar ist bei notwendiger Streitgenossenschaft im Sinne von § 62 ZPO nach dem Tod eines Streitgenossen das Verfahren auf Antrag insgesamt auszusetzen, da eine Entscheidung nur einheitlich ergehen kann und dies nur durch eine Aussetzung des Verfahrens insgesamt sichergestellt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 248/10, NJW-RR 2011, 1282 Rn. 18; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2014 - IV ZR 213/13, BeckRS 2014, 11740 Rn. 2). Miterben sind jedoch wegen der Möglichkeit, der Erbengemeinschaft zustehende Ansprüche im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 2039 Satz 1 BGB geltend zu machen, prozessual keine notwendigen Streitgenossen (vgl. Senat, Urteil vom 30. Januar 1957 - V ZR 186/55, BGHZ 23, 207, 212 f.; BGH, Beschluss vom 4. November 2020 - VII ZB 69/18, BGHZ 227, 336 Rn. 11; ähnlich auch Senat, Urteil vom 26.Oktober 1984 - V ZR 67/83, BGHZ 92, 351, 354 zu § 1011 BGB).
Rz. 7
2. Der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Teilbeschluss steht nicht entgegen, dass ein solcher grundsätzlich nicht ergehen darf, wenn die Gefahr widerstreitender Entscheidungen besteht und sich hier in der noch zu treffenden Entscheidung in dem Prozessrechtsverhältnis des Beklagten zu den Erben der Klägerin zu 2 dieselben Rechtsfragen erneut stellen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht nämlich eine Ausnahme, wenn - wie hier - wegen des Todes eines Streitgenossen eine Verfahrensunterbrechung erfolgt oder eine Aussetzung ausgesprochen worden ist. Da die Dauer der Unterbrechung in der Regel ungewiss ist, ist es mit dem Anspruch der übrigen Prozessbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2019 - LwZR 4/18, juris Rn. 6; Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 15 f.). Anders kann es zu beurteilen sein, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass das unterbrochene oder ausgesetzte Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 15). An solchen Anhaltspunkten fehlt es hier jedoch. Es ist nicht absehbar, wann der Rechtsstreit von den derzeit noch unbekannten Erben als Rechtsnachfolger der Klägerin zu 2 aufgenommen werden wird (§ 246 Abs.2, § 239 Abs. 1 ZPO).
III.
Rz. 8
Soweit die Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen wird, wirft die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).
IV.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner |
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Haberkamp |
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Hamdorf |
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Malik |
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Schmidt |
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Fundstellen
Haufe-Index 16466732 |
ZEV 2024, 759 |