Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 13.02.2008) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Februar 2008
- im Schuldspruch dahin klar gestellt, dass der Angeklagte der versuchten schweren räuberischen Erpressung und des räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig ist;
- mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „versuchter räuberischer Erpressung in einem minderschweren Fall” unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von vier Monaten aus einem Urteil des Amtsgerichts Köln vom 24. April 2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten sowie wegen „räuberischen Diebstahls in einem minderschweren Fall in Tateinheit mit Körperverletzung” unter Einbeziehung von Geldstrafen aus einem Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26. April 2007 sowie einem Strafbefehl des Amtsgerichts Köln vom 20. Juli 2007 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Rz. 2
1. Das Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Jedoch hat der Senat den Schuldspruch klar gestellt. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat sich der Angeklagte im Fall II. A der versuchten schweren räuberischen Erpressung schuldig gemacht, da er bei dem Überfall auf den Kiosk eine silberfarbene Pistole, die keine echte Schusswaffe war, und damit sonst ein Werkzeug oder Mittel im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1b) bei sich geführt hat, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. In beiden abgeurteilten Fällen gehört hingegen die Bezeichnung als minderschwerer Fall nicht in die Urteilsformel, da sie allein für die Strafzumessung von Bedeutung ist (vgl. BGHSt 27, 287, 289; Meyer-Goßner StPO § 260 Rdn. 25).
Rz. 3
2. Das Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte regelmäßig Speed, Marihuana und Alkohol konsumierte und sich u.a. zur Detoxination bei bestehender Alkoholproblematik und polyvalentem Drogenabusus vom 16. bis 24. Oktober 2007 stationär in den R. Kl. aufhielt. „Hintergrund” beider Taten waren seine „prekäre finanzielle Lage und seine Drogenproblematik” (UA 34, 37). Im Fall II. B war „nicht auszuschließen”, dass „beim Angeklagten zur Tatzeit Entzugssymptome vorlagen und er unter dem Druck handelte, neue Drogen zu erlangen (UA 37).” Die Strafkammer konnte auch nicht ausschließen, dass dadurch seine Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB erheblich vermindert war (UA 32, 38).
Rz. 4
Auf der Grundlage dieser Feststellungen hätte das Landgericht sich mit der Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB auseinander setzen müssen. Es lag nahe, dass die Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen können, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Die unterlassene Prüfung erweist sich auch nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend anzuordnen ist. Denn das Gericht muss das ihm nunmehr eingeräumte Ermessen auch tatsächlich ausüben und dies in den Urteilsgründen kenntlich machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.). Im Übrigen sind nach den Feststellungen keine Anhaltspunke dafür erkennbar, dass hier ein Ausnahmefall vorliegt, in dem der Tatrichter nach seinem Ermessen von der Unterbringung absehen könnte. Den bisher getroffenen Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Maßregelanordnung jedenfalls deswegen ausscheiden müsste, weil es an der hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) fehlt.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Fischer, Roggenbuck, Cierniak, Schmitt
Fundstellen