Leitsatz (amtlich)
Zur Berücksichtigung von hinausgeschobenen Ansprüchen auf variable Vergütungsbestandteile in Long-Term-Incentive-Programmen regulierter Vergütungssysteme als Vermögenswert im Zugewinnausgleich.
Normenkette
BGB § 1375 Abs. 1; InstitutsVergV § 20 Abs. 4 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. August 2022 teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Offenbach vom 2. Juni 2020 abgeändert.
Die Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags verpflichtet, an den Antragsteller über den durch Teilbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Offenbach vom 30. Oktober 2018 titulierten Betrag von 845.294 € hinaus einen weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 538.463,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.383.757,84 € ab dem 19. Oktober 2018 abzüglich am 5. Dezember 2018 gezahlter 845.294 €, am 11. Februar 2019 gezahlter 50.000 € sowie am 16. April 2019 gezahlter 422.822 € zu zahlen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden der Antragsgegnerin zu 9/10 und dem Antragsteller zu 1/10 auferlegt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin zu 4/5 und dem Antragsteller zu 1/5 auferlegt. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Von Rechts wegen
Gründe
A.
Rz. 1
Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um Zugewinnausgleich und im Rechtsbeschwerdeverfahren noch darum, ob und gegebenenfalls mit welchem Wert variable Vergütungsbestandteile des von dem Ehemann erzielten Arbeitseinkommens in dessen Endvermögen zu berücksichtigen sind.
Rz. 2
Die Beteiligten schlossen am 22. August 1986 die Ehe; der Scheidungsantrag wurde am 21. Juni 2016 zugestellt. Der Ehemann war am Ende der Ehezeit als außertariflicher Mitarbeiter bei der C-Bank beschäftigt. Sein Gehalt bestand aus festen und variablen Vergütungsbestandteilen. Vertragliche Grundlage der variablen Vergütung, die teilweise bar und teilweise aktienbasiert gewährt wurde, war der „C. Incentive Plan“ (CIP). Der CIP bestimmte für diejenigen Mitarbeiter, die aufgrund von Aufgabenstellung und Kompetenzen mit ihrer Tätigkeit einen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtrisiko der Bank nehmen („Risk Taker“) und zu denen auch der Ehemann gehörte, dass die variable Vergütung grundsätzlich in zwei Formen auszuzahlen war, nämlich zum Teil als „Short Term Incentive“ (STI) im April (Barbetrag) bzw. im Oktober (aktienbasierter Betrag) des auf das maßgebliche Geschäftsjahr folgenden Jahres und zum Teil als „Long Term Incentive“ (LTI) nach Ablauf eines dreijährigen Zurückbehaltungszeitraums („Deferral Period“) und einer daran anschließenden Sperrfrist („Retention Period“) im Oktober des vierten Jahres nach dem maßgeblichen Geschäftsjahr. Über die Höhe der variablen Vergütung wurde auf der Grundlage einer nach Abschluss des Geschäftsjahres durchgeführten „Performance Bewertung I“ entschieden, durch die der individuelle Erfolgsbeitrag des Mitarbeiters bewertet werden sollte. Nach Durchführung dieser Bewertung wurde der Gesamtbetrag der variablen Vergütung festgelegt, die im Hinblick auf ihren Anteil aus dem LTI lediglich indikativ war. Die endgültige Entscheidung über einen Anspruch aus dem LTI fiel nach Ablauf des dreijährigen Zurückbehaltungszeitraums. Sie beruhte auf der „Performance Bewertung II“, mit der einerseits die vergütungsrelevanten Ergebnisse der „Performance Bewertung I“ in der Rückschau auf ihre Richtigkeit überprüft und andererseits verschiedene weitere personen- und unternehmensbezogene Kriterien Berücksichtigung finden sollten. Die maßgeblichen Bestimmungen des CIP haben auszugsweise den folgenden Wortlaut:
„Teil A Terms
…
4. Bad Leaver/Good Leaver
(1) Bad Leaver sind Mitarbeiter,
a) deren Arbeitsvertrag die Bank durch Kündigung aus wichtigem Grund oder durch verhaltensbedingte Kündigung beendet hat oder bei denen das Arbeitsverhältnis aus Gründen beendet wird, die eine solche Kündigung rechtfertigen würden, oder
b) mit befristetem Arbeitsverhältnis, welches bei Ablauf der Befristung aus verhaltensbedingten Gründen nicht verlängert wird oder aus Gründen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden, oder
c) die das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beenden bzw. auf eigenen Wunsch eine vorzeitige (…) Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrages herbeiführen, vorbehaltlich des Absatzes 3.
(2) Alle anderen ausscheidenden Mitarbeiter sind Good Leaver.
(3) Abweichend von Abs. 1 lit. c) sind auch solche Mitarbeiter Good Leaver,
a) die kündigen, um karitative oder gemeinnützige Zwecke zu fördern oder
b) die kündigen und unmittelbar nach dem Ausscheiden Altersrente beziehen oder
c) die wegen vollständiger bzw. teilweiser Erwerbsminderung ausscheiden oder
d) die nach dem Ausscheiden keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen und nicht mit mehr als 1 % an einem Konkurrenten der Bank oder eines Konkurrenzunternehmens beteiligt sind oder
e) bei denen die Bank im Einzelfall entscheidet, sie als Good Leaver zu behandeln (…)
…
11. Performance Bewertung
…
Die Performance Bewertung I ist die Bewertung des individuellen Erfolgsbeitrags des Mitarbeiters für ein Geschäftsjahr (…)
Die Performance Bewertung II beinhaltet die Überprüfung der jeweils zugrunde liegenden Performance Bewertung I und des Verhaltens des Mitarbeiters in der Deferral Period hinsichtlich der Anspruchsentstehung beim LTI (…)
Teil B Conditions
…
III. Variable Vergütung
…
6. Festsetzung des Gesamtbetrages der variablen Vergütungen
(1) Die Festsetzung des Gesamtbetrages der variablen Vergütungen für ein Geschäftsjahr (…) hat
1. die Risikotragfähigkeit, die mehrjährige Kapitalplanung und die Ertragslage der Bank zu berücksichtigen;
2. sicherzustellen, dass die Fähigkeit der Bank gegeben ist, eine angemessene Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung dauerhaft aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen; (…)
3. (…)
(2) Die Festsetzung des Gesamtbetrages der variablen Vergütungen ist im Falle eines negativen Geschäftserfolgs der Bank oder des Konzerns oder bei Nichtvorliegen der in Absatz 1 genannten Voraussetzungen, in der Regel nicht zulässig (sogenannter Poolvorbehalt).
(…)
IV. Performance Bewertungen
(…)
12. Performance Bewertung II
(…)
(2) Ob Hinderungsgründe für eine Anspruchsentstehung aus den Kriterien gemäß Ziffern V.14.2 und/oder 14.3 gegeben sind, wird mithilfe der Risk Taker Scorecard (RSC) geprüft und dokumentiert, die während und nach Ablauf der Deferral Period ausgefüllt wird.
(…)
V. LTI
13. Anspruchsentstehung aus dem LTI
(1) Ein Anspruch aus dem LTI entsteht frühestens nach Ablauf der Deferral Period, soweit zwischenzeitlich keine Umstände eingetreten sind, die die Anspruchsentstehung ganz oder teilweise verhindern.
(2) Der Anspruch aus dem LTI entsteht nicht, wenn der Arbeitsvertrag des Mitarbeiters vor Ablauf der Deferral Period geendet hat und der Mitarbeiter als Bad Leaver ausgeschieden ist.
(3) Die Entscheidung über die Anspruchsentstehung aus dem LTI trifft die Bank auf der Grundlage der Performance Bewertung II (…)
14. Kriterien
Die Anspruchsentstehung aus dem LTI ist bei Risk Takern von folgenden Kriterien abhängig:
14.1 Poolvorbehalt und/oder Untersagung der Aufsichtsbehörde
Die Anforderungen aus Ziffer III.6 müssen von der Bank bzw. vom C.-Konzern erfüllt werden. Ist der Pool während der Deferral Period wegen teilweiser oder vollständiger Nichterfüllung der Anforderungen zu reduzieren oder zu streichen, kann sich der mögliche Anspruch auf den LTI reduzieren oder vollständig entfallen (…)
14.2 Performance-Überprüfung
Sollte sich im Rahmen der Performance Bewertung II (…) erweisen, dass die vergütungsrelevante Bewertung der Performance des Mitarbeiters oder des von ihm betriebenen Geschäfts bzw. Geschäftsmodells im Geschäftsjahr (…) signifikant unzutreffend waren, kann sich der mögliche Anspruch entsprechend reduzieren oder vollständig entfallen.
14.3. Regeln, Anweisungen und Informationen
Geschäftsjahresunabhängig verfallen alle bestehenden LTIs, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
Relevante Verletzung der Missachtung risikorelevanter oder geschäftsbezogener Anweisungen.
Unvollständige, unrichtige oder irreführende Information zu risikorelevanten oder geschäftsbezogenen Sachverhalten.
Relevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. (…)
…
VII. Allgemeine Bestimmungen
…
22. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
…
(2) Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod, Eintritt in den Ruhestand, Vorruhestand oder Erwerbsunfähigkeit hat keine Auswirkungen auf Anspruchsentstehung und/oder Auszahlung. Sowohl die Kriterien für die Anspruchsentstehung als auch die Auszahlungszeitpunkte bleiben unberührt. Der Anspruch ist vererblich. (…)“
Rz. 3
Der Arbeitgeber des Ehemanns legte für die Jahre 2013 bis 2015 im März der jeweiligen Folgejahre den Gesamtbetrag der variablen Vergütung für das vergangene Geschäftsjahr fest. Dabei wurden dem Ehemann voraussichtliche Vergütungen aus dem LTI in Höhe von 50.000 € (für 2013), 96.000 € (für 2014) und 94.800 € (für 2015) angekündigt.
Rz. 4
Das Amtsgericht hat die Ehe der Beteiligten durch Beschluss vom 24. Mai 2019 rechtskräftig geschieden und die zunächst im Scheidungsverbund anhängig gemachte güterrechtliche Folgesache abgetrennt. In dieser hat der Ehemann zunächst die Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 1.550.000 € geltend gemacht. Die Ehefrau hat den Anspruch in Höhe von 845.294 € anerkannt, worüber das Amtsgericht am 30. Oktober 2018 durch Teil-(Anerkenntnis-)Beschluss befunden hat. Nach Zahlung des anerkannten Betrages am 5. Dezember 2018 hat die Ehefrau im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens weitere 50.000 € am 10. Februar 2019 und weitere 422.822 € am 16. April 2019 auf die Zugewinnausgleichsforderung gezahlt. Das Amtsgericht hat die Ehefrau verpflichtet, über den durch Teilbeschluss titulierten Betrag in Höhe von 845.294 € hinaus einen weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 565.948 € nebst Zinsen abzüglich der geleisteten Beträge zu zahlen. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und diese zur Zahlung eines weiteren Zugewinnausgleichs von (lediglich) 502.063,84 € nebst Zinsen abzüglich der geleisteten Beträge verpflichtet. Dabei hat das Oberlandesgericht angenommen, dass dem Ehemann am Ende der Ehezeit gesicherte Rechtspositionen auf künftige Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 in Höhe von 72.800 € zuzurechnen seien. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Ehemann die Heraufsetzung des weiteren Zugewinnausgleichs auf 538.463,84 € nebst Zinsen abzüglich der geleisteten Zahlungen.
B.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
I.
Rz. 6
Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in juris (OLG Frankfurt Beschluss vom 31. August 2022 - 5 UF 88/20) veröffentlicht ist, hat seine Auffassung, dass künftige Ansprüche des Ehemannes auf LTI-Zahlungen für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 in dessen aktivem Endvermögen zu berücksichtigen seien, wie folgt begründet:
Rz. 7
Zwar habe nach den maßgeblichen Vertragsbestimmungen und regulierungsrechtlichen Regelungen zum Stichtag Ehezeitende noch kein rechtlicher Anspruch des Ehemanns auf einen LTI für das Geschäftsjahr 2013 oder die nachfolgenden bestanden. Dennoch habe am Stichtag bereits eine zur Anwartschaft erstarkte, jedenfalls aber hinreichend verfestigte Rechtsposition in Bezug auf die später vollständig entstehenden Ansprüche auf LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 vorgelegen.
Rz. 8
Die rechtliche Verfestigung sei bereits dadurch gegeben, dass sich der Arbeitgeber des Ehemanns arbeitsvertraglich in Gestalt des CIP an die Zusage des LTI unter den dort geregelten Rahmenbedingungen gebunden habe und sich hiervon nicht mehr einseitig habe lösen können. Die wesentliche Gegenleistung, nämlich die Arbeitsleistung für das jeweilige Geschäftsjahr, habe der Ehemann vor dem Stichtag bereits erbracht. Unabhängig davon, dass sich die Höhe des Anspruchs in dem Zurückbehaltungszeitraum ändern oder der Anspruch noch ganz entfallen könne, stelle sich der LTI als zweckbestimmte Gegenleistung für die in einem bestimmten Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung dar. Dem entspreche auch die aus den vorliegenden Gehaltsbescheinigungen ersichtliche einkommensteuerrechtliche Behandlung der in der Vergangenheit ausgezahlten Bonuszahlungen, die als Einmalzahlungen mit dem persönlichen Steuersatz des Arbeitnehmers versteuert würden. Demgegenüber habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass Einkünfte aufgrund einer LTI-Regelung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG ermäßigt besteuert werden, wenn es bei dieser Regelung auf den Geschäftserfolg im gesamten Zurückbehaltungszeitraum ankomme.
Rz. 9
Weiterer Gesichtspunkt für eine anwartschaftsähnliche Verfestigung sei, dass die Rechtsposition durch den Tod des Mitarbeiters nicht mehr entfallen könne und vererblich sei. Nach dem Wortlaut von Ziffer C. VII. 22 Abs. 2 CIP sei zwar nur der „Anspruch“ vererblich, jedoch ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang sowohl des CIP als auch von § 20 der Institutsvergütungsverordnung, dass auch die während der laufenden Deferral Period bestehende Rechtsposition vererblich sein solle. Für eine Verfestigung spreche ferner, dass grundsätzlich auch ein vorzeitiges Ausscheiden des Mitarbeiters keinen Einfluss auf das spätere Erstarken zum Vollanspruch habe, soweit das Ausscheiden nicht unter den Voraussetzungen als sogenannter Bad Leaver erfolge. In der Gesamtschau dienten die an die Anforderungen der Institutsvergütungsverordnung angelehnten Formulierungen in Ziffer B. V. 13 Abs. 1 CIP vornehmlich dem Zweck, beim LTI die Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Instrumente der ex-post-Risikoadjustierung zu ermöglichen, was nach überwiegender Auffassung arbeitsrechtlich nicht möglich wäre, wenn bereits ein konkreter Anspruch auf Zahlung des LTI begründet worden wäre. Der Annahme einer verfestigten Rechtsposition stehe es auch nicht entgegen, dass die auf LTI-Zahlung gerichtete Rechtsposition unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise im Falle eines freiwilligen Ausscheidens oder bei Pflichtverletzungen oder bei Verwirklichung der weiteren im CIP genannten Vorbehalte, noch vollständig entfallen könne. Bei Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung sei zwar in dem Umstand, dass diese dem Arbeitnehmer nach Eintritt der Unverfallbarkeit unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens auch im Fall des Ausscheidens aus dem Unternehmen selbst bei einfachen Pflichtverletzungen nicht mehr genommen werden könnten, ein gewichtiges Indiz für eine hinreichende Verfestigung zu sehen. Das schließe es aber nicht aus, im Güterrecht auch bei weniger gesicherten Anrechten schon von einer hinreichenden Verfestigung auszugehen und diese mit ihrem - unter Berücksichtigung der konkret bestehenden Unsicherheiten - zu schätzenden wirtschaftlichen Wert in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen.
Rz. 10
Im vorliegenden Fall bestünden die konkreten Risiken darin, dass eine angekündigte LTI-Zahlung aufgrund der Performance Bewertung II zum Nachteil des Ehemanns korrigiert oder wegen einer in der Deferral Period eingetretenen negativen Unternehmensentwicklung der Bonuspool reduziert werden könnte. Ferner habe das Risiko eines Eingreifens der Aufsichtsbehörde und die Möglichkeit bestanden, dass der Anspruch wegen Pflichtverletzungen während der Deferral Period oder aufgrund des Ausscheidens als Bad Leaver wegfallen könnte. Diesen Risiken für den Wegfall oder die Kürzung des LTI sei durch angemessene Abschläge von den auf der Grundlage der Performance Bewertung I indikativ festgesetzten LTI-Beträgen Rechnung zu tragen. Unter weiterer Berücksichtigung von latenten Steuern mit einem Steuersatz von 48 % ergebe sich wegen der künftigen LTI-Zahlungen für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 ein in das Endvermögen des Ehemanns einzustellender Betrag von 72.800 €.
II.
Rz. 11
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
Rz. 12
§ 1375 Abs. 1 Satz 1 BGB definiert das Endvermögen als das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Das Endvermögen setzt sich hiernach aus allen positiven Vermögenswerten und Verbindlichkeiten eines Ehegatten zusammen, die diesem bei Beendigung des Güterstandes - oder zu einem Zeitpunkt, der an die Stelle der Beendigung des Güterstandes tritt - zustehen. Zu den im Endvermögen zu berücksichtigenden Vermögenswerten zählen alle dem Ehegatten zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert, das heißt neben den dem Ehegatten gehörenden Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, sofern sie am Stichtag bereits entstanden und noch vorhanden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 534/12 - FamRZ 2014, 368 Rn. 24). Um einen solchen Vermögenswert handelt es sich bei dem künftigen Vergütungsanspruch des Ehemanns aus dem LTI für die Jahre 2013 bis 2015 nicht.
Rz. 13
1. Allerdings steht es einer Einbeziehung der am Stichtag noch nicht ausgezahlten variablen Vergütung in den Zugewinnausgleich nicht bereits entgegen, dass es sich dabei um Bestandteile des von dem Ehemann bezogenen Arbeitseinkommens handelt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts wären aus dem LTI zufließende Geldbeträge im Hinblick auf die insgesamt günstigen Einkommensverhältnisse der Beteiligten nicht für deren Lebensbedarf benötigt, sondern absehbar nur für die Vermögensbildung verwendet worden. Danach begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Beschwerdegericht diesen Bestandteil des von dem Ehemann erzielten Arbeitseinkommens nicht als künftiges unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen behandelt und nicht schon aus diesem Grunde aus dem güterrechtlichen Ausgleich ausgeschlossen hat (vgl. Staudinger/Thiele BGB [2017] § 1374 Rn. 5). Dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
Rz. 14
2. Ebenfalls zutreffend - und für die Rechtsbeschwerde günstig - ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass am Stichtag 21. Juni 2016 noch kein Anspruch auf Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 entstanden war.
Rz. 15
Mit Recht hat das Beschwerdegericht insoweit auf den Wortlaut von Ziffer B. V. 13 Abs. 1 CIP abgestellt, wonach ein Anspruch aus dem LTI frühestens nach Ablauf der Deferral Period entsteht. Nur diese Sichtweise steht im Einklang mit den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen in § 20 Abs. 4 Nr. 1 und 2 der am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) vom 16. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4270), nach denen während des Zurückbehaltungszeitraums für den Begünstigten kein Anspruch auf den zurückbehaltenen Teil der variablen Vergütung, sondern allenfalls ein Anspruch auf fehlerfreie Ermittlung der variablen Vergütung als Merkposten in einem Konto oder Depot bestehen darf (vgl. auch Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht [Stand: 15. Februar 2018], veröffentlicht auf www.bafin.de, Umdruck S. 61); eine entsprechende Regelung enthielt auch die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft getretene Vorgängerregelung (vgl. § 5 Abs. 4 der Instituts-Vergütungsverordnung vom 6. Oktober 2010, BGBl. I S. 1374). Mit den vorgenannten Bestimmungen zur hinausgeschobenen Entstehung des Vergütungsanspruchs mag zwar in erster Linie intendiert gewesen sein, eine vergütungswirksame Berücksichtigung von negativen Einflüssen während des Zurückbehaltungszeitraums in arbeitsrechtlicher Hinsicht abzusichern (vgl. Begründung zur Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Oktober 2010, Anmerkung zu den §§ 5, 6 und 8, veröffentlicht auf www.bafin.de; vgl. auch Annuß in Annuß/Früh/Hasse Institutsvergütungsverordnung Versicherungsvergütungsverordnung § 20 InstitutsVergV Rn. 6; Buscher/Hannemann/Wagner/Weigl Institutsvergütungsverordnung S. 219 f.). Das ändert aber nichts daran, dass die an den regulatorischen Vorgaben orientierte Vertragsgestaltung beim CIP in dieser Hinsicht eindeutig ist.
Rz. 16
3. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts sind künftige Ansprüche auf Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer rechtlich geschützten Anwartschaft in die Vermögensbilanz des Ehemanns einzustellen.
Rz. 17
a) Richtig sind allerdings die rechtlichen Ausgangspunkte des Beschwerdegerichts: In die Berechnung des Zugewinnausgleichs können grundsätzlich auch rechtlich geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie die ihnen vergleichbaren Rechtsstellungen einbezogen werden, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben - notfalls durch Schätzung - bewertbar sind (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 534/12 - FamRZ 2014, 368 Rn. 24; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 146, 64 = FamRZ 2001, 278, 280). Bloße Erwerbsaussichten sowie in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zur rechtlich geschützten Anwartschaft erstarkt sind, bleiben demgegenüber unberücksichtigt (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 534/12 - FamRZ 2014, 368 Rn. 24 und Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 156/04 - FamRZ 2007, 877 Rn. 14).
Rz. 18
Hiernach wurden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rechtsstellung eines Nacherben (vgl. BGHZ 87, 367 = FamRZ 1983, 882, 884), ein nach den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes bereits unverfallbar gewordenes Versorgungsanrecht auf Auszahlung eines Kapitalbetrages (vgl. Senatsurteile vom 17. November 2010 - XII ZR 170/09 - FamRZ 2011, 183 Rn. 18 und BGHZ 117, 70 = FamRZ 1992, 411 ff.) sowie eine durch einen „qualifizierten Interessenausgleich“ gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG dem Grunde nach zugesagte und nicht als Ausgleich für Einkommensverluste bestimmte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. Senatsurteil BGHZ 146, 64 = FamRZ 2001, 278, 281) als nach wirtschaftlichen Maßstäben bewertbare Rechtspositionen behandelt, die eine rechtlich geschützte Anwartschaft oder eine vergleichbar gesicherte Rechtsstellung darstellten. Ein in seiner Entstehung noch ungewisses Recht wurde demgegenüber in dem möglichen Anspruch eines Zeitsoldaten auf Gewährung eines einmaligen Geldbetrages als Übergangsbeihilfe am Ende seiner Dienstzeit erblickt, weil am Stichtag weder der Eintritt der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen absehbar noch vorauszusehen sei, ob ein anschließendes Dienstverhältnis als Berufssoldat begründet werden würde (vgl. BGH Urteil vom 9. Juni 1983 - IX ZR 56/82 - FamRZ 1983, 881 f.). Bei dem am Stichtag noch nicht beendeten Agenturvertrag eines Versicherungsvertreters stellt dessen möglicher Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 HGB ebenfalls nur eine Erwerbsaussicht und keine rechtlich geschützte Anwartschaft dar, weil der Ausgleichsanspruch kraft Gesetzes in den praxisrelevanten Fällen der Eigenkündigung oder der unternehmerseitigen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 89 b Abs. 3 HGB) von vornherein nicht zur Entstehung gelangen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 534/12 - FamRZ 2014, 368 Rn. 26 ff.; BGHZ 68, 163 = FamRZ 1977, 386, 387).
Rz. 19
b) Gemessen daran kann unter den hier obwaltenden Umständen nicht vom Bestehen einer rechtlich geschützten Anwartschaft oder einer vergleichbaren Rechtsposition des Ehemanns auf Zahlungen aus dem LTI am Stichtag ausgegangen werden.
Rz. 20
aa) Dabei könnte es schon fraglich sein, ob der Ehemann - wie das Beschwerdegericht meint - am Stichtag bereits die vollständige Gegenleistung für Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 erbracht hatte. Das Beschwerdegericht begründet seine Auffassung damit, dass der LTI nach der vorliegenden Vergütungsregelung eine zweckbestimmte Gegenleistung für die in einem bestimmten Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung darstelle, was sich aus den Bestimmungen des CIP ergebe, nach denen bei beiden „Performance Bewertungen“ in Bezug auf die individuelle Leistung des Arbeitnehmers ausschließlich auf das betroffene Geschäftsjahr abgestellt werde. Die gegen diese Beurteilung erhobenen Bedenken der Rechtsbeschwerde sind jedenfalls im Hinblick auf die Compliance-Regelung in Ziffer B. V. 14.3 CIP nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Nach dieser Bestimmung stehen die relevante Missachtung von Regeln und Anweisungen, die Verletzung von Informationspflichten sowie generell die relevante Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten des Mitarbeiters „geschäftsjahresunabhängig“ einer Entstehung des Anspruchs auf LTI entgegen. Die Überprüfung des diesbezüglichen Verhaltens des Mitarbeiters in der Deferral Period gehört zum Inhalt der „Performance Bewertung II“, auf deren Grundlage über die Anspruchsentstehung aus dem LTI befunden wird (vgl. Ziffer A. 11 CIP sowie Ziffern B. IV. 12 Abs. 2 und B. V. 13 Abs. 3 CIP). Liegt eine relevante Pflichtverletzung im Zurückbehaltungszeitraum vor, entsteht der Anspruch auf den LTI nicht. Das könnte die Sichtweise nahelegen, dass mit der hinausgeschobenen Zahlung aus dem LTI nicht nur die Arbeitsleistung des Mitarbeiters im Geschäftsjahr und der mit ihr erwirtschaftete Erfolgsbeitrag, sondern darüber hinaus auch die Compliance-Konformität seiner Arbeitsleistung während des gesamten - am Stichtag noch nicht abgelaufenen - Zurückbehaltungszeitraums abgegolten wird.
Rz. 21
Dieser Beurteilung steht auch die steuerrechtliche Behandlung der dem Ehemann in der Vergangenheit tatsächlich zugeflossenen Zahlungen aus dem LTI nicht zwingend entgegen. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 2. September 2021 (BFH DB 2021, 2946 Rn. 20 ff.) unterfallen Entgeltzahlungen aus einem Long-Term-Incentive-Programm der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, wenn diese Vergütung zweckbestimmt für die Berufstätigkeit der betroffenen Mitarbeiter in einem mehrjährigen Zeitraum erfolgt. In dem seiner Entscheidung zugrundeliegenden Vergütungsmodell hat der Bundesfinanzhof diese Zweckbestimmung daraus hergeleitet, dass die Vergütung aus dem LTI von dem Arbeitgeber auf der Grundlage des durchschnittlichen Geschäftserfolges des Unternehmens in einem mehrjährigen „Performancezeitraum“ ermittelt wurde, nachdem dieser dem durchschnittlichen Geschäftserfolg in einem die vorangegangenen Jahre umfassenden Vergleichszeitraum gegenübergestellt worden war (vgl. BFH DB 2021, 2946 Rn. 24; vgl. auch BFH NJW 2007, 1230 zur Tarifermäßigung bei Aktienoptionsprogrammen mit Anreizfunktion). Soweit das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall aus der - von ihm unterstellten - Nichtanwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in den Jahren 2016 bis 2018 ein (Gegen-)Indiz dafür herleiten will, dass die dem Ehemann von seinem Arbeitgeber aus dem LTI zufließende Vergütung nicht für einen mehrjährigen Zeitraum bestimmt gewesen sei, dürfte dem schon entgegenzuhalten sein, dass sich - wie die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 2. September 2021 und der dort mitgeteilte Sachverhalt verdeutlichen - in diesen Jahren offensichtlich noch keine gefestigte Praxis der Finanzbehörden zur steuerlichen Behandlung von Zahlungen aus LTI-Programmen entwickelt hatte.
Rz. 22
bb) Letztlich bedarf dies aber keiner weiteren Erörterung. Denn unabhängig von der Frage nach der vollständigen Erbringung der Gegenleistung besteht im vorliegenden Fall in Bezug auf künftige Ansprüche aus dem LTI keine rechtlich geschützte Anwartschaft und auch keine vergleichbare Rechtsstellung.
Rz. 23
(1) Unter dem Begriff der Anwartschaft versteht man nach der allgemeinen zivilrechtlichen Dogmatik eine rechtlich bereits mehr oder weniger gesicherte Aussicht auf den Anfall eines subjektiven Rechts, insbesondere einer Forderung oder eines dinglichen Rechts, die darauf beruht, dass der normale Erwerbstatbestand eines solchen Rechts schon teilweise verwirklicht ist und seine Vollendung mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (vgl. Neuner Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 13. Aufl. S. 243). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verdichtet sich die Anwartschaft zu einem Anwartschaftsrecht, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer weitgehend gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr durch einseitige Erklärung zu zerstören vermag (vgl. BGHZ 125, 334 = NJW 1994, 3099, 3100 mwN und BGH Urteil vom 5. Januar 1955 - IV ZR 154/54 - NJW 1955, 544). Diese zum dinglichen Anwartschaftsrecht entwickelte Definition kann in ihren Grundzügen auch zur Beantwortung der - hier interessierenden - Frage herangezogen werden, wann die Aussicht auf einen künftigen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch einen Grad von Festigkeit und rechtlicher Sicherheit erreicht hat, dass bereits von einer rechtlich geschützten Anwartschaft oder einer vergleichbaren Rechtsposition ausgegangen werden kann. Ob einer im Laufe eines mehraktigen Erwerbstatbestands erworbenen Zwischenposition des Begünstigten ein selbständiger rechtlicher Schutz zukommen soll, ist dabei auch mit Blick auf gesetzliche Wertungen zu beurteilen (vgl. MünchKommBGB/Westermann 8. Aufl. § 449 Rn. 38 zum dinglichen Anwartschaftsrecht).
Rz. 24
(2) Mit Recht weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass sich der Arbeitgeber des Ehemanns von der arbeitsvertraglichen Zusage der variablen Vergütung aus dem LTI nicht mehr nach freiem Belieben lösen konnte. Die Entscheidung über Grund und Höhe eines künftigen Anspruchs aus dem LTI konnte nur innerhalb des durch den CIP gezogenen rechtlichen Rahmens getroffen werden. Nach der Vergütungsvereinbarung stand für beide Vertragsparteien bereits am Stichtag bindend fest, dass der Anspruch auf die angekündigte Zahlung aus dem LTI entstehen wird, wenn und soweit die Bank aufgrund der „Performance Bewertung II“ in Bezug auf die Nachhaltigkeit des im Geschäftsjahr erzielten Erfolgsbeitrages und im Hinblick auf das Verhalten des Mitarbeiters in der Deferral Period zu keinem abweichenden Ergebnis gelangt und wenn der Zahlung darüber hinaus weder der sogenannte Poolvorbehalt (Ziffer B. V. 14.1 CIP und Ziffer B. III. 6 CIP) noch ein Eingreifen der Aufsichtsbehörde entgegensteht (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 10 und 11 KWG).
Rz. 25
(3) Andererseits müssen aber auch die regulatorischen Vorgaben für die vorliegende Vergütungsvereinbarung berücksichtigt werden. § 20 Abs. 4 Nr. 1 InstitutsVergV schließt in den Fällen, in denen - wie hier - die variablen Vergütungsbestandteile vollständig erst am Ende des Zurückbehaltungszeitraums erdient werden (sogenanntes cliff vesting), nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht nur die Entstehung des Anspruchs, sondern ausdrücklich auch die Entstehung der „Anwartschaft“ während des Zurückbehaltungszeitraums vollständig aus; eine entsprechende Regelung enthielt auch die Vorgängervorschrift (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 lit. a InstitutsVergV aF). Jedenfalls aus Sicht des Aufsichtsrechts ist es hiernach eindeutig, dass für den Risikoträger eine gesicherte Rechtsposition an dem zurückbehaltenen Teil der variablen Vergütung vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums grundsätzlich nicht entstehen soll.
Rz. 26
(4) Gegen die Annahme, dass der Ehemann am Stichtag bereits eine hinreichend gesicherte Rechtsposition an künftigen Zahlungen aus dem LTI erlangt hätte, spricht darüber hinaus der Umstand, dass der Anspruch nicht zur Entstehung gelangt, wenn der Mitarbeiter vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums als sogenannter Bad Leaver aus dem Unternehmen ausscheidet (Ziffer B. V. 13.2 CIP).
Rz. 27
(a) Indessen ist die arbeitsrechtliche Zulässigkeit solcher Formularklauseln in Arbeitsverträgen noch nicht abschließend geklärt. In der arbeitsrechtlichen Literatur werden - soweit ersichtlich - Bad-Leaver-Klauseln, die den Verfall hinausgeschobener Vergütungsansprüche vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums vorsehen, als unproblematisch angesehen (vgl. Heimann/Stabenow BB 2021, 1844, 1847; vgl. auch Löw/Glück NZA 2015, 137, 140 f.). Für diese Sichtweise könnte aus AGB-rechtlicher Sicht schon sprechen, dass § 20 Abs. 4 Nr. 1 InstitutsVergV die Entstehung von Anwartschaften auf die hinausgeschobenen Vergütungsansprüche vor Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums an sich ausschließen will und eine Bad-Leaver-Klausel von dieser Rechtslage nicht zu Ungunsten des Mitarbeiters abweicht, sondern ihm - umgekehrt - beim Ausscheiden aus dem Unternehmen die Aussicht auf den Vergütungsanspruch erhält, wenn sein Arbeitsverhältnis unter den Voraussetzungen eines Good Leavers beendet worden ist. Im Übrigen hat das Bundesarbeitsgericht die Anbindung von Ansprüchen aus einem Aktienoptionsplan mit festgelegter Wartezeit an ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bereits für zulässig erachtet und dies maßgeblich mit einem durch das Aktienrecht veränderten Prüfungsmaßstab und dem Charakter des Aktienoptionsprogramms als Mittel zur langfristigen Verhaltenssteuerung bei dem begünstigten Mitarbeiter begründet, die bei einem ausgeschiedenen Beschäftigten nicht mehr erreicht werden kann (vgl. BAG NZA 2008, 1066 Rn. 25 ff.). Es liegt nahe, die Grundgedanken dieser Rechtsprechung entsprechend auch auf die variable Vergütung in regulierten Vergütungssystemen zu übertragen (vgl. Heimann/Stabenow BB 2021, 1844, 1847). Unter diesen Umständen trägt der Senat keine durchgreifenden Bedenken an der rechtlichen Zulässigkeit der hier verwendeten Bad-Leaver-Klausel; solche werden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
Rz. 28
(b) Hängt die Entstehung eines vermögenswerten Anspruchs aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis davon ab, dass das Beschäftigungsverhältnis des Begünstigten über den Stichtag hinaus bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fortbesteht, wird im Zugewinnausgleich in den meisten Fällen nicht vom Vorliegen einer rechtlich geschützten Anwartschaft ausgegangen werden können. Denn eine der Bewertung zugängliche Prognose, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen das Beschäftigungsverhältnis des Begünstigten in der Zukunft enden wird, lässt sich bei stichtagsbezogener Sichtweise in der Regel nicht stellen (vgl. Hauß FamRB 2023, 222, 223). Eine gesicherte und ausgleichsfähige Rechtsposition wird in solchen Fällen nur dann vorliegen, wenn der künftige Anspruch des Begünstigten selbst bei einer vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bereits in einer Weise geschützt ist, dass er ihm nur noch unter außergewöhnlichen Umständen genommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 534/12 - FamRZ 2014, 368 Rn. 27 zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters). So liegt der Fall hier nicht. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zurückbehaltungszeitraum unter den Voraussetzungen eines Bad Leavers - Kündigung des Arbeitgebers wegen Pflichtverletzung, nicht nach Ziffer A. 4 Abs. 3 CIP privilegierte Eigenkündigung des Arbeitnehmers - ist jedenfalls nicht so fernliegend, dass sie außer Betracht gelassen werden könnte.
Rz. 29
(c) Der vom Beschwerdegericht angeführte Aspekt der Vererblichkeit gebietet insoweit keine andere Beurteilung. Dabei kann es dahinstehen, ob - wie das Beschwerdegericht meint - künftige Ansprüche auf Zahlungen aus dem LTI auf die Erben des begünstigten Arbeitnehmers übergehen, wenn dieser während des Zurückbehaltungszeitraums stirbt (so wohl auch Annuß in Annuß/Früh/Hasse Institutsvergütungsverordnung Versicherungsvergütungsverordnung § 20 InstitutsVergV Rn. 6). Unabhängig davon, dass die Vererblichkeit einer vermögenswerten Rechtsposition weder hinreichende noch notwendige Voraussetzung für eine Berücksichtigung im Zugewinnausgleich ist, würde im vorliegenden Fall erst mit dem Tod des Arbeitnehmers endgültig feststehen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht mehr unter den anspruchsschädlichen Voraussetzungen eines Bad Leavers enden kann. Selbst wenn man hiernach davon ausgehen wollte, dass dem Erben des verstorbenen Arbeitnehmers eine rechtlich geschützte Anwartschaft auf Zahlungen aus dem LTI nach Ablauf der Deferral Period anwächst, lässt sich daraus gerade nicht schließen, dass eine solche Rechtsposition bereits zu Lebzeiten des Arbeitnehmers am Stichtag bestanden hätte.
Rz. 30
(5) Schließlich kann auch nicht unbeachtet bleiben, dass keine Zahlungen aus dem LTI geleistet werden, wenn der Bonuspool während des Zurückbehaltungszeitraums wegen eines negativen Geschäftserfolgs der Bank oder des Konzerns oder wegen Nichterfüllung bestimmter Anforderungen an die Eigenkapital- oder Liquiditätsausstattung der Bank vollständig gestrichen wird. Da nach der für die Vergütungsvereinbarung gewählten rechtlichen Konstruktion in diesen Fällen der Anspruch aus dem LTI bereits nicht zur Entstehung gelangt (Ziffer B. V. 14.1 CIP und Ziffer B. III. 6 CIP), spricht auch dieser Umstand dafür, vor dem Ablauf der Deferral Period noch nicht von einer ausreichend verfestigten Rechtsposition auszugehen, die einer rechtlich geschützten Anwartschaft vergleichbar wäre.
III.
Rz. 31
Die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts kann daher im Umfang der Anfechtung keinen Bestand haben. Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG), weil eine weitere Sachaufklärung nicht mehr erforderlich ist. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts zu den sonstigen Positionen in der Ausgleichsbilanz lassen Rechtsfehler nicht erkennen; solche werden auch nicht geltend gemacht. Die Ehefrau hat danach einen Zugewinn in Höhe von 4.255.070,45 € erzielt. Der Zugewinn des Ehemanns beläuft sich demgegenüber auf 1.487.554,76 €, wenn man die vom Beschwerdegericht in seinem Endvermögen berücksichtigten Vergütungsansprüche aus dem LTI wieder herausrechnet. Damit beläuft sich die Ausgleichsforderung auf 1.383.757,84 €.
Rz. 32
Insoweit wird von einer weiteren Begründung der Entscheidung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, weitergehend zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Guhling |
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Klinkhammer |
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Botur |
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Krüger |
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Recknagel |
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Fundstellen
Haufe-Index 15984101 |
DB 2024, 1550 |
DStR 2023, 12 |