Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfe zum schweren Raub
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. Juni 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum schweren Raub zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
Die Revision beanstandet zu Recht die Verletzung des § 250 Satz 2 StPO.
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung – ebenso wie schon im Ermittlungsverfahren – Angaben zur Sache verweigert. Am zweiten Verhandlungstag wurde daraufhin „im Wege des Urkundsbeweises” der Schriftsatz seines Verteidigers vom 4. Februar 2000 verlesen. In diesem Schriftsatz hatte der Verteidiger im Ermittlungsverfahren unter anderem für den Angeklagten Angaben zum Tatgeschehen gemacht, die das Landgericht in dem angefochtenen Urteil seiner Beweiswürdigung zu Grunde gelegt hat.
2. Diese Verfahrensweise verstößt gegen § 250 Satz 2 StPO. Zwar können schriftliche Erklärungen, die der Angeklagte im anhängigen Verfahren zu der gegen ihn erhobenen Beschuldigung abgibt, verlesen werden, auch wenn er später Angaben verweigert. Dies gilt jedoch nur für schriftliche Erklärungen, die der Angeklagte selbst abgegeben hat (vgl. BGHSt 39, 305, 306). Hat er sich gegenüber einer anderen Person geäußert und hat diese die Äußerung schriftlich festgehalten, so handelt es sich bei deren Wiedergabe um eine Erklärung dieser Person; diese ist daher über ihre Wahrnehmungen bei der Unterredung mit dem Angeklagten zu vernehmen (§ 250 Satz 1 StPO). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die niederschreibende Person der Verteidiger ist (BGH aaO). Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte sich des Verteidigers nur „als Schreibhilfe” bedient hat (vgl. hierzu BGHSt 39, 305, 307), bestehen nicht. Ebensowenig kann festgestellt werden, daß durch eine Erklärung des Angeklagten oder des Verteidigers klargestellt worden ist, daß der Angeklagte die in dem Schriftsatz vom 4. Februar 2000 enthaltenen Äußerungen zum Tatgeschehen als eigene Einlassung verstanden wissen wollte (vgl. BGH NStZ 1990, 447). Der Umstand, daß – wie das Landgericht ausführt – weder der Angeklagte noch der Verteidiger Einwendungen gegen die Sachverhaltsdarstellung in dem verlesenen Schriftsatz erhoben haben, genügt hierfür nicht.
3. Das Landgericht hat den Schuldspruch maßgeblich auf die Sachdarstellung des Verteidigers in dem verlesenen Schriftsatz gestützt; es hat diesen Gesichtspunkt seiner Beweiswürdigung vorangestellt. Der Senat kann daher trotz der im übrigen rechtsfehlerfrei aufgezeigten, für eine Beteiligung des Angeklagten an dem Raubüberfall sprechenden gewichtigen Beweisanzeichen, nicht mit Sicherheit ausschließen, daß das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Athing, Ernemann, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 668067 |
NStZ 2002, 555 |
wistra 2002, 154 |