Leitsatz (amtlich)
Die Beförderung eines Beamten nach dem Ende der Ehezeit hat auf die Bewertung seiner während der Ehe erworbenen Versorgungsanwartschaft keinen Einfluß. Das gilt auch dann, wenn der Beamte bei der Beförderung mit in die Ehezeit hineinreichender Rückwirkung in eine Planstelle der höheren Besoldungsgruppe eingewiesen wird.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 1 S. 1; VAHRG § 10a Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BHO § 49 Abs. 2
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG |
AG Eckernförde |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. September 1994 in Nr. 2 des Entscheidungssatzes aufgehoben.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Eckernförde vom 24. Dezember 1993 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der Wasser- und Schiffahrtsdirektion West – Pensionsfestsetzungs- und -regelungsbehörde im Dienstbereich des Bundesministeriums für Verkehr – werden auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein – Versicherungs-Nr. …………… – Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 192,29 DM, bezogen auf den 29. Februar 1992, begründet.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Gründe
I.
Die Parteien haben am 28. Mai 1982 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin) ist dem Ehemann (Antragsgegner) am 7. März 1992 zugestellt worden. Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Ehe vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich geschieden; das Urteil ist rechtskräftig.
In der Ehezeit (1. Mai 1982 bis 29. Februar 1992, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Darüber hinaus bestehen für den Ehemann Versorgungsanwartschaften bei der Wasser- und Schiffahrtsdirektion West (weitere Beteiligte zu 3). Bei Ehezeitende war er Regierungssekretär und wurde nach der Besoldungsgruppe A 6 besoldet. Am 11. März 1992 wurde der Ehemann zum Regierungsobersekretär ernannt und mit Wirkung zum 1. Januar 1992 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 7 eingewiesen. Den auf die Ehezeit entfallenden Anteil seiner Versorgungsanwartschaft hat die Beteiligte zu 3 alternativ mit 424,73 DM – ausgehend von der Besoldungsgruppe A 6 (Auskunft vom 26. Mai 1993) – bzw. mit 446,62 DM – ausgehend von der Besoldungsgruppe A 7 (Auskunft vom 27. Oktober 1993) – errechnet.
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, daß es zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der Beteiligten zu 3 monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 203,23 DM auf dem Versicherungskonto der Ehefrau begründet hat. Dabei hat es die auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 7 errechnete höhere Anwartschaft des Ehemannes in die Ausgleichsbilanz eingestellt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 3 hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 3 ihren Rechtsstandpunkt weiter, daß die Versorgungsanwartschaft des Ehemannes zu hoch bewertet worden sei, weil nur die Besoldungsgruppe A 6 zugrunde gelegt werden könne. Sie beantragt, ein Quasi-Splitting nur in Höhe von monatlich 192,29 DM durchzuführen.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Ansicht, in den Versorgungsausgleich sei die Versorgungsanwartschaft des Ehemannes einzubeziehen, die auf seiner Beförderung vom Regierungssekretär zum Regierungsobersekretär beruhe, im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Höhe der für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Versorgung richte sich zwar grundsätzlich nach der bei Ehezeitende gegebenen Lage. Soweit jedoch nach diesem Zeitpunkt aufgrund von Umständen tatsächlicher Art bis zur letzten Tatsacheninstanz bleibende Änderungen eingetreten seien, die einen anderen Ehezeitanteil der Versorgungsanrechte ergäben, dürfe der Tatrichter diese Entwicklung nach dem Rechtsgedanken des § 10 a VAHRG berücksichtigen. Infolgedessen müsse vorliegend die Versorgungsanwartschaft des Ehemannes herangezogen werden, die aus seiner Beförderung herrühre, auch wenn letztere erst am 11. März 1992 erfolgt sei. Der Ehemann sei nämlich mit rückwirkender, in die Ehezeit hineinreichender Wirkung in eine Planstelle der höheren Besoldungsgruppe eingewiesen worden. Die hierin liegende Veränderung sei mithin nicht erst nach dem Ende der Ehezeit, sondern bereits in der Ehezeit eingetreten, so daß sich rückwirkend betrachtet ein anderer Ehezeitanteil ergebe.
2. Das begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts. Für die Berechnung der Versorgungsanwartschaft eines Beamten ist nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB von dem Betrag auszugehen, der sich im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als Versorgung ergäbe. Damit ist wie in § 1587 Abs. 2 BGB das Ende des vorhergehenden Monats, also das Ehezeitende im Sinne jener Vorschrift, gemeint (Senatsbeschluß BGHZ 82, 66, 70). Es kommt mithin grundsätzlich auf die Besoldung des Ehemannes am 29. Februar 1992 an. Seit Einführung des Abänderungsverfahrens nach § 10 a VAHRG sind jedoch auch nachehezeitliche, auf individuellen Verhältnissen beruhende Änderungen, die einen anderen Ehezeitanteil der Versorgung ergeben, aus Gründen der Verfahrensökonomie bereits bei der Erstentscheidung zu berücksichtigen, um ein späteres Abänderungsverfahren zu vermeiden (st.Rspr. seit Senatsbeschluß vom 6. Juli 1988 – IV b ZB 151/84 – FamRZ 1988, 1148, 1150 f.).
b) Insoweit ist allerdings zwischen tatsächlichen nachehezeitlichen Veränderungen der Versorgungshöhe, die rückwirkend den ehezeitbezogenen Wert ändern, und solchen, die keinen Bezug zum ehezeitlichen Erwerbstatbestand aufweisen, zu unterscheiden. Letztere bleiben außer Betracht, da das Versorgungsausgleichssystem an dem Grundsatz des ehezeitbezogenen Erwerbs festhält. Der Stichtag des Ehezeitendes bleibt daher weiterhin maßgebend für die variablen Bemessungsgrundlagen einer Versorgung, z.B. erreichte Besoldungs- oder Tarifgruppen, Dienstaltersstufen, Einkommenshöhe, Bemessungsgrundlagen in der gesetzlichen Rentenversicherung oder in berufsständischen Versorgungen (Senatsbeschluß vom 25. September 1991 – XII ZB 161/88 – FamRZ 1991, 1421, 1424; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 3. Aufl. § 1587 Rdn. 37). Dem Stichtagsprinzip widerspricht es daher, die nachehezeitlich erfolgte Beförderung eines Beamten im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (Senatsbeschlüsse vom 13. Mai 1987 – IV b ZB 118/82 – FamRZ 1987, 918, 919 m.N. und vom 28. September 1994 – XII ZB 178/93 – FamRZ 1995, 27; Johannsen/Henrich/Hahne aaO; BGB-RGRK/Wick 12. Aufl. § 1587 a Rdn. 33; MünchKomm/Eißler 3. Aufl. § 1587 a Rdn. 42; Staudinger/Rehme BGB 1998 § 1587 a Rdn. 93 und 142; Soergel/Minz BGB 12. Aufl. § 10 a VAHRG Rdn. 8; Borth Versorgungsausgleich 2. Aufl. 2. Kap. Rdn. 62). Etwas anderes gilt nur bei einer rückwirkenden Änderung der Besoldung, die auf einer gesetzlichen Änderung beruht (Borth aaO; Senatsbeschluß vom 28. September 1994 aaO). Darum geht es vorliegend indessen nicht.
c) Die Beförderung des Ehemannes vom Regierungssekretär zum Regierungsobersekretär ist erst nach dem Ende der Ehezeit erfolgt. Zur Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung – also zu einer Beförderung (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 BLV) – bedarf es einer Ernennung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 BBG). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BBG). Die Ernennung wird mit dem Tag der Aushändigung der Ernennungsurkunde wirksam, wenn nicht in der Urkunde ausdrücklich ein späterer Tag bestimmt ist. Eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt ist unzulässig und insoweit unwirksam (§ 10 Abs. 2 BBG).
Der Ehemann ist durch Aushändigung der Ernennungsurkunde am 11. März 1992 zum Regierungsobersekretär ernannt worden. Die Beförderung ist somit erst an diesem Tage wirksam geworden. Daß der Ehemann – ebenfalls am 11. März 1992 – mit Wirkung vom 1. Januar 1992 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 7 eingewiesen worden ist, führt – entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts – nicht zu einer Änderung des ehezeitbezogenen Versorgungserwerbs. Versorgungsanwartschaften auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 7 hat der Ehemann gleichwohl erst mit der Wirksamkeit der Ernennung zum Regierungsobersekretär erworben. Wenn er am 29. Februar 1992 in den Ruhestand versetzt worden wäre, hätten ihm nur Versorgungsbezüge der Besoldungsgruppe A 6 zugestanden.
Nach § 49 Abs. 2 BHO kann nur derjenige, der als Beamter befördert wird, mit Wirkung vom Ersten des Monats, in dem seine Ernennung wirksam geworden ist, in die entsprechende, zu diesem Zeitpunkt besetzbare Planstelle eingewiesen werden. Er kann mit Rückwirkung von höchstens drei Monaten, zum Ersten des Monats, in eine besetzbare Planstelle eingewiesen werden, wenn er während dieser Zeit die Obliegenheiten dieses oder eines gleichwertigen Amtes wahrgenommen und die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die Beförderung erfüllt hat. Daß hier die rückwirkende Einweisung in die Planstelle erfolgen konnte, war somit von der Beförderung des Ehemannes abhängig, also von einem für die variablen Bemessungsgrundlagen der Versorgung maßgebenden Umstand, der sich erst nach dem Ehezeitende realisiert hat. Schon aus diesem Grund kann aus der – nachehezeitlich vorgenommenen – rückwirkenden Einweisung in eine Planstelle des Beförderungsamtes nichts dafür hergeleitet werden, daß eine nach dem Ende der Ehezeit erfolgte Beförderung zu berücksichtigen ist. Darauf, ob schon in der Ehezeit Vorbereitungen für die künftige Beförderung getroffen worden sind und welchen Grad an Sicherheit für deren tatsächliche Vornahme diese Maßnahmen vermittelt haben, kommt es nicht an (Senatsbeschluß vom 13. Mai 1987 aaO S. 919 f.).
Daher ist in den Versorgungsausgleich die Versorgungsanwartschaft des Ehemannes einzubeziehen, die sich unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 6 als der bei Ehezeitende maßgeblichen Besoldungsgruppe ergibt. Den betreffenden Wert hat die Beteiligte zu 3 mit monatlich 424,73 DM errechnet. Bedenken gegen die Richtigkeit der erfolgten Berechnung sind nicht ersichtlich. Auch die Parteien und die weiteren Beteiligten haben insofern keine Einwendungen erhoben.
3. Damit beläuft sich der Wertunterschied der Versorgungsanrechte beider Parteien auf 384,57 DM. In Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes, also in Höhe von 192,29 DM, sind gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgungsanrechte des Ehemannes Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung auf dem Versicherungskonto der Ehefrau zu begründen.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 609845 |
FamRZ 1999, 157 |
FuR 1999, 80 |
NJW-RR 1999, 227 |
NJWE-FER 1999, 77 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 1998, 1264 |
DÖD 1999, 143 |
MDR 1999, 99 |
DVBl. 1999, 312 |
ZNotP 1999, 37 |