Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 11.02.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11. Februar 2003 wird das vorgenannte Urteil
- im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte im Fall B I. 1. a) der Urteilsgründe des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie in den Fällen B I. 1. b) und B I. 2. jeweils des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist,
- im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen „gewerbsmäßigen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen” zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat zum Teil Erfolg.
I.
In den Fällen B I. 1. a) und b) sowie B I. 2. der Urteilsgründe halten die Schuldsprüche einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Im Fall B I. 1. a) hat das Landgericht den Beschwerdeführer des „gewerbsmäßigen Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen” schuldig gesprochen. Soweit bei diesen Taten dem Betäubungsmittelerwerb neben dem tateinheitlich verwirklichten Handeltreiben eigenständige Bedeutung zukommt, fehlt es den Feststellungen zufolge jedoch an einem gewerbsmäßigen Handeln des Beschwerdeführers.
Dieser behielt danach ungefähr die Hälfte des von ihm erworbenen Rauschgifts zum Eigenkonsum, während er die andere Hälfte mit hohen Aufschlägen an andere Endabnehmer weiterveräußerte und mit den dadurch erzielten Gewinnen seinen Lebensunterhalt, insbesondere seinen Drogenkonsum, bestritt (UA S. 5). Soweit der Beschwerdeführer das Heroin zum Eigenverbrauch erworben hat, scheidet ein gewerbsmäßiges Handeln aus, weil der Erwerb nicht darauf gerichtet war, dem Beschwerdeführer eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen; soweit der Heroinankauf der gewinnbringenden Weiterveräußerung diente, geht der Erwerb als unselbständiger Teilakt im Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auf. Seinen Betäubungsmittelhandel hat der Beschwerdeführer zwar gewerbsmäßig betrieben und damit das Regelbeispiel des § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG verwirklicht; die Anwendung einer Strafzumessungsvorschrift kommt im Schuldspruch aber nicht zum Ausdruck (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2002, 656). Der Schuldspruch ist deshalb dahin abzuändern, daß der Beschwerdeführer im Fall B I. 1. a) des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, schuldig ist.
2. In den Fällen B I. 1. b) und B I. 2. tragen die Feststellungen nicht den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Danach erwarb der Beschwerdeführer von dem gesondert verfolgten H. jeweils 10 g Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 20 % Heroinhydrochlorid (UA S. 6, 13), wovon die Hälfte zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war (UA S. 5). Der Wirkstoffanteil dieses hälftigen Anteils belief sich auf ca. 1,0 g Heroinhydrochlorid und blieb damit deutlich unterhalb der Grenze der nicht geringen Menge von 1,5 g. Dem Beschwerdeführer kann deshalb in diesen beiden Fällen nur Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zur Last gelegt werden; die Schuldsprüche waren entsprechend abzuändern.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsfolgenausspruch verfällt in vollem Umfang der Aufhebung.
1. Die in den Fällen B I. 1. a) und b) sowie B I. 2. verhängten Einzelstrafen sind aufzuheben, weil die Strafkammer, wie sich aus den Darlegungen oben zu I. 2 ergibt, bei diesen Taten von einem zu großen Schuldumfang ausgegangen ist. Der Wegfall von insgesamt 22 Einzelstrafen hat die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge. Die verbleibenden vier Einzelstrafen hebt der Senat ebenfalls auf, um dem neuen Tatrichter eine in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen.
2. Auch soweit das Landgericht von einer Unterbringung des Beschwerdeführers in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB abgesehen hat, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Den Feststellungen zufolge war der Beschwerdeführer spätestens ab Januar 2002 schwer heroinabhängig; mit den begangenen Straftaten finanzierte er vor allem seinen Drogenkonsum (UA S. 5). Trotzdem hat das Landgericht nicht geprüft, ob eine Unterbringung des Beschwerdeführers nach § 64 StGB veranlaßt ist, was auch der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zum Antrag des Generalbundesanwalts ausdrücklich beanstandet. Dieser Erörterungsmangel macht eine neue tatrichterliche Prüfung der Maßregelanordnung erforderlich.
Unterschriften
Tolksdorf, Miebach, Winkler, Becker, Hubert
Fundstellen