Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 27.01.2020; Aktenzeichen 42 Js 1504/19 1 KLs) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ulm vom 27. Januar 2020, soweit es ihn betrifft, aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen aufrecht erhalten.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung von sichergestellten Betäubungsmitteln angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Rz. 2
Nach den Feststellungen unterstützte der Angeklagte am 14. Juni 2019 den nicht revidierenden Mitangeklagten B. bei der Veräußerung von 796 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 350,8 Gramm Kokainhydrochlorid durch Mitwirkung an der Übergabe der Betäubungsmittel an den Käufer. Der Angeklagte wurde am Tattag von dem weiteren nicht revidierenden Mitangeklagten A. und dem Mitangeklagten B. in dessen Fahrzeug zu Hause abgeholt und fuhr mit diesen gemeinsam zum Übergabeort, der Raststätte S. in U.. Auf dem dortigen Parkplatz holte der Angeklagte auf Aufforderung des Mitangeklagten B. den Karton mit dem Kokain aus dem Kofferraum des Fahrzeugs und übergab diesen an den Käufer.
Rz. 3
Im Rahmen einer am selben Tag durchgeführten Durchsuchung wurden in der Wohnung des Angeklagten insgesamt 22,110 Gramm Kokainzubereitung (Wirkstoffgehalt mindestens 16,3 Gramm Kokainhydrochlorid), 6,6 Gramm Marihuana und 1,6 Gramm Tabak-Marihuana-Gemisch sichergestellt. Diese Betäubungsmittel waren für seinen Eigenkonsum bestimmt.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen bleiben, weil sich die konkurrenzrechtliche Bewertung als tateinheitlich begangene Straftaten als unzutreffend erweist.
Rz. 5
Nach den Feststellungen bezogen sich die Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben und der Besitz auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen, die nicht aus demselben Verkaufsvorrat stammten. Auch hat der Angeklagte an dem übergebenen Kokain keinen eigenen Besitz begründet. Bei dieser Sachlage handelt es sich um zwei selbständige Taten, die im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehen. Tateinheit zwischen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und Besitz der Betäubungsmittel besteht dann, wenn der Besitz derselben dem Handeltreiben dient (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2016 – 4 StR 170/16 Rn. 6 und vom 4. Februar 2014 – 3 StR 447/13 Rn. 1 mwN; BeckOK BtMG/Becker, 8. Ed., § 29 BtMG Rn. 142). Zudem kann Tateinheit dann in Betracht kommen, wenn die Betäubungsmittel, auf die sich die Beihilfe zum Handeltreiben und der Besitz beziehen, aus derselben Betäubungsmittelmenge stammen oder sonst eine innere Verknüpfung zwischen den Taten besteht. So liegt der Fall hier nicht.
Rz. 6
Der Senat sieht sich gehindert, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch zu ändern, da nicht ausgeschlossen erscheint, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme von Tateinheit begründen könnten.
Rz. 7
2. Auch der Strafausspruch begegnet rechtlichen Bedenken. Sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinn hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten die erhebliche Menge des Kokains gewertet, die der Angeklagte auf dem Parkplatz übergab und die in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Dabei hat es nicht berücksichtigt, dass der Angeklagte sich hinsichtlich dieser Betäubungsmittel und damit des ganz überwiegenden Teils der Gesamtmenge lediglich einer Beihilfe (zum Handeltreiben) schuldig gemacht hat. Das Landgericht hat damit rechtsfehlerhaft nicht erkennbar gemacht, dass maßgeblich für die Einordnung der Schuld eines Gehilfen das Gewicht seiner Beihilfehandlung ist, wenn auch die Schwere der Haupttat mit zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 2014 – 1 StR 664/13 Rn. 5 und vom 19. März 2003 – 2 StR 530/02 Rn. 3 jeweils mwN). Es hat hier – bezogen auf den ganz überwiegenden Teil der Gesamtmenge – rechtsfehlerhaft entscheidend auf das Gewicht der Haupttat und weniger auf die Bedeutung des Tatbeitrags des Angeklagten abgestellt.
Rz. 8
3. Die zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und werden von der Aufhebung nicht umfasst (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Unterschriften
Raum, Jäger, Bellay, Hohoff, Pernice
Fundstellen
Haufe-Index 14255100 |
StV 2021, 443 |