Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 31.05.2011) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 31. Mai 2011 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Der Angeklagte wurde wegen eines Überfalls auf den Kellner und den letzten Gast eines Lokals unter anderem wegen versuchten Mordes am Kellner zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Seine Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat bemerkt zur Bewertung der Feststellungen, die zum Verhalten des Angeklagten beim Verlassen des Tatorts angefallen sind:
Rz. 2
1. Der Angeklagte und ein früherer Mitangeklagter hatten den Kellner in der Toilette zunächst mit heftigen Faustschlägen ins Gesicht zu Boden gestreckt; der Angeklagte schlug dann fünfmal dessen Kopf „mit voller Wucht auf den harten Fliesenboden”, der Mitangeklagte nahm den Geldbeutel weg. Der Angeklagte drohte dem Kellner ständig, ihn umzubringen, wenn er nicht sage, wo weiteres Geld ist. Ein weiterer Mitangeklagter kam hinzu und schlug mit einem Hammer auf den Kellner ein. Am Ende blieb dieser mit massiven Verletzungen blutüberströmt und gefesselt zurück, der Angeklagte drohte ihm zuletzt noch, er solle ja nicht folgen, sonst werde er sterben.
Rz. 3
2. Lägen keine weiteren Erkenntnisse vor, hätten die genannten Äußerungen ausdrückliche Erörterungen gebieten können zu dem von der Strafkammer angenommenen (bedingten) Tötungsvorsatz ebenso wie vor allem zu der vom Generalbundesanwalt aufgeworfenen Frage, ob der Angeklagte beim Verlassen des Tatorts möglicherweise geglaubt haben könnte, noch nicht alles für die Tötung Erforderliche getan zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2001 – 3 StR 231/01), sodass er – unbeschadet etwaiger Besonderheiten wegen der Mitwirkung mehrerer Täter, die gleichzeitig den Tatort verließen – allein durch das Absehen von weiteren Handlungen freiwillig vom Mordversuch zurückgetreten sein könnte.
Rz. 4
3. Die Strafkammer hat jedoch auf Grund der Angaben des Angeklagten und der Mitangeklagten (rechtsfehlerfrei) festgestellt, dass diese sich nach der Tat auf ihrer Flucht darüber unterhielten, „ob eines der Opfer [der Versuch eines Mitangeklagten, den Gast während des Überfalls zu ermorden, wurde dem Angeklagten nicht angelastet] … verstorben sein könnte”. Dies erhärtet die sich angesichts des ungewöhnlich brutalen Vorgehens ohnehin aufdrängende Annahme eines (bedingten) Tötungsvorsatzes schon bei der Tat und zeigt zugleich, dass der Angeklagte beim Verlassen des Tatorts zumindest für möglich hielt, dass der Geschädigte auf Grund der ihm bereits zugefügten Verletzungen sterben könnte. Eine andere Bewertung könnte nur bei erkennbaren Anhaltspunkten dafür in Betracht kommen, dass der Angeklagte erst später die Möglichkeit des Todes des Kellners erkannt haben könnte (zu derartigen Fallgestaltungen vgl. zum Vorsatz BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 1 StR 537/10; zum Rücktritt BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 StR 384/09; Urteil vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08). Dies ist nicht der Fall; bloß theoretische Möglichkeiten brauchte die Strafkammer auch nicht zu erörtern (BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11 mwN).
Rz. 5
4. Die Drohung des Angeklagten gegenüber dem Kellner, er werde sterben, wenn er sich rühren und ihm (dem Angeklagten) folgen würde, stellt sich daher nur als die Drohung des Angeklagten dar, den von ihm bisher – nur – billigend in Kauf genommenen Tod des Kellners, auf den es ihm also nicht entscheidend angekommen war, dann auf jeden Fall herbeizuführen. Den vorangegangenen bedingten Tötungsvorsatz stellt dies offensichtlich nicht in Frage. Entsprechendes gilt hinsichtlich eines Rücktritts. Allein der Verzicht darauf, durch weitere Gewalttätigkeit den auch schon auf Grund der bisherigen Gewaltanwendung für möglich gehaltenen Tod auf jeden Fall herbeizuführen, kann die Annahme eines Rücktritts durch bloßes Nicht-weiter-Handeln (Rücktritt vom unbeendeten Versuch) nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 2011 – 1 StR 20/11).
Rz. 6
Auch im Übrigen ist die Revision unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat.
Unterschriften
Nack, Wahl, Elf, Jäger, Sander
Fundstellen