Leitsatz (amtlich)
Für die vereinfachte Festsetzung von Kosten anwaltlicher Tätigkeit im Vollstreckungsverfahren gem. § 19 Abs. 1 BRAGO ist das Vollstreckungsgericht zuständig.
Normenkette
ZPO § 788 Abs. 2; BRAGO § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das AG Stuttgart als Vollstreckungsgericht bestimmt.
Gründe
I. Die antragstellenden Rechtsanwälte begehren die Festsetzung der Kosten gem. § 19 BRAGO gegen ihren Auftraggeber für ihre Tätigkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Nach Abgabe des Antrags vom AG Stuttgart als Vollstreckungsgericht an das LG Stuttgart als Prozessgericht haben sich sowohl das LG Stuttgart als auch das AG Stuttgart - mit Vorlage der Akten an das OLG Stuttgart zur Zuständigkeitsbestimmung - zur Entscheidung über den Antrag für unzuständig erklärt.
Das OLG hält das LG Stuttgart als Gericht des ersten Rechtszugs für zuständig, sieht sich an dieser Feststellung jedoch gehindert, weil das BayObLG (BayObLG JurBüro 2003, 326), das OLG Köln (OLG Köln v. 19.1.2000 - 17 W 421/99, MDR 2000, 1276) und das OLG Koblenz (OLG Koblenz JurBüro 2002, 199) ausschließlich das Vollstreckungsgericht als für die vereinfachte Festsetzung von Rechtsanwaltskosten für anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungshandlungen zuständig ansehen.
II. Die Vorlage ist zulässig.
Das zuständige Gericht ist zu bestimmen, weil die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 ZPO gegeben sind. Sowohl das AG Stuttgart als Vollstreckungsgericht wie auch das LG Stuttgart als Prozessgericht haben sich für unzuständig erklärt, die Kosten der antragstellenden Rechtsanwälte für ihre Tätigkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung gem. § 19 BRAGO festzusetzen. Das OLG Stuttgart möchte sich der in Teilen der Literatur vertretenen Ansicht anschließen, § 788 Abs. 2 ZPO lasse auch in seiner neuen Fassung die Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszugs für Festsetzungsklagen gem. § 19 Abs. 1 BRAGO unberührt. Damit will es von der Rechtsprechung der bereits genannten anderen OLG und des BayObLG abweichen.
III. Der Senat bestimmt das AG Stuttgart, also das Vollstreckungsgericht, als zuständiges Gericht.
1. Nach § 19 BRAGO soll für die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts das Gericht zuständig sein, das als Eingangsinstanz für das ihr zu Grunde liegende gerichtliche Verfahren sowie die Entscheidung über die daraus resultierende Kostentragung gem. §§ 91 ff. ZPO zuständig ist. Dies dient einer sinnvollen Konzentration der Zuständigkeit. Keine Rolle spielt dabei, dass sich die Parteien des Kostenfestsetzungsverfahrens nach den §§ 103 ff. ZPO und des Verfahrens zur Festsetzung der Vergütung nach § 19 BRAGO unterscheiden.
2. Die Zwangsvollstreckung ist ein eigenständiges, vom Erkenntnisverfahren unabhängiges Verfahren, für das grundsätzlich das Vollstreckungsgericht zuständig ist. Mit der seit dem 1.1.1999 geltenden Fassung des § 788 Abs. 2 ZPO hat der Gesetzgeber klargestellt, dass im Vollstreckungsverfahren das für gerichtliche Anordnungen zuständige Gericht über die Kosten der Zwangsvollstreckung entscheidet. Damit hat er entsprechend § 104 ZPO auch für den Bereich der Zwangsvollstreckung die Entscheidung über die Sache und die Kosten in eine Hand gelegt. Nach dem Rechtsgedanken des § 19 BRAGO ist dann regelmäßig das Vollstreckungsgericht auch für die Festsetzung der Anwaltsvergütung zuständig. Eine folgerichtige Ausnahme besteht in den Fällen einer Vollstreckung nach den §§ 887, 888 oder 890 ZPO, in denen das Prozessgericht des ersten Rechtszugs als Vollstreckungsgericht tätig wird und folglich auch gem. § 19 BRAGO die Vergütung des Rechtsanwalts festzusetzen hat. Eine derartige Ausnahme liegt hier jedoch nicht vor. Zuständig ist daher das AG Stuttgart als Vollstreckungsgericht, das im selbständigen Verfahren der Zwangsvollstreckung als "Gericht des ersten Rechtszugs" i.S.d. § 19 BRAGO anzusehen ist.
3. Dass § 788 Abs. 2 ZPO nur auf die §§ 103 Abs. 2, 104 und 107 ZPO und nicht auf § 19 BRAGO verweist, hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung. Diese Verweisung betrifft das vom Vollstreckungsgericht bei der Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung einzuhaltende Verfahren, nicht jedoch den Umfang der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts.
4. Der Senat verkennt nicht, dass es für einen Anwalt lästig sein kann, die Vergütung seiner Tätigkeit für das Erkenntnisverfahren beim Gericht des ersten Rechtszugs und diejenige für das Vollstreckungsverfahren beim Vollstreckungsgericht festsetzen zu lassen. Da nach § 19 BRAGO die Zuständigkeit zur Festsetzung der Vergütung aber gerade der Zuständigkeit für die Sachentscheidung und die Kostenfestsetzung folgen soll, ist dies als notwendige Konsequenz der Trennung zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren hinzunehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 1335953 |
NJW 2005, 1273 |
BGHR 2005, 883 |
FamRZ 2005, 883 |
JurBüro 2005, 421 |
InVo 2005, 292 |
MDR 2005, 832 |
Rpfleger 2005, 322 |
AGS 2005, 208 |
RVG-B 2005, 123 |
RVGreport 2005, 184 |
ProzRB 2005, 229 |
RVG-Letter 2005, 50 |