Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung des Verfahrens wegen Tod eines Verfahrensbeteiligten nach Eintritt der Rechtshängigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ist wegen des Todes einer Prozeßpartei die Aussetzung des Rechtsstreits angeordnet worden, so endet die Aussetzung, wenn ein zur Prozeßführung berechtigter Testamentsvollstrecker dem Gericht von seiner Bestellung schriftsätzlich Anzeige macht und das Gericht diese Anzeige der Gegenpartei zustellt. Über die Frage, ob der Testamentsvollstrecker nach den ihm übertragenen Aufgaben tatsächlich zur Prozeßführung befugt ist, kann indessen erst in dem weiteren Verfahren nach Ende der Aussetzung entschieden werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 239, 241, 243, 246; BGB §§ 2208, 2212

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. Oktober 1982 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 51 884,50 DM

 

Gründe

I.

Das Landgericht hat in dem Rechtsstreit zwischen dem Kläger und Dr. Eugen Sa. dessen Widerklage teilweise stattgegeben. Der Kläger hat am 18. Dezember 1981 Berufung eingelegt. Vor Ablauf der bis zum 18. März 1982 verlängerten Frist zur Begründung des Rechtsmittels ist der Beklagte verstorben. Aus diesem Grunde hat das Oberlandesgericht auf Antrag des Klägers durch Beschluß vom 12. Februar 1982 die Aussetzung des Rechtsstreits angeordnet. Mit Schriftsatz vom 22. Februar 1982, zugestellt am 24. März 1982, hat der Prozeßbevollmächtigte des verstorbenen Beklagten die Aufnahme des Verfahrens beantragt und "hilfsweise" Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluß eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, Alleinerbin des verstorbenen Beklagten sei die Dr. Eugen Sa. GmbH; der Erblasser habe Testamentsvollstreckung angeordnet; im Auftrag des Testamentsvollstreckers Kocher werde das Verfahren fortgesetzt.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers wegen Versäumung der Begründungsfrist als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich seine sofortige Beschwerde.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 519 b Abs. 2, §§ 547, 577 ZPO). Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht vertritt das Oberlandesgericht den Standpunkt, daß die Aussetzung des Berufungsverfahrens durch den am 24. März 1982 zugestellten Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des verstorbenen Beklagten vom 22. Februar 1982 beendet worden ist.

Aussetzungsgrund war der Tod des Beklagten (§ 246 Abs. 1 ZPO). In diesem Falle richten sich gemäß § 246 Abs. 2 ZPO die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243 ZPO ist ein zur Prozeßführung berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden, wie hier, so ist nach der dann maßgebenden Bestimmung des § 243 ZPO die Vorschrift des § 241 ZPO anwendbar. Danach endet die Aussetzung, wenn der Testamentsvollstrecker von seiner Bestellung dem Gericht Anzeige macht und das Gericht die schriftsätzliche Anzeige der Gegenpartei zustellt (§ 241 Abs. 1 und 2 ZPO). In dieser Weise aber ist verfahren worden: Der Prozeßbevollmächtigte des verstorbenen Beklagten hat dem Gericht angezeigt, daß Franz-Merten K. Testamentsvollstrecker ist und daß in dessen Auftrag der Rechtsstreit fortgesetzt wird. Diese Anzeige hat das Gericht dem Kläger zugestellt. Damit ist die Aussetzung des Verfahrens beendet worden.

Unerheblich ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten in dem die Anzeige enthaltenden Schriftsatz auch noch beantragt hat, das Verfahren "wieder aufzunehmen", und zudem "hilfsweise" Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluß eingelegt hat. Zwar muß die Erklärung über die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Rechtsstreits jeden Zweifel ausschließen, daß allein durch ihre Zustellung - und nicht erst durch eine gerichtliche Entscheidung - die Aufnahme bewirkt werden soll (BGH Urteil vom 21. Januar 1960, VIII ZR 198/59, LM ZPO § 240 Nr. 6); davon zu unterscheiden ist jedoch der hier gegebene Fall der Anzeige über die Bestellung eines Testamentsvollstreckers. Zeigt dieser seine Ernennung an, was in seinem Auftrag der Prozeßbevollmächtigte des verstorbenen Beklagten getan hat, so wird nach §§ 243, 241, 250 ZPO schon mit Zustellung dieser Anzeige die Aussetzung beendet, weil nun der Prozeßgegner der verstorbenen Partei weiß, wer für den Nachlaß handelt. Daher muß nur die Anzeige als solche eindeutig sein. Das aber ist sie auch dann, wenn sie mit dem Antrag an das Gericht verbunden wird, die Aufnahme auszusprechen.

Eine andere Frage ist, ob der Testamentsvollstrecker nach den ihm übertragenen Aufgaben tatsächlich zur Prozeßführung - hier für die Widerklage - befugt ist (§§ 2208, 2212 BGB). Darüber ist indessen erst in dem weiteren Verfahren nach Ende der Aussetzung zu entscheiden (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 41. Aufl. § 241 Anm. 4).

Da somit die Aussetzung durch Zustellung der Anzeige des Testamentsvollstreckers am 24. März 1982 beendet worden ist, hätte der Kläger seine Berufung in der mit diesem Zeitpunkt beginnenden Begründungsfrist (§ 249 Abs. 1 ZPO) begründen müssen. Das ist nicht geschehen. Die Berufung ist deshalb zu Recht als unzulässig verworfen worden. Sie richtet sich allerdings nicht, wie vom Oberlandesgericht angenommen, gegen die Erbin des verstorbenen Beklagten, sondern gegen den Testamentsvollstrecker, der als Partei kraft Amtes durch Anzeige seiner Bestellung in den Rechtsstreit eingetreten ist.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Thumm

Dr. Eckstein

Hagen

Linden

Räfle

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456292

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