Entscheidungsstichwort (Thema)
versuchter Mord
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten B wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 28. Januar 2000, soweit es diesen Angeklagten betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO
- wegen der Tat vom 5. Januar 1999 im Schuldspruch dahin abgeändert, daß die Verurteilung wegen tateinheitlichen versuchten Mordes entfällt,
- im Einzelstrafausspruch wegen dieser Tat und im Gesamtstrafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Revision, an eine für allgemeine Strafsachen zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Beschwerdeführer wegen schwerer Körperverletzung (zum Nachteil des Nebenklägers F) in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (zum Nachteil des Nebenklägers S – Tat vom 5. April 1998, Einzelstrafe: drei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe – und wegen gemeinschaftlich mit dem Nichtrevidenten G begangenen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (zum Nachteil des Zeugen K – Tat vom 5. Januar 1999, Einzelstrafe: sieben Jahre und sechs Monate – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision führt mit der Sachrüge zur Schuldspruchänderung im zweiten Fall sowie zur Aufhebung der zugehörigen Einsatzstrafe und der Gesamtstrafe; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Besetzungsrüge ist jedenfalls offensichtlich unbegründet. Soweit die auf Verletzung des § 265 Abs. 3 StPO gestützte Verfahrensrüge nicht durch den sachlichrechtlichen Teilerfolg der Revision gänzlich erledigt ist, erweist sie sich ebenfalls als unbegründet. Die Aufklärungsrüge ist unzulässsig. Die sachlichrechtliche Überprüfung des Schuldspruchs im ersten Fall ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Der zugehörige Einzelstrafausspruch erweist sich als rechtsfehlerfrei; ebenso läßt sich ausschließen, daß er von der Höhe der aufzuhebenden Einsatzstrafe mitbestimmt sein könnte. Schließlich ist auch die Ablehnung einer Maßregel nach § 64 StGB sachlichrechtlich nicht zu beanstanden.
Als rechtsfehlerfrei erweist sich auch der Schuldspruch wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung (in den Begehungsweisen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 StGB) im zweiten Fall. Hingegen hält die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes beim Beschwerdeführer sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Tatinitiative war vom Mitangeklagten ausgegangen, bei diesem lag die eigentliche Tatmotivation; der andere vollzog auch eigenhändig den – nicht besonders tiefgehenden, ohne tatsächlich lebensgefährliche Folgen gebliebenen – Messerstich in die Seite des Opfers. Allein die Billigung eines solchen Messereinsatzes des Mittäters durch den Beschwerdeführer vermag hier noch nicht hinreichend sicher zu belegen, daß er die hohe Hemmschwelle bis hin zur Billigung einer Tötung des Opfers überwunden hat (vgl. nur BGHR StGB § 212 Abs. 1 – Vorsatz, bedingter 8, 11, 13, 24, 32). Bei der gegebenen Beweislage ist auszuschließen, daß ein neuer Tatrichter insoweit weitergehend begründete tragfähige Feststellungen treffen könnte; der Senat ändert daher, wie letztlich auch vom Generalbundesanwalt beantragt, den Schuldspruch – mit der Folge des Wegfalls der Verurteilung wegen tateinheitlichen Mordes – von sich aus. Die Beweislage betreffend dem Mitangeklagten, der das – folglich gegen ihn abgekürzt gefaßte – Urteil nicht angefochten hat, ist nicht eindeutig gleich gelagert, so daß die Urteilsaufhebung nicht nach § 357 StPO auf diesen zu erstrecken ist.
Wegen des geänderten Strafrahmens zieht die Schuldspruchänderung die Aufhebung der Einsatzstrafe, diese die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Der Aufhebung zugehöriger Feststellungen, auch zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und zur Beeinträchtigung seiner Schuldfähigkeit bei Tatbegehung, bedarf es nicht. Der neue Tatrichter – nach Wegfall des heranwachsenden Mitangeklagten und des Schuldspruchs wegen eines Kapitalverbrechens die große Strafkammer nach § 74 Abs. 1 GVG – wird die Einzelstrafe für den zweiten Fall – naheliegend aus dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Normalstrafrahmen des durch vier Qualifikationsmerkmale verwirklichten § 224 Abs. 1 StGB – und die Gesamtstrafe allein auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen festzusetzen haben, die allenfalls durch neue widerspruchsfreie Feststellungen ergänzbar sind.
Unterschriften
Harms, Häger, Basdorf, Gerhardt, Raum
Fundstellen