Verfahrensgang
OLG München (Entscheidung vom 05.06.2023; Aktenzeichen 21 U 5683/22) |
LG München I (Entscheidung vom 02.08.2022; Aktenzeichen 41 O 11884/21) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Juni 2023 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. September 2023 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert beträgt bis 65.000 €.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Kläger wendet sich gegen die Verwerfung seiner Berufung.
Rz. 2
Der Kläger erwarb im Jahr 2019 ein Wohnmobil Hymercar Free 600. Das von der Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagte) hergestellte Basisfahrzeug ist mit einem 2,3-Liter-Dieselmotor ausgerüstet. Das Landgericht hat die auf die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen gestützte und im Wesentlichen auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage abgewiesen.
Rz. 3
Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht in Bezug auf die Beklagte als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung insoweit den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO nicht genüge. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 4
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Rz. 5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), denn der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger jedenfalls in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
Rz. 6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei nicht ordnungsgemäß begründet, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 7
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Darlegung, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger als unzutreffend bekämpft und welche rechtlichen oder tatsächlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Erforderlich und ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die aus der Sicht des Berufungsklägers den Bestand der angefochtenen Entscheidung gefährden. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein (vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. März 2024 - VIa ZB 15/23, juris Rn. 5 mwN).
Rz. 8
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 - VI ZB 68/19, WM 2020, 1847 Rn. 10; Beschluss vom 13. April 2021 - VI ZB 50/19, NJW-RR 2021, 789 Rn. 5; Beschluss vom 26. Januar 2023 - I ZB 64/22, juris Rn. 9; Beschluss vom 22. Mai 2023 - VIa ZR 56/23, juris Rn. 5; jeweils mwN). Dabei gebietet § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO keine inhaltliche Trennung der Angriffe nach den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung (BGH, Urteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00, NJW 2002, 682, 683; Beschluss vom 17. Oktober 2013 - V ZB 28/13, juris Rn. 8; Beschluss vom 23. November 2021 - XI ZB 9/21, juris Rn. 15). Den gesetzlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung ist auch bei einer auf mehrere selbständige Gründe gestützten klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung genügt, wenn der nur auf eine Begründung bezogene Angriff aus Rechtsgründen auch den anderen Abweisungsgrund im angefochtenen Urteil zu Fall bringt oder geeignet ist, das Urteil insgesamt in Frage zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 277/09, BGHZ 187, 311 Rn. 35; Urteil vom 18. Januar 2018 - IX ZR 31/15, WM 2018, 350 Rn. 7; Beschluss vom 28. Februar 2007 - V ZB 154/06, NJW 2007, 1534 Rn. 12; Beschluss vom 17. Oktober 2013, aaO; Beschluss vom 27. Mai 2021 - III ZB 41/20, FamRZ 2021, 1399 Rn. 8; Beschluss vom 26. Januar 2023, aaO, jeweils mwN).
Rz. 9
b) Nach diesen Maßstäben genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO.
Rz. 10
aa) Das Landgericht hat die Abweisung der Klage - soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse - auf die Erwägung gestützt, der Kläger habe weder das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausreichend dargelegt noch ein Verhalten oder Umstände aufgezeigt, die das Urteil der Sittenwidrigkeit und die Annahme rechtfertigten, die Verantwortlichen der Beklagten hätten Kenntnis von einer Schädigung gehabt. Darüber hinaus fehle es an einem hinreichend substantiierten Schaden auf Seiten des Klägers. Eine einen Schaden begründende Einschränkung des Klägers hinsichtlich der Nutzung des Fahrzeugs sei nicht hinreichend dargetan und von der Verletzung erheblicher wertbildender Faktoren daher nicht auszugehen. Denn zum einen entfalte die von der italienischen Kraftfahrtbehörde erteilte Zulassung Tatbestandswirkung, womit es derzeit de facto ausgeschlossen sei, dass die italienische Kraftfahrzeugbehörde entsprechende Rückrufe anordnen werde. Etwaige Maßnahmen des KBA seien daher ebenfalls nicht zu befürchten. Zum anderen erzielten zahlreiche Fahrzeugmodelle mit vergleichbarem Basisfahrzeug trotz entsprechender Lebensdauer, angeblich verbauter unzulässiger Abschalteinrichtungen und allgemeiner Abnutzungserscheinungen noch weit überdurchschnittliche Verkaufspreise auf dem Privatgebrauchtmarkt.
Rz. 11
bb) Mit dieser Argumentation des Landgerichts setzt sich die Berufungsbegründung des Klägers noch hinreichend auseinander. Der Berufungsbegründung lässt sich entnehmen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen der Kläger in dem konkreten Einzelfall die vom Landgericht für tragend gehaltenen Erwägungen für unrichtig erachtet.
Rz. 12
(1) Die Berufungsbegründung befasst sich - was auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel stellt - in inhaltlich zureichender Weise mit den Ausführungen des Landgerichts zum fehlenden Vorliegen von greifbaren Anhaltspunkten für unzulässige Abschalteinrichtungen, zur Sittenwidrigkeit und zur Kenntnis der für die Beklagte handelnden Personen.
Rz. 13
(2) Entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts setzt sich die Rechtsmittelbegründung ebenfalls im Einklang mit den verfahrensrechtlichen Begründungserfordernissen mit der weiteren tragenden Erwägung des Erstgerichts auseinander, es fehle an einem Schaden.
Rz. 14
(a) Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass der Kläger in seiner Berufungsbegründung auf den Abweisungsgrund des fehlenden Schadens nicht explizit eingegangen ist, sondern sich lediglich ausführlich mit den übrigen Abweisungsgründen auseinandergesetzt hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist weiteres auf den Schaden bezogenes Vorbringen für eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Berufungsbegründung jedoch nicht erforderlich gewesen. Denn der Angriff gegen die übrigen Abweisungsgründe richtet sich in der Sache auch gegen die vom Berufungsgericht für das Fehlen eines Schadens aufgeführten Gesichtspunkte.
Rz. 15
(aa) Die Berufungsbegründung verhält sich im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung und der Sittenwidrigkeit des Handelns der Beklagten näher dazu, dass die italienische Typgenehmigung keine Tatbestandswirkung entfalte (Berufungsbegründung Seite 12 ff. und 30 ff., GA III 612 ff., 630 ff.). Im Kontext des Erfordernisses einer Nachfristsetzung gegenüber der Beklagten zu 1 als Fahrzeugverkäuferin trägt der Kläger zudem dazu vor, dass und aus welchen Gründen ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug einen erheblichen Wertverlust erfahre (Berufungsbegründung Seite 9, GA III 609). Mit diesen Ausführungen werden zugleich auch die beiden vom Landgericht für das Fehlen eines Schadens angeführten tragenden Erwägungen (Tatbestandswirkung der Typgenehmigung und Werthaltigkeit des Fahrzeugs) hinreichend konkret auf den Streitfall zugeschnitten angegriffen und zu Fall gebracht.
Rz. 16
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts musste die Berufungsbegründung sich darüber hinaus nicht noch weitergehend mit den Ausführungen des Landgerichts befassen, wonach nicht jede Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit als Schaden angesehen werden könne, sondern auch die Verkehrsanschauung zu berücksichtigen sei, ob der Vertragsschluss als unvernünftig und den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig angesehen werden könne. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine weitere, gesondert anzugreifende tragende Begründung, sondern vielmehr um den vom Landgericht für die Beurteilung des Vorliegens eines Schadens zugrunde gelegten Maßstab, den es mit den Erwägungen zur Tatbestandswirkung der Typgenehmigung und zur Werthaltigkeit von Wohnmobilen ausgefüllt hat.
Rz. 17
Anders als die Beschwerdeerwiderung meint, beziehen sich die Ausführungen in der Berufungsbegründung auch nicht ausschließlich auf das Prozessrechtsverhältnis zu der Beklagten zu 1 als Verkäuferin des Fahrzeugs. Die Berufungsbegründung nimmt keine strikte Trennung nach Prozessrechtsverhältnissen oder Streitgegenständen vor, sondern geht unter den grundsätzlich die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte gegenüber der Beklagten zu 1 betreffenden Überschriften „Keine Fristsetzung erforderlich“ und „Sachmangel“ ausdrücklich auch auf das Prozessrechtsverhältnis des Klägers zu der Beklagten ein.
Rz. 18
(b) Die Berufungsbegründung enthält überdies hinreichenden Vortrag zu den für das Vorliegen eines Schadens erforderlichen Voraussetzungen.
Rz. 19
(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht der Schaden im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung in der Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung, durch die der Käufer eine Leistung erhält, die für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 48). Für den Schadenseintritt genügt schon die rechtliche Möglichkeit einer Nutzungsbeschränkung, die mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 42).
Rz. 20
(bb) Im Einklang mit dieser Rechtsprechung legt der Kläger in der Berufungsbegründung dar, dass trotz der Typgenehmigung das „Risiko einer künftigen Stilllegung“ des Fahrzeugs bestehe (Berufungsbegründung Seite 11 und 14, GA III 611, 614), da auch die italienischen Behörden die Situation jederzeit neu bewerten könnten. Die den Käufer an der gewöhnlichen Verwendung hindernde Beschaffenheit liege bereits in der durch die unzulässige Abschalteinrichtung hervorgerufenen Möglichkeit eines entsprechenden behördlichen Eingreifens (Berufungsbegründung Seite 35, GA III 635 Abs. 4) und führe zum Vorliegen einer ungewollten Vermögensdisposition (Berufungsbegründung Seite 12, GA III 612). Zusammenfassend weist der Kläger darauf hin, die Beklagte habe ihm nach § 249 BGB den entstandenen Schaden zu ersetzen (Berufungsbegründung Seite 46, GA III 646).
Rz. 21
(c) In der Zusammenschau der Angriffe gegen die einen Schaden verneinenden Argumente des Landgerichts und der Darlegung der einen Schaden begründenden Voraussetzungen hat der Kläger in der Berufungsbegründung mithin hinreichend deutlich gemacht, dass er entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vom Vorliegen eines Schadens ausgeht und aufgrund welcher Umstände er die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils in Frage stellt. Damit hat er die selbständig tragende Erwägung des Landgerichts, es liege kein Schaden vor, zu Fall gebracht.
Rz. 22
3. Etwas anderes ergibt sich - abweichend von der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung - auch nicht aus dem allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität.
Rz. 23
a) Der Subsidiaritätsgrundsatz fordert, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 285/09, WuM 2011, 178 Rn. 10; Urteil vom 14. Juni 2018 - III ZR 54/17, BGHZ 219, 77 Rn. 37; Urteil vom 18. November 2020 - VIII ZR 123/20, NJW-RR 2021, 76 Rn. 67; Beschluss vom 28. März 2019 - IX ZR 147/18, juris Rn. 4; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 15; jeweils mwN). Dieser Grundsatz ist nicht auf das Verhältnis zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit beschränkt, sondern gilt auch im Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020, aaO; Beschluss vom 10. Mai 2022 - VI ZB 4/20, NJW-RR 2022, 998 Rn. 13). Denn einer Revision kommt bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten auch die Funktion zu, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen. Daher sind für ihre Beurteilung die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde führen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 296 f.; Beschluss vom 10. Mai 2022, aaO). Nichts anderes gilt für das Rechtsbeschwerdeverfahren (BGH, Beschluss vom 14. September 2021 - VI ZB 30/19, NJW-RR 2021, 1507 Rn. 12; Beschluss vom 12. Januar 2022 - VII ZB 37/21, juris Rn. 7; Beschluss vom 10. Mai 2022, aaO; Beschluss vom 31. Juli 2023 - VIa ZB 25/22, juris Rn. 11).
Rz. 24
b) Ein diesbezügliches Versäumnis ist dem Kläger vorliegend jedoch nicht anzulasten. Er hat die Möglichkeit, auf den Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Stellung zu nehmen, mit seinem Schriftsatz vom 22. Mai 2023 genutzt. Hierin hat er ausgeführt, dass sich die Berufungsbegründung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts mit dem Argument des fehlenden Schadens auseinandergesetzt habe. Dazu hat er unter Verweis auf das Vorbringen in der Berufungsbegründung erneut zur aus seiner Sicht fehlenden Tatbestandswirkung der Typgenehmigung und zur allgegenwärtigen Gefahr einer Betriebsuntersagung vorgetragen und wiederholend darauf hingewiesen, dass eine Wertminderung des Fahrzeugs im Raum stehe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung musste der Kläger darüber hinaus die von ihm in der Berufungsbegründung angeführten Argumente für einen Wertverlust von vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen nicht nochmals im Einzelnen darlegen oder konkret Bezug auf diese nehmen. Denn der Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO ging - unzutreffend und vom Kläger in seiner Stellungnahme insoweit angegriffen - lediglich pauschal dahin, die Berufungsbegründung habe sich in keiner Weise mit dem Abweisungsgrund eines fehlenden Schadens befasst. Darauf, dass ein Angriff gegen die selbständig tragende Erwägung des Landgerichts, vom Abgasskandal betroffene Wohnmobile erlitten durch diesen keinen Wertverlust, fehlte, hat das Berufungsgericht schon deshalb nicht mit der gebotenen Deutlichkeit hingewiesen, weil es einen diesbezüglichen Angriff ersichtlich nicht vermisst hat (vgl. zum Erfordernis eines unmissverständlichen Hinweises BGH, Beschluss vom 22. März 2023 - V ZR 128/22, NJW-RR 2023, 718 Rn. 13). So hat es die vermeintlich fehlende Auseinandersetzung des Klägers mit der Verneinung eines Schadens im Rahmen der Zurückweisung der Berufung nicht darauf gestützt, die Berufungsbegründung befasse sich nicht mit der Erwägung des Landgerichts zu den für Wohnmobile auf dem Privatgebrauchtmarkt zu erzielenden Verkaufspreisen. Von dem Kläger kann aber nicht erwartet werden, in seiner Stellungnahme nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf in der Berufungsbegründung gehaltenen Vortrag einzugehen, den das Berufungsgericht nicht als fehlend erachtet und auf den sich folglich auch der Hinweis nicht erstreckt hat.
Rz. 25
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung bedurfte es in der Stellungnahme zum Hinweisbeschluss auch keiner konkreteren Bezeichnung des in der Berufungsbegründung gehaltenen Vortrags unter Angabe der genauen Fundstellen, um den Anforderungen des Subsidiaritätsgrundsatzes gerecht zu werden. Denn die von der Beschwerdeerwiderung angeführten strengeren Darlegungsanforderungen an eine Gehörsrüge im Revisionsverfahren (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 16) beruhen auf der Vorschrift des § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO und deren Zweck, der Entlastung des Revisionsgerichts zu dienen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 - IV ZR 67/54, BGHZ 14, 205, 209 f.; MüKoZPO/Krüger, 6. Aufl. 2020, ZPO § 551 Rn. 1). Sie sind nicht auf die Stellungnahme zu einem Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO übertragbar.
III.
Rz. 26
Gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sich die Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 577 Abs. 3 ZPO. Ob und inwieweit die Berufung des Klägers mit der gegebenen Begründung in der Sache Erfolg haben kann, ist keine Frage der Zulässigkeit der Berufung, sondern ihrer Begründetheit. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht insbesondere die Maßgaben des Urteils des Senats vom 27. November 2023 (VIa ZR 1425/22, juris) beachten.
Möhring Götz Rensen
Wille Vogt-Beheim
Fundstellen
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