Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführende Werbung über Tätigkeiten eines selbstständigen Buchhalters
Leitsatz (redaktionell)
Mit der Verwendung der Begriffe „Buchführungsbüro”, „Finanzbuchhaltung”, „Lohn- und Gehaltsbuchhaltung”, „Buchhaltung” und „Buchführung” kann in Anzeigen in Zeitungen und im Internet der irreführende Eindruck entstehen, ein selbstständiger Buchhalter sei berechtigt, über die ihm nach § 6 Nr. 4 StBerG gestattete Tätigkeit hinaus weitere Tätigkeiten wie das Einrichten einer Buchführung einschließlich der Einrichtung der Finanzbuchhaltung und der Lohnbuchhaltung, das Erstellen eines Kontenplans oder Arbeiten im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses zu übernehmen.
Normenkette
StBerG §§ 3, 5, 6 Nr. 4, § 8 Abs. 4
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 15.03.2016; Aktenzeichen I-4 U 113/15) |
LG Bielefeld (Entscheidung vom 21.07.2015; Aktenzeichen 15 O 54/15) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. März 2016 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Rz. 1
I. Die Klägerin ist die Steuerberaterkammer W.. Der Beklagte erbringt als selbständiger Buchhalter Dienstleistungen auf dem Gebiet des betrieblichen Rechnungswesens. Er warb am 25. Oktober 2014 in einer Zeitungsanzeige und am 28. Oktober 2014 im Internet für seine Dienstleistungen.
Rz. 2
Die Klägerin hält die Aussagen des Beklagten in seiner Werbung für irreführend. Sie hat den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Rz. 3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben, wobei das Berufungsgericht den Tenor wie folgt gefasst hat:
Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei der Werbung für seine Tätigkeit als selbständiger Buchhalter den Eindruck zu erwecken, er dürfe geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die über den Kreis der ihm als selbständigen Buchhalter erlaubten Arbeiten hinausgeht, wie geschehen
- in der Kleinanzeige im „M.” vom 25.10.2014 (Anlage K14)
- im Internetauftritt des Beklagten www.….de (Anlage K2) in den Werbetexten unter den Menüpunkten „Über das Buchführungsbüro” (Seite 3 der Anlage K2), „Finanzbuchhaltung / Leistungsumfang” (Seite 7 der Anlage K2), „Finanzbuchhaltung / Kostenstellen, Kostenträger” (Seite 16 der Anlage K2) und „DATAC24 / Die Zukunft der Buchhaltung” (Seite 31 der Anlage K2) und durch die Angabe der Unternehmensbezeichnung „DATAC Buchführungsbüro G.” in der Kopfzeile jeder einzelnen zum Internetauftritt gehörenden Internetseite.”
Rz. 4
Mit der angestrebten Revision möchte der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Rz. 6
1. Die Zulassung der Revision ist insbesondere nicht deshalb veranlasst, weil der Unterlassungsantrag der Klägerin und die entsprechende Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend bestimmt wären (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).
Rz. 7
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – I ZR 239/14, GRUR 2016, 702 Rn. 14 = WRP 2016, 874 – Eligard; Urteil vom 21. Juli 2016 – I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 11 = WRP 2016, 1221 – LGA tested, jeweils mwN).
Rz. 8
b) Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, Inhalt und Reichweite des Unterlassungstenors des Berufungsurteils seien weder hinreichend bestimmt noch bestimmbar.
Rz. 9
aa) Die Verbotsumschreibung im Klageantrag, die sich auf eine Werbung bezieht, die „den Eindruck erweckt”, der Beklagte biete ihm nicht erlaubte Hilfe in Steuersachen an, ist im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot allerdings grundsätzlich zu beanstanden (vgl. Teplitzky/Schwippert, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 51 Rn. 8e). Eine solche Umschreibung beruht auf einer rechtlich erst vorzunehmenden Beurteilung im Einzelfall, ob tatsächlich der behauptete Eindruck erweckt wird; dies führt zur Unzulässigkeit des Klageantrags (BGH, Urteil vom 9. April 1992 – I ZR 179/90, GRUR 1992, 561 = WRP 1992, 560 – Unbestimmter Unterlassungsantrag II).
Rz. 10
bb) Im Streitfall lässt sich jedoch im Wege der Auslegung ein vollstreckungsfähiger Inhalt der Verurteilung des Beklagten gerade noch ermitteln. Aus dem im Berufungsurteil wiedergegebenen erstinstanzlichen Klageantrag der Klägerin und den Entscheidungsgründen lässt sich entnehmen, in welcher Weise der Beklagte den von der Klägerin beanstandeten irreführenden Eindruck erweckt. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte rufe durch die Verwendung der Begriffe „Buchführungsbüro”, „Finanzbuchhaltung”, „Lohn- und Gehaltsbuchhaltung”, „Buchhaltung” und „Buchführung” den irreführenden Eindruck hervor, er sei berechtigt, über die ihm nach § 6 Nr. 4 StBerG gestattete Tätigkeit hinaus weitere Tätigkeiten wie das Einrichten einer Buchführung einschließlich der Einrichtung der Finanzbuchhaltung und der Lohnbuchhaltung, das Erstellen eines Kontenplans oder Arbeiten im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses zu übernehmen. Die Begründung dafür, weshalb diese Begriffe im Streitfall im Kontext der in Rede stehenden Werbung als irreführend anzusehen sind, sind dem im Berufungsurteil wiedergegebenen Inhalt der Werbung, aus den in Bezug genommenen Anlagen und den Entscheidungsgründen ausreichend konkret zu entnehmen.
Rz. 11
c) Weitere Gesichtspunkte, unter denen die Bestimmtheit des Klageantrags zweifelhaft sein könnte, macht die Beschwerde nicht geltend.
Rz. 12
2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Rz. 13
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Büscher, Schaffert, Löffler, Schwonke, Feddersen
Fundstellen
Dokument-Index HI10682299 |