Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde
Tenor
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der im Jahre 1944 geborene Antragsteller wurde – nachdem frühere Zulassungen zurückgenommen bzw. widerrufen worden waren – zuletzt wieder im September 1992 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt beim Amtsgericht und Landgericht B. zugelassen. Durch Verfügung vom 19. Januar 2000 hat die Antragsgegnerin die Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den hiergegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. Juli 2000 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist beim Bundesgerichtshof anhängig. Durch Verfügung vom 24. April 2001 hat die Antragsgegnerin gemäß § 16 Abs. 6 Satz 2 BRAO die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung vom 19. Januar 2000 angeordnet. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 5. Mai 2001, eingegangen am 31. Mai 2001, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner sofortigen Beschwerde beantragt.
II.
Der Antrag ist gemäß § 16 Abs. 6 Satz 5 BRAO zulässig; er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Im Zeitpunkt der Anordnung der sofortigen Vollziehung lagen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 6 Satz 2 BRAO vor; daran hat sich bis heute nichts geändert.
1. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Widerrufsverfügung Bestandskraft erlangen wird. Ein Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Ziffer 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Das war im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung der Fall. Daß sich seine Vermögensverhältnisse danach gebessert haben, hat der Antragsteller bisher nicht dargetan. In seiner Antragsschrift vom 5. Mai 2001 hat er vielmehr vorgetragen, die Zahlungsunfähigkeit mehrerer Schuldner habe zu seinem Vermögensverfall – der danach als solcher nicht bestritten wird – beigetragen. Ist ein Rechtsanwalt in Vermögensverfall, werden dadurch die Interessen der Rechtsuchenden regelmäßig gefährdet. Daß dies in seinem Fall ausnahmsweise anders sei, hat der Antragsteller bisher nicht dargetan.
2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege geboten (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfGE 44, 105, 121; 48, 292, 296, 298; BGH, Beschl. v. 2. Juni 1993 – AnwZ (B) 27/93, BRAK-Mitt. 1993, 171; v. 14. März 1994 – AnwZ (B) 9/94, BRAK-Mitt. 1994, 176, 177; v. 19. Juni 1998 – AnwZ (B) 38/98, BRAK-Mitt. 1998, 235, 236). Soweit die Anordnung darauf gestützt ist, das Amtsgericht – Insolvenzgericht – B. habe am 17. Januar 2001 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers mangels Masse abgewiesen und der Antragsteller bestreite seinen Lebensunterhalt durch Leistungen der Sozialhilfe, ist allerdings eine konkrete Gefahr für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege, die es geboten erscheinen läßt, jede weitere anwaltliche Tätigkeit des Antragstellers mit sofortiger Wirkung zu unterbinden, nicht ersichtlich. Die angegebenen Umstände unterstreichen für sich allein lediglich das Vorliegen eines Vermögensverfalls. Die Antragsgegnerin hat aber darüber hinaus darauf hingewiesen, gegen den Antragsteller sei ein seit dem 7. März 2001 rechtskräftiger Strafbefehl ergangen, mit welchem er wegen Veruntreuung von Mandantengeldern zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. Ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Veruntreuung aus einem Mandatsverhältnis sei bei der Generalstaatsanwaltschaft anhängig. Diese Angaben hat der Antragsteller nicht substantiiert bestritten.
Danach ist die sofortige Vollziehung des Widerrufs – obwohl diese Maßnahme für den in schwierigen persönlichen und finanziellen Verhältnissen lebenden Antragsteller fraglos einschneidende Wirkungen hat – zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden geboten. Denn vor dem Hintergrund des im vorstehenden beschriebenen, sich verschärfenden Vermögensverfalls macht das Strafverfahren deutlich, daß Fremdgelder bei dem Antragsteller konkret gefährdet sind. Solange der Antragsteller als Anwalt tätig ist, kann nicht verhindert werden, daß solche Fremdgelder in seine Hand gelangen.
Unterschriften
Hirsch, Fischer, Ganter, Otten, Schott, Wüllrich, Frey
Fundstellen
Haufe-Index 614757 |
BRAK-Mitt. 2002, 36 |