Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 25.04.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 25. April 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
- soweit der Angeklagte wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden ist (Fall II.1 der Urteilsgründe),
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt sowie eine Gaspistole nebst Magazin und ein Klappmesser eingezogen. Die Revision des Angeklagten, mit welcher er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Ablehnung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung im Fall II. 1 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte die Angestellte einer Lotto-Annahmestelle, die Zeugin V., mit einer (ungeladenen) Gaspistole bedrohen und zur Herausgabe von Geld zwingen. Beim Überfall führte er neben der Gaspistole in seiner Jackentasche ein Klappmesser mit sich. Verletzen wollte der Angeklagte niemanden. Als die Verkäuferin trotz des Vorhalts der Gaspistole der zweimaligen Aufforderung des Angeklagten, Geld herauszugeben, nicht nachkam, steckte der Angeklagte, der erkannt hatte, daß das Tatopfer ihm „allein aufgrund der vorgehaltenen Pistole kein Geld aushändigen würde” (UA 10), die Gaspistole wieder ein und verließ das Ladenlokal.
Das Landgericht hat einen Rücktritt vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung verneint, da der Versuch fehlgeschlagen sei. Das Vorhaben, sich mittels eines Überfalls Geld zu beschaffen, sei am Widerstand der Verkäuferin gescheitert. Die Tat habe nach der Vorstellung des Angeklagten, der der Zeugin nichts habe antun wollen, daher „nicht mehr wie geplant” ausgeführt werden können (UA 15).
Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt dann nicht vor, wenn der Täter die Tat, wie er weiß, mit den bereits eingesetzten oder anderen zur Hand liegenden einsatzbereiten Mitteln noch vollenden kann (st. Rspr.; BGHSt 35, 90, 94; BGH StraFo 2001, 68; BGH NStZ-RR 2003, 40). Letzteres ist nach den getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen. Das Klappmesser, welches der Angeklagte bereits beim Überfall in seiner Jackentasche mit sich führte, setzte er bei seiner späteren Verfolgung durch den Polizeibeamten K. als weiteres Drohmittel neben der Gaspistole ein. Es liegt deshalb nicht fern, daß er auch der Bedrohung der Zeugin V. durch den zusätzlichen Einsatz des Messers größeren Nachdruck hätte verleihen und sie auf diese Weise noch zur Herausgabe des Geldes hätte veranlassen können. Wenn der Angeklagte im Bewußtsein dieser Möglichkeit, wofür sein späteres Verhalten gegenüber dem Polizeibeamten K. spricht, von der weiteren Tatausführung Abstand nahm, hätte ein freiwilliger und damit strafbefreiender Rücktritt vom unbeendeten Versuch der schweren räuberischen Erpressung vorgelegen. Hiermit hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt.
Die Feststellungen ergeben auch nicht, daß sich der Angeklagte aus anderen Gründen an der Vollendung der Tatausführung gehindert sah. Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, daß er nach den Hilferufen der Zeugin V. (irrig) davon ausging, der Ladeninhaber halte sich in einem nicht einsehbaren Teil des Geschäfts auf. Hätte er wegen der Befürchtung, eine weitere Person werde hinzukommen, keine Möglichkeit mehr gesehen, sein Vorhaben mit Erfolg zu verwirklichen, läge ein freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch nicht vor (vgl. BGH GA 1980, 25 f.). Die Strafkammer hat insoweit jedoch keine abschließenden Feststellungen getroffen. Sie hat vielmehr in Anbetracht der von ihr vertretenen Rechtsauffassung diese Frage für nicht entscheidungserheblich erachtet und sie daher offen gelassen (UA 15).
2. Da die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II. 1 auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich zieht, kommt es auf den vom Generalbundesanwalt zutreffend aufgezeigten Widerspruch bei der Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe im Tenor des Urteils einerseits und den Urteilsgründen andererseits nicht an.
3. Von der teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs wird die Anordnung der Einziehung der Gaspistole nebst Magazin und des Klappmessers nicht berührt, da diese Gegenstände auch Tatmittel der von der Aufhebung nicht erfaßten versuchten Nötigung (Fall II. 2 der Urteilsgründe) waren.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Kuckein, Athing, Sost-Scheible
Fundstellen