Leitsatz (amtlich)
Zur Bewertung von Anrechten der Bayerischen Ärzteversorgung, die vor/seit dem 1.1.1985 begründet worden sind.
Normenkette
BarwertVO i.d.F. der 2. VO zur Änderung der BartwertVO v. 26.5.2003 (BGBl. I, 728); BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 4c, Abs. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Beschluss vom 23.10.2000; Aktenzeichen 16 UF 78/00) |
AG Ulm |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG Stuttgart v. 23.10.2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das OLG zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 511 EUR (= 1.000 DM)
Gründe
I.
Die am 14.8.1970 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am 17.4.1997 zugestellten Antrag der Ehefrau (Antragstellerin) durch Verbundurteil des AG - FamG - v. 28.12.1999 (insoweit rechtskräftig seit 18.4.2000) geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt.
Während der Ehezeit (1.8.1970 bis 31.3.1997; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarb die am 3.11.1946 geborene Ehefrau Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Verfahrensbeteiligte zu 1), BfA) i.H.v. 512,54 DM, monatlich und bezogen auf den 31.3.1997. Der am 16.6.1940 geborene Ehemann erwarb während der Ehezeit Rentenanwartschaften bei der Bayerischen Ärzteversorgung, und zwar bis zum 31.12.1984i.H.v. (16.472,76 DM: 12 =) 1.372,73 DM und seit dem 1.1.1985i.H.v. weiteren (13.134,99 DM: 12 =) 1.094,58 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 31.3.1997.
Das AG hat die bis zum 31.12.1984 erworbenen Versorgungsanrechte des Mannes bei der Bayerischen Ärzteversorgung als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch angesehen und anhand der BarwertVO i.d.F. der Verordnung v. 22.5.1984 (BGBl. I, 692) in volldynamische Anrechte i.H.v. 608,12 DM monatlich und bezogen auf den 31.3.1997 umgerechnet. Die seit dem 1.1.1985 erworbenen Anrechte des Ehemannes bei der Bayerischen Ärzteversorgung hat es als in beiden Stadien dynamisch angesehen und mit ihrem Nominalbetrag in die Ausgleichsbilanz eingestellt. Den Versorgungsausgleich hat das AG sodann dahin geregelt, dass es zu Lasten der bei der Bayerischen Ärzteversorgung bestehenden Anrechte des Ehemannes für die Ehefrau Rentenanwartschaften bei der BfA begründet hat, und zwar aus dem bis zum 31.12.1984 erworbenen (nicht-volldynamischen) Teil der Versorgung des Ehemannes i.H.v. 212,53 DM und aus dem seit dem 1.1.1985 erworbenen (volldynamischen) Teil dieser Versorgung i.H.v. 382,55 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 31.3.1997. Das OLG ist der Berechnung des AG gefolgt und hat die Beschwerde der Ehefrau zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde rügt die Ehefrau die Anwendung der BarwertVO (i.d.F. der Verordnung v. 22.5.1984, BGBl. I, 692).
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
1. Zu Recht hat das OLG die bis zum 31.12.1984 erworbenen Versorgungsanrechte des Ehemannes bei der Bayerischen Ärzteversorgung als im Anwartschaftsteil statisch bewertet, da sich ihre Höhe aus einem Vom-Hundert-Satz (20 %) der geleisteten Beiträge ergibt (BGH, Beschl. v. 27.10.1982 - IVb ZB 537/80, BGHZ 85, 194 = MDR 1983, 210; v. 21.9.1988 - IVb ZB 70/85, MDR 1989, 50 = FamRZ 1988, 1254 [1255]; v. 28.9.1994 - XII ZB 82/93, MDR 1995, 176 = FamRZ 1994, 1583 [1584]). Auch die weitere Beschwerde erinnert hiergegen nichts.
2. Die danach erforderliche Umwertung dieser Anrechte hat das OLG mit Hilfe der BarwertVO a.F. vorgenommen. Das entsprach der Rechtslage im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung (vgl. BGH v. 5.9.2001 - XII ZB 121/99, BGHZ 148, 351 = MDR 2001, 1411 = BGHReport 2001, 914). Mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung (v. 26.5.2003, BGBl. I, 728) hat der Verordnungsgeber die Barwertbildung allerdings inzwischen auf eine neue Grundlage gestellt. Die Neufassung trägt den Bedenken des Senats gegen die bisherige Fassung der BarwertVO Rechnung und ist jedenfalls derzeit nicht zu beanstanden (BGH, Beschl. v. 23.7.2003 - XII ZB 152/01, BGHReport 2003, 1332 = FamRZ 2003, 1639). Die Umrechnung der Versorgungsanwartschaft des Ehemannes bei der Bayerischen Ärzteversorgung hat deshalb nunmehr anhand der Neufassung der Barwertverordnung zu erfolgen (zur Maßgeblichkeit des zur Zeit der Entscheidung geltenden Rechts auch für die Höhe des Versorgungsausgleichs vgl. etwa BGH, Beschl. v. 9.2.2000 - XII ZB 24/96, MDR 2000, 644 = FamRZ 2000, 748 [749]).
3. Die angefochtene Entscheidung kann danach nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag allerdings in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Das OLG ist davon ausgegangen, dass die bis zum 31.12.1984 erworbenen Anrechte des Ehemannes bei der Bayerischen Ärzteversorgung im Leistungsstadium dynamisch und die dort seit dem 1.1.1985 erworbenen Anrechte sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium dynamisch sind, ihr Wert also in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert einer Versorgung der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung (offen gelassen in BGH v. 21.9.1988 - IVb ZB 70/85, MDR 1989, 50 = FamRZ 1988, 1254 [1255]; v. 28.9.1994 - XII ZB 82/93, MDR 1995, 176 = FamRZ 1994, 1583 [1584]). Diese für die Zeit ab 1.1.1985 vorgenommene Bewertung des OLG beruht auf Mitteilungen der Bayerischen Ärzteversorgung v. 7.8.1997 über die in den Jahren 1986 bis 1997 erfolgten Anpassungen der Anwartschaften und Leistungen. Diese Übersicht erscheint für eine aktuelle Beurteilung der Versorgungsentwicklung nicht mehr hinreichend aussagekräftig. Der Senat hält es deshalb für geboten, die Entwicklung der Bayerischen Ärzteversorgung anhand zeitnaher Daten zu überprüfen. Hinsichtlich der Frage, welche Steigerungsraten einer Versorgung die Annahme rechtfertigen, dass der Wert dieser Versorgung in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert einer Versorgung der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung, verweist der Senat auf seinen Beschluss v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03 (BGH v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1174) (zur Dynamik von Anrechten der VBL). Die Zurückverweisung gibt zugleich Gelegenheit, auch die auf Grund einer Auskunft der BfA v. 17.7.1998 ermittelte Höhe der dort von der Ehefrau erworbenen Versorgungsanwartschaft anhand einer aktuellen Auskunft der BfA zu kontrollieren.
Fundstellen
Haufe-Index 1288736 |
BGHR 2005, 376 |
FamRZ 2005, 188 |
FuR 2005, 191 |
NJW-RR 2005, 441 |
MDR 2005, 453 |
MedR 2005, 159 |
ZFE 2005, 58 |