Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergewaltigung
Tenor
1. Das Verfahren wird gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II 5 der Urteilsgründe wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts wird das Verfahren gemäß § 154 a Abs. 2 StPO
- im Fall II 14 der Urteilsgründe hinsichtlich der im Straßenverkehr begangenen Straftat auf den Vorwurf der Nötigung sowie
- in den Fällen II 16 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der versuchten Nötigung
beschränkt.
3. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 7. Juli 1999
- im Schuldspruch dahin neu gefaßt, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen, Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, wegen Nötigung, versuchter Nötigung in zwei Fällen und wegen Bedrohung verurteilt ist,
- im Ausspruch über die Anrechnung der in den Niederlanden erlittenen Auslieferungshaft dahin klargestellt, daß diese im Maßstab 1:1 auf die Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
5. Der Beschwerdeführer hat die übrigen Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Vergewaltigung in zwei Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, wegen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, wegen fahrlässigen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung und wegen Bedrohung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchter Nötigung”, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und bestimmt, daß „die von dem Angeklagten in der Zeit vom 23.12.1998 bis 07.02.1999 in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft auf die Strafe angerechnet (wird)”. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
1. Der Senat stellt auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren ein, soweit der Angeklagte im Fall II 5 der Urteilsgründe wegen der auf der Insel Mallorca (Spanien) begangenen versuchten gefährlichen Körperverletzung zu der Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden ist. Im Fall II 14 beschränkt der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts die Verfolgung der im Straßenverkehr begangenen Straftat gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der Nötigung zum Nachteil von Roland G.. Ergänzend bemerkt der Senat, daß der tateinheitlich abgeurteilte gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr in der vom Landgericht angenommenen Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination des § 315 b Abs. 4 StGB nicht zum Schuldspruch wegen fahrlässiger Begehung, sondern zur Verurteilung wegen Vorsatztat hätte führen müssen (§ 11 Abs. 2 StGB). Schließlich beschränkt der Senat das Verfahren in den beiden Fällen II 16 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der versuchten Nötigung; nach der bisherigen Rechtsprechung tritt die Drohung auch hinter der nur versuchten Nötigung zurück (BGHR StGB § 240 Abs. 3 Konkurrenzen 2; dagegen Maatz NStZ 1995, 209, 212 f.).
2. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 5. November 1999. Allerdings ist der Ausspruch über die Anrechnung der in den Niederlanden erlittenen Auslieferungshaft dahin – wie vom Landgericht gewollt (UA 17, 39) – klarzustellen, daß die gesamte Dauer der Auslieferungshaft im Maßstab 1:1 auf die Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird. Ein anderer Umrechnungsmaßstab kommt nicht in Betracht.
3. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Die Beschränkung in den Fällen II 14 und 16 läßt die maßvollen Einzelstrafen unberührt. Der Senat schließt angesichts der Vielzahl und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen auch aus, daß das Landgericht ohne die von der Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO im Fall II 5 verhängte Einzelfreiheitsstrafe auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.
4. Die Abfassung der Urteilsgründe geben dem Senat Anlaß zu dem Hinweis, daß insbesondere bei einer Vielzahl von Taten – wie hier – die Verständlichkeit der Urteilsgründe erheblich leidet, wenn die Ordnungsziffern der festgestellten Taten im Abschnitt II der Urteilsgründe weder bei der Beweiswürdigung, noch bei der rechtlichen Würdigung und auch nicht bei der Strafzumessung (Abschnitte III, IV und V) aufgeführt werden, sondern sie dort gänzlich fehlen. Die Prüfung wird hier zusätzlich dadurch erschwert, daß in den Urteilsgründen bei der Sachverhaltsschilderung einerseits auch die vom Landgericht nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Fälle unter eigenen Ordnungsziffern wiedergegeben werden, andererseits teilweise mehrere rechtlich und tatsächlich unterschiedliche Fälle unter einer einzigen Ordnungsziffer (Fälle II 14 der Urteilsgründe) zusammengefaßt werden. Eine derartige Unübersichtlichkeit birgt auch die Gefahr sachlich-rechtlicher Mängel in sich, die den Bestand des Urteils gefährden können. Es empfiehlt sich deshalb, innerhalb eines Urteils einheitlich Ordnungsziffern für die einzelnen abgeurteilten Fälle jeweils bei dem Sachverhalt, der Beweiswürdigung, der rechtlichen Würdigung und der Strafzumessung zu verwenden (BGH, Beschluß vom 9. Dezember 1998 – 3 StR 558/98; ferner Kroschel/Meyer-Goßner Die Urteile in Strafsachen 26. Aufl. S. 74 ff.).
Unterschriften
Meyer-Goßner, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen