Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Fristversäumung. Verschulden. Urteilsverkündung. Kenntnis. Reiseantritt. Sorgfaltspflichten
Leitsatz (amtlich)
Eine Partei, die in Kenntnis eines bereits ergangenen Urteils eine Reise antritt, muss noch vor der Abreise Kontakt mit ihrem Prozessbevollmächtigten aufnehmen, ihn jedenfalls über die bevorstehende Abwesenheit unterrichten und sicherstellen, dass rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zumindest telefonisch eine Entscheidung über die - ggf. vorsorgliche - Einlegung des Rechtsmittels getroffen werden kann.
Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Celle vom 31.5.2007 wird zurückgewiesen.
Gründe
[1] Der am 24.7.2007 eingegangene und mit der Nichtzulassungsbeschwerde verbundene Wiedereinsetzungsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger war nicht ohne sein Verschulden verhindert, die am 6.7.2007 abgelaufene Frist zur Einlegung der Beschwerde einzuhalten.
[2] Das ergibt sich bereits aus seinem eigenen Vortrag: Er habe in der mündlichen Verhandlung vom 11.5.2007 den Eindruck eines für ihn ungünstigen Prozessverlaufs gewonnen. Deshalb sei er in einem Gespräch mit seinem Prozessbevollmächtigten vom 14.5.2007 übereingekommen, bei einer erfolglosen Berufung alle Rechtsmittel bis zum BGH auszuschöpfen, zunächst aber das Urteil abzuwarten. Am 1.6.2007, dem Tag nach der Verkündung, habe er fernmündlich von dem negativen Ergebnis erfahren, das schriftliche Urteil könne aber eventuell vier Wochen dauern. Er habe daraufhin die Sekretärin seines Prozessbevollmächtigten gebeten, das Urteil nach Eingang schnell zu übersenden, damit sofort Rechtsmittel dagegen eingelegt würden. Am 9.6.2007 sei er telefonisch darüber informiert worden, dass in sein Haus in Brasilien eingebrochen worden sei, wegen der Gefahr der Entwendung der gesamten Einrichtung müsse er sofort kommen. Die Flugtickets habe er am 10.6.2007 gekauft, am 18.6.2007 sei er abgeflogen und am 16.7.2007 zurückgereist. Von dem - mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18.6.2007 an ihn abgesandten - schriftlichen Urteil habe er erst nach der Rückkehr Kenntnis nehmen können. Bis zur Abreise habe er sich keine Sorgen darüber gemacht, zumal er das Schriftstück erst zum Monatsende erwartet und die Angelegenheit bei seinem Prozessbevollmächtigten in besten Händen zu wissen geglaubt habe.
[3] Dieser Vortrag ist nicht geeignet, die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde zu entschuldigen. Eine Partei, die in Kenntnis eines bereits ergangenen Urteils eine Reise antritt, muss noch vor der Abreise Kontakt mit ihrem Prozessbevollmächtigten aufnehmen, ihn jedenfalls über die bevorstehende Abwesenheit unterrichten und sicherstellen, dass rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zumindest telefonisch eine Entscheidung über die - ggf. vorsorgliche - Einlegung des Rechtsmittels getroffen werden kann. Bleibt die Partei stattdessen untätig, trifft sie ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden, weil sie nicht die Sorgfalt aufgewendet hat, die man verständigerweise von ihr erwarten konnte (vgl. BGH, Beschl. v. 24.7.2000 - II ZB 22/99, NJW 2000, 3143 unter II; v. 19.12.1994 - II ZR 174/94, VersR 1995, 810 unter 2, jeweils m.w.N.). So liegt es hier, weil es dem Kläger möglich und zumutbar war, in der Zeit zwischen dem 9. und dem 18.6.2007 mit seinem Prozessbevollmächtigten Kontakt aufzunehmen, dem das Berufungsurteil bereits am 6.6.2007 zugestellt worden war, und mit diesem die für die rechtzeitige Einlegung der Beschwerde erforderlichen Absprachen zu treffen.
Fundstellen