Leitsatz

Ein Mandat, der in Kenntnis eines bereits ergangenen Urteils eine Reise antritt, muss vorher Kontakt mit seinem Prozessbevollmächtigten aufnehmen, um sicherzustellen, dass vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eine Entscheidung über die Einlegung des Rechtsmittels getroffen werden kann.

 

Sachverhalt

Der Mandant hatte mit seinem Wiedereinsetzungsantrag bezüglich der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das für ihn negative Berufungsurteil keinen Erfolg. Der Tatsachenvortrag des Klägers bzw. den des Anwalts, warum der Kläger die Frist versäumt hatte, überzeugte den BGH nicht. Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz den Eindruck eines für ihn ungünstigen Prozessverlaufs gewonnen und mit seinem Prozessbevollmächtigten abgesprochen, bei einer erfolglosen Berufung alle Rechtsmittel bis zum BGH auszuschöpfen, zunächst aber das Urteil abzuwarten.

Am Tag nach der Verkündung (1.6.2007) hatte er fernmündlich von dem negativen Ergebnis erfahren, bis zur schriftlichen Urteilsbegründung könne es aber evtl. 4 Wochen dauern. Er hatte daraufhin die Sekretärin seines Prozessbevollmächtigten gebeten, das Urteil nach Eingang schnell zu übersenden, damit sofort Rechtsmittel dagegen eingelegt würde. Einige Tage später wurde er telefonisch darüber informiert, dass in sein Haus in Brasilien eingebrochen worden sei und er wegen der Gefahr der Entwendung der gesamten Einrichtung sofort kommen müsse. Er flog dann vom 18.6.2007 bis zum 16.7.2007 nach Brasilien und verpasste so das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18. 6.2007 mit dem schriftlichen Urteil. Er hatte sich mit dem Thema auch nicht weiter beschäftigt, zumal er das Schriftstück erst zum Monatsende erwartet und die Angelegenheit bei seinem Prozessbevollmächtigten in besten Händen zu wissen geglaubt habe.

Der BGH vertrat die Ansicht:

  • Eine Partei, die in Kenntnis eines bereits ergangenen Urteils eine Reise antritt, muss noch vor der Abreise Kontakt mit ihrem Prozessbevollmächtigten aufnehmen und sicherstellen, dass rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zumindest telefonisch eine Entscheidung über die – ggf. vorsorgliche – Einlegung des Rechtsmittels getroffen werden kann.
  • Bleibt die Partei stattdessen untätig, trifft sie ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden, weil sie nicht die Sorgfalt aufgewendet hat, die man verständigerweise von ihr erwarten konnte.
  • So liegt es hier, weil es dem Kläger möglich und zumutbar war, in der Zeit zwischen dem 9. und dem 18.6.2007 mit seinem Prozessbevollmächtigten Kontakt aufzunehmen, dem das Berufungsurteil bereits am 6.6.2007 zugestellt worden war, und mit diesem die erforderlichen Absprachen zu treffen.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss v. 18.2.2009, IV ZR 193/07.

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