Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 07.11.2002) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 7. November 2002
- im Strafausspruch,
- soweit eine Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist,
mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Daß das Landgericht bei der Tat vom 20. März 2002 § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht als erfüllt angesehen hat, beschwert ihn nicht.
2. Dagegen kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
„Nach den getroffenen Feststellungen wäre die Kammer aus Rechtsgründen verpflichtet gewesen, die Frage zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt vorliegen. Der Angeklagte ist drogenabhängig; er konsumiert seit 1989/90 Haschisch, seit Ende 1991 Heroin und setzte den Drogenmissbrauch fort, soweit er sich in Freiheit befand (UA S. 5). Zur Tatzeit verbrauchte er zwei bis drei Gramm gestrecktes Heroin am Tag und beging die abgeurteilten Taten auch zur Sicherstellung seines Eigenkonsums (UA S. 6). Eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs besteht; der Angeklagte ist sogar willens, sich einer Therapie zu unterziehen (UA S. 10f). Unter diesen Umständen hätte die Kammer darüber befinden müssen, ob bei dem Angeklagten die Gefahr besteht, dass er auch in Zukunft in Folge des bei ihm gegebenen Hangs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Maßregel gegeben sind (BGHSt 37, 5f; BGH StGB § 64 Ablehnung 5, 7 und 8). Die Tatsache, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht; die Revision hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch nicht von ihrem Rechtsmittelangriff ausgenommen (Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 64 Rdn. 19 m.w.N.).
Der Strafausspruch unterliegt der Aufhebung, da es nicht auszuschließen ist, dass die Einzelstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe milder ausgefallen wären, wenn die Kammer die Unterbringung nach § 64 StGB angeordnet hätte”.
Dem stimmt der Senat zu. Er hebt auch die dem Strafausspruch zugrundeliegenden Feststellungen auf. Der mit Blick auf § 246 a StPO ohnehin hinzuzuziehende Sachverständige wird Gelegenheit haben, sich auch zu den Voraussetzungen erheblich verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten zu äußern.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanović, Sost-Scheible
Fundstellen