Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Rechtsverhältnis zwischen Hofvorerben und Hofnacherben
Leitsatz (amtlich)
Der Hofnacherbe hat gegen die Genehmigung des vom Hofvorerben abgeschlossenen Hofübergabevertrages kein Beschwerderecht.
Normenkette
LwVG § 9; FGG § 20 Abs. 1; HöfeO § 17
Verfahrensgang
AG Meldorf |
Schleswig-Holsteinisches OLG |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig – Landwirtschaftssenat – vom 22. September 1995 wird auf Kosten des Beteiligten zu 8 zurückgewiesen.
Der Geschäftswert im Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 330.800 DM.
Gründe
I.
Der am 31. Oktober 1985 verstorbene Landwirt K. war Eigentümer eines im Grundbuch von A eingetragenen Hofes von 24,6960 ha mit einem Einheitswert von 82.700 DM. Seine Ehefrau (die Beteiligte zu 1) ist aufgrund Testaments vom 3. November 1967 seine Hofvorerbin. Hofnacherbe soll der Beteiligte zu 8 (geboren am 17. Juni 1964) mit Vollendung seines 30. Lebensjahres sein, falls nicht die Hofvorerbin bis dahin einen anderen Hofnacherben aus den gemeinschaftlichen Abkömmlingen ausgewählt hat.
Mit notariellem Hofüberlassungsvertrag vom 4. Mai 1994 übergab die Hofvorerbin den Hof an den Beteiligten zu 2, der wirtschaftsfähig ist. Der Vertrag enthält unter anderem eine Altenteilsregelung zugunsten der Beteiligten zu 1. Weiter wird festgestellt, daß einige weichende Erben (Beteiligte zu 3, zu 4, zu 5 und zu 6) aus dem hoffreien Vermögen abgefunden worden sind und weitere Abkömmlinge des Erblassers, darunter auch der Beschwerdeführer, beim Tod der Vorerbin je 5.000 DM erhalten sollen.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Überlassungsvertrag auf Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 genehmigt. Die vom Beteiligten zu 8 dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht – Landwirtschaftssenat – als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 8.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zwar zulässig (vgl. auch § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG), hat in der Sache aber keinen Erfolg, weil das Beschwerdegericht zutreffend eine Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 8 verneint.
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 8 hängt davon ab, ob durch die Genehmigung des Übergabevertrages sein subjektives Recht (§ 9 LwVG i.V.m. § 20 Abs. 1 FGG) unmittelbar beeinträchtigt wird. Das ist nicht der Fall.
1. Die Rechtsstellung eines Nacherben wird grundsätzlich durch die Genehmigung eines Übergabevertrages des Vorerben nicht beeinträchtigt. Die mit dem Nacherbenrecht in Widerspruch stehende Verfügung des Vorerben über den Hof ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde (§ 2113 Abs. 1 BGB). Durch den Übergabevertrag kann deshalb eine Beeinträchtigung des Nacherbenrechts nicht eintreten. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 9. Oktober 1951, V BLw 67/50, NJW 1952, 380 insoweit in BGHZ 3, 203 nicht abgedruckt; vgl. auch OLG Hamm, RdL 1951, 21), der sich in der genannten Entscheidung auch mit Einwänden gegen seine Meinung auseinandergesetzt hat. An ihr bleibt festzuhalten. Sie wird auch in der Literatur teilweise gebilligt (vgl. Barnstedt/Steffen, LwVG, 5. Aufl., § 22 Rdn. 124). Soweit andere Autoren (vgl. Wöhrmann/Stöcker, Landwirtschaftserbrecht, 6. Aufl., § 17 HöfeO Rdn. 154 und wohl auch Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 16 HöfeVfO Rdn. 46) ein Beschwerderecht damit bejahen wollen, daß im Hinblick auf § 2113 Abs. 3 BGB (Gutglaubensschutz) keine hinreichende Sicherheit gegen Rechtsbeeinträchtigungen bestehe, kann dem nicht gefolgt werden. Bei ordnungsgemäßer Eintragung des Nacherbenvermerks (§ 51 GBO) – dessen Eintragung der Beschwerdeführer auch betreiben kann – ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen (vgl. auch Senat aaO).
2. Es kommt somit nicht mehr darauf an, daß die Nacherbschaft des Beschwerdeführers hier davon abhängt, daß die Vorerbin nicht vor Vollendung seines 30. Lebensjahres einen anderen Hoferben aus den gemeinschaftlichen Abkömmlingen auswählt. Dies ist hier durch den Abschluß des Hofübergabevertrages vor dem 17. Juni 1994 geschehen (vgl. dazu auch Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 7 Rdn. 5 m.w.N.; vgl. auch Beschl. des Senats v. 17. November 1953, V BLw 55/53, LM BGB § 2065 Nr. 2). Ob diese Auswahl den Kriterien entspricht, die der Erblasser im Testament aufgestellt hat („der oder die seiner/ihrer Neigung oder seiner/ihrer Ausbildung nach am besten geeignet ist, den Hof zu übernehmen und ihn zu bewirtschaften”), wird im Genehmigungsverfahren ohnehin nicht geprüft. Neben der Einhaltung der Vorschriften des Grundstückverkehrsgesetzes und höferechtlicher Grundsätze kann das Landwirtschaftsgericht nur die offensichtliche Unwirksamkeit des Übergabevertrages berücksichtigen (BGHZ 12, 286, 295 ff). von einem evident nichtigen Vertrag kann aber keine Rede sein.
3. Der Beschwerdeführer hat auch unter dem Gesichtspunkt eines weichenden Erben (worauf die Rechtsbeschwerde selbst nicht abhebt) kein Beschwerderecht. Insoweit wird auf den Senatsbeschluß von heute, BLw 43/95, zur Veröffentlichung bestimmt, verwiesen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 44 LwVG; die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 20 Satz 1 Buchst. a und Satz 2 HöfeVfO i.V.m. S 19 Abs. 4 KostO.
Unterschriften
Hagen, Vogt, Wenzel
Fundstellen
Haufe-Index 609938 |
DNotZ 1996, 893 |