Leitsatz (amtlich)
a) Unbeschadet der Pachtzinsbegrenzung des § 5 Abs. 1 BKleingG konnten die Parteien eines Kleingartenpachtverhältnisses schon vor Einfügung des gesetzlichen Erstattungsanspruchs nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. vereinbaren, daß der Pächter die öffentlichen Grundstückslasten zu übernehmen hat.
b) Werden von einer Gemeinde „grundstücksbezogene”, an sich von § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. erfaßte, geldwerte Vorteile (Straßenausbau) geboten oder Leistungen (Abfallbeseitigung, Straßenreinigung) erbracht, so steht ihr ein Erstattungsanspruch nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. (zumindest analog) auch dann zu, wenn die kleingärtnerisch genutzten Pachtflächen in ihrem Eigentum stehen und deswegen eine Beitrags- oder Abgabenforderung bzw. -schuld nicht entsteht.
Normenkette
BKleingG § 5 Abs. 1 F: 28. Februar 1983, Abs. 5 F: 8. April 1994
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Aktenzeichen 10 U 38/98) |
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 1 O 185/97) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 1999 - 10 U 38/98 - wird nicht angenommen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 672.351,67 DM.
Gründe
Die Rechtssache hat im Hinblick darauf, daß sie noch nach der früheren, vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Bundeskleingartengesetzes (BKleingÄndG) vom 8. April 1994 (BGBl. I S. 766) geltenden Rechtslage zu beurteilen ist, keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
I.
Die beklagte Stadt ist Eigentümerin kleingärtnerisch genutzter Grundstücke, die sie an den klagenden Verein zwischenverpachtet hat. In dem am 16. März 1988 geschlossenen Generalpachtvertrag haben die Parteien einen jährlichen Pachtzins von 0,35 DM je qm vereinbart. Mit diesem Pachtzins sollten auch die Grundsteuer für den Boden und die Straßenreinigungsgebühren abgegolten sein. Weiter kamen die Vertragsparteien überein, daß dann, wenn auf eine Kleingartenanlage Anliegerbeiträge für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von Erschließungsanlagen entfallen sollten, an die Verpächterin neben dem Pachtzins ein Zuschlag von jährlich 6 % des Anliegerbeitrags zu zahlen sei.
Der Kläger verlangt Rückerstattung der Beträge, die in den jährlichen Abrechnungen der Beklagten in den Jahren 1989 bis einschließlich 1993 als „Grundbesitzabgaben” (Grundsteuer und Straßenreinigungsgebühren) und „Anliegerbeiträge” ausgewiesen sind.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie in vollem Umfang abgewiesen.
II.
Dem Kläger steht ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückerstattung der in den Jahren 1989 bis 1993 bezüglich der Positionen „Grundbesitzabgaben” und „Anliegerbeiträge” von der Beklagten verlangten und von dem Kläger gezahlten Beträge nicht zu. Diesen Leistungen lagen wirksame vertragliche Vereinbarungen zugrunde, so daß sie nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sind.
1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG in der – hier maßgeblichen – ursprünglichen Fassung vom 28. Februar 1983 (BGBl. I S. 210) durfte der Verpächter einer Kleingartenanlage als Pachtzins höchstens den doppelten Betrag des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau verlangen. Darüber hinaus kann und konnte schon damals nach § 5 Abs. 4 Satz 1 BKleingG der Verpächter für von ihm geleistete Aufwendungen für die Kleingartenanlage, insbesondere für Bodenverbesserungen, Wege, Einfriedungen und Parkplätze, vom Pächter Erstattung verlangen, soweit die Aufwendungen nicht durch Leistungen der Kleingärtner oder ihrer Organisationen oder durch Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten gedeckt worden sind und soweit sie im Rahmen der kleingärtnerischen Nutzung üblich sind.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 87, 114) die Unvereinbarkeit der Pachtzinsbegrenzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG festgestellt hatte, hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Bundeskleingartengesetzes (BKleingÄndG) vom 8. April 1994 (BGBl. I S. 766) den maßgeblichen Multiplikator verdoppelt – nunmehr ist der vierfache Betrag des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau die Obergrenze – und darüber hinaus dem Verpächter einen Anspruch auf Erstattung der öffentlich-rechtlichen Lasten zugebilligt, die auf dem Kleingartengrundstück ruhen (§ 5 Abs. 5 BKleingG n.F.).
Nach § 13 BKleingG waren bzw. sind zum Nachteil des Pächters von § 5 BKleingG abweichende Vereinbarungen nichtig.
2. Der nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. dem Verpächter eingeräumte Anspruch auf Erstattung öffentlich-rechtlicher Lasten besteht ebenso wie der schon vorher in § 5 Abs. 4 BKleingG verankerte Aufwendungserstattungsanspruch kraft Gesetzes, benötigt also keine Grundlage im Vertrag (Senatsurteil vom 16. Januar 1997 - III ZR 79/96 - NJW 1997, 1071). Dessen ungeachtet bleibt es den Parteien unbenommen, über diese „Nebenleistungen” vertragliche Vereinbarungen zu treffen, ohne daß diese Abreden allein schon deshalb von der Nichtigkeitssanktion des § 13 BKleingG bedroht wären, weil der danach insgesamt geschuldete Betrag die in § 5 Abs. 1 BKleingG für den eigentlichen (Netto-)Pachtzins festgelegte Obergrenze überschreitet. Schützenswerte Belange des (Zwischen-)Pächters stehen dem jedenfalls so lange nicht entgegen, wie der vertraglich geschuldete Gesamtbetrag nicht über das hinausgeht, was der (Zwischen-)Pächter unter Zugrundelegung des nach § 5 Abs. 1 BKleingG zulässigen Höchstpachtzinses und des bei Fehlen besonderer vertraglicher Abreden unmittelbar aus § 5 Abs. 4 und 5 BKleingG herzuleitenden (gesetzlichen) Erstattungsanspruchs an den Verpächter zahlen müßte (vgl. hierzu nachfolgend unter 5).
3. Vertragliche Abreden der Vertragsparteien, wonach den Verpächter treffende öffentlich-rechtliche Lasten i.S.d. § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. auf den Pächter abgewälzt werden sollen, konnten entgegen der Auffassung der Revision – wie hier geschehen – schon vor der Einfügung des gesetzlichen Erstattungsanspruchs des § 5 Abs. 5 BKleingG durch Art. 1 Nr. 4 Buchst. c BKleingÄndG wirksam getroffen werden.
Dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 BKleingG a.F. läßt sich ein ausdrückliches Verbot, die Lasten der Sache über den darin festgelegten Höchstpachtzinsbetrag hinaus vertraglich auf den Pächter abzuwälzen, nicht entnehmen. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm läßt sich ein solches Verbot nicht herleiten; vielmehr ist im Gegenteil festzustellen, daß nach dem Willen des Gesetzgebers solche Vereinbarungen über „Zusatz- bzw. Nebenleistungen” des Pächters nicht ausgeschlossen sein sollten. So hat der federführende Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau eine Anregung des Deutschen Städtetages, ausdrücklich zu regeln, daß öffentliche Abgaben und Erschließungsbeiträge zusätzlich zum Pachtzins auf den Pächter umgelegt werden können, mit der Begründung nicht aufgegriffen, nach §§ 581, 546 BGB habe der Verpächter die auf dem Grundstück ruhenden Lasten zu tragen, freilich seien abweichende Vereinbarungen möglich (BT-Drucks. 9/2232 S. 16; in diesem Sinne schon die Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 9/1900 S. 13).
Entgegen der Auffassung der Revision steht diese Gesetzesauslegung nicht in Widerspruch zum Gesetzeszweck. Zwar dient die gesetzliche Pachtzinsbindung dem Schutz der sozial schwächeren Bevölkerungsschichten vor einer Verdrängung aus der Kleingartenpacht; deshalb dürfen aber die Eigentümerinteressen nicht völlig in den Hintergrund gedrängt werden. Da gerade öffentliche Lasten in einer solchen Höhe anfallen können, daß der Eigentümer ohne deren Berücksichtigung bei der Bemessung des Pachtzinses nicht nur keinen Ertrag mehr erzielen kann, sondern sogar Verluste hinnehmen muß, hat das Bundesverfassungsgericht eine ausdrückliche Regelung im Sinne des Eigentümers für verfassungsrechtlich geboten erachtet (BVerfGE 87, 114, 150 f). Unter dem Eindruck dieser verfassungsgerichtlichen Ausführungen hat sich der Gesetzgeber zur Einfügung des § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. entschlossen (BT-Drucks. 12/6154 S. 6).
Aufgrund dessen ist § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. schon nach dem Grundsatz verfassungskonformer Gesetzesauslegung dahin zu verstehen, daß sich auch ohne ausdrücklich normierten gesetzlichen Erstattungsanspruch Verpächter und Pächter – wie hier geschehen – darauf verständigen können, öffentliche Lasten des Grundstücks auf den Pächter „umzulegen”, und solche Vertragsabreden nicht deshalb nach § 13 BKleingG nichtig sind, weil die Gesamtbelastung des Pächters – die „abgewälzten” Grundstückslasten und der vereinbarte (Netto-)Pachtzins – den sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. rechnerisch ergebenden Höchstpachtzins überschreiten (vgl. Mainczyk, BKleingG, 5. Aufl., § 5 [a.F.] Rn. 27; Otte, BKleingG [Stand: November 1997] § 4 Rn. 6, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum Baugesetzbuch; Landfermann, NJW 1983, 2670, 2671 f; die abweichende Auffassung von Stang, BKleingG [1983], § 5 Rn. 18 ff; RdL 1987, 113, 114 ist durch die Entscheidung BVerfGE 87, 114 überholt; in diesem Sinne auch Stang, BKleingG, 2. Aufl., § 5 Rn. 84).
Daß vorliegend der Verpächter des Grundstücks keine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist, sondern eine Gemeinde, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Ungeachtet des Umstands, daß die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG herrührenden durchgreifenden Bedenken gegen die ursprüngliche Pachtzinsbegrenzungsregelung nur Pachtverhältnisse mit privaten Verpächtern betroffen haben, hat der Gesetzgeber von Anfang an bis heute – abgesehen von der Überleitungsregelung des Art. 3 BKleingÄndG – im Interesse des sozialen Friedens unter den Kleingärtnern, insbesondere in sogenannten gemischten Kleingartenanlagen, bewußt und gewollt darauf verzichtet, hinsichtlich der Pachtzinsbegrenzung bzw. der Möglichkeit der Kostenüberwälzung für Aufwendungen oder öffentlich-rechtliche Lasten pächterfreundliche „Sonderregelungen” für öffentliche Verpächter zu schaffen (Senatsurteil vom 16. Januar 1997 aaO S. 1072). Diese gesetzgeberische Entscheidung ist auch bei der Frage zu berücksichtigen, ob die – unter privaten Verpächtern von Verfassungs wegen gebotene – weite Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. auch bei einer Verpachtung gemeindeeigener Grundstücke vorzunehmen ist.
4. Die vertraglichen Abreden, wonach die Grundsteuer für den Boden und die Straßenreinigungsgebühren Teil des vereinbarten Pachtzinses sein sollen und darüber hinaus bei auf eine Kleingartenanlage entfallenden Anliegerbeiträgen neben dem Pachtzins ein Zuschlag von jährlich 6 % des Anliegerbeitrags zu entrichten sei, sind bezüglich ihres Regelungsgegenstandes schon deshalb unbedenklich, weil es sich hierbei um solche – auf den Pächter abwälzbare – „Nebenleistungen” handelt, deren „Erstattung” der Verpächter nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. von Gesetzes wegen vom Pächter verlangen könnte.
Zu den von § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. erfaßten öffentlich-rechtlichen Lasten gehören typischerweise die hier in Rede stehenden Grundsteuer, Straßenreinigungsgebühren und Anliegerbeiträge (vgl. BT-Drucks. 12/6154 S. 9). Dies ist vorliegend nicht deshalb anders, weil die verpachteten Grundstücke im Eigentum einer Gemeinde stehen und es sich bei diesen Positionen durchweg um gemeindliche Steuern und Abgaben handelt. Das dagegen von der Revision vorgebrachte Argument, da niemand sein eigener Schuldner sein könne, seien Steuer- und Gebührenansprüche, die auf den Kläger als Pächter „abgewälzt” werden könnten, nie entstanden, greift nicht durch.
a) Grundsteuer
aa) Das örtliche Aufkommen der Grundsteuer steht nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG der Gemeinde zu; sie ist die Steuergläubigerin. Die Steuerpflicht trifft nach § 10 Abs. 1 GrStG denjenigen, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist, also grundsätzlich den bürgerlich-rechtlichen Eigentümer (vgl. § 19 BewG, § 39 Abs. 1 AO); dies gilt auch im Falle einer Vermietung oder Verpachtung (vgl. Troll, Grundsteuergesetz, 7. Aufl., § 10 Rn. 2). Ist – wie hier – Grundstückseigentümer eine Gemeinde, so sind die gesetzlichen Voraussetzungen der Steuergläubiger- und -schuldnereigenschaft in ein und derselben Person erfüllt. Dieser Umstand steht jedoch anerkanntermaßen dem Entstehen einer Grundsteuerschuld nicht von vornherein entgegen. Der zivilrechtliche Grundsatz, daß niemand sein eigener Schuldner sein kann (vgl. BGHZ 48, 214, 218), gilt im Steuerrecht nicht. Vielmehr zeigen die in zahlreichen einzelnen Real- und Personensteuergesetzen enthaltenen Ausnahmeregelungen zugunsten der öffentlichen Hand, daß es in diesem Bereich eine allgemeine Regel, die die gegenseitige Besteuerung von Gemeinwesen oder die Selbstbesteuerung eines solchen untersagte, nicht gibt (BFH, BStBl II 1969, 415). So ist etwa nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 Buchst. a GrStG Grundbesitz, der einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts – denen zweifelsfrei auch Gemeinden zuzuordnen sind – gehört, nur unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Diese Einschränkung der Steuerfreiheit durch den Gesetzgeber würde indes bei gemeindeeigenen Grundstücken leerlaufen, wenn in einem solchen Falle der Konfusionsgedanke mit der Folge zum Tragen käme, daß eine Steuerschuld von vornherein gar nicht zur Entstehung gelangen könnte.
Die Möglichkeit der Selbstbesteuerung ist auch wirtschaftlich sinnvoll. Die Grundsteuer, deren Steuergegenstand die Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes als einer möglichen Einnahmequelle ist (BVerfGE 65, 325, 353), ist eine gemeindliche Einnahmequelle, die im Falle der Nutzung durch einen anderen als den Eigentümer selbst typischerweise (zumindest kalkulatorisch) auf den Nutzer übergewälzt wird, also letztlich von diesem zu tragen ist. Es ist aber nicht einsichtig, warum diese wirtschaftlich zu Lasten des Nutzers bzw. Besitzers gehende Einnahmemöglichkeit einer Gemeinde, die eigenen Grundbesitz Dritten miet- oder pachtweise zur Nutzung überläßt, genommen werden soll, selbst wenn der dabei verfolgte Nutzungszweck – einerseits – nach der Konzeption des Grundsteuergesetzes steuerrelevant ist und – andererseits – ungeachtet der gesetzlichen Pachtzinsbegrenzung eine Abwälzung der Steuerbelastung vom Verpächter auf den Pächter grundsätzlich möglich ist (vgl. schon RGZ 119, 304, 306).
bb) Ob die Beklagte sich selbst gegenüber Steuerfestsetzungsbescheide erlassen hat bzw. erlassen konnte oder insoweit lediglich – wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist – eine „interne Verrechnung” stattgefunden hat, kann dahinstehen. Nach § 9 Abs. 2 GrStG entsteht die Grundsteuerschuld mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Steuer festzusetzen ist, und ruht von da an nach § 12 GrStG als öffentliche Last auf dem Grundstück. Die Festsetzung der Steuerschuld durch förmlichen Bescheid (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 GrStG, §§ 155 Abs. 1, 157 Abs. 1 AO) ist demgegenüber keine Entstehensvoraussetzung.
Daß die bei der „internen Verrechnung” von der Beklagten angesetzten Beträge rechnerisch oder sachlich unrichtig sind, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht behauptet worden.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision ist dem Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis auch darin zuzustimmen, daß vorliegend kein sich zugunsten des Klägers auswirkender Steuerbefreiungstatbestand erfüllt ist.
Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (i.V.m. Abs. 2) oder Nr. 3 Buchst. a GrStG deshalb nicht vor, weil die Gemeinde das Grundstück nicht selbst – für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch, für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke – nutzt, und die des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG deshalb nicht, weil der Kläger – eine inländische Personenvereinigung, die nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient und im Rahmen dieser Zwecksetzung die fraglichen Grundstücke nutzt – nicht selbst Grundstückseigentümer ist. Indes hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht geltend macht, verkannt, daß nach § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG Eigentümer und Benutzer nicht identisch sein müssen, also der Steuerbefreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 GrStG auch dann erfüllt sein kann, wenn – wie hier – eine Gemeinde ein ihr gehörendes Grundstück miet- oder pachtweise einem als gemeinnützig anerkannten Verein überläßt, damit dieser das Grundstück für einen steuerbegünstigten Zweck nutzen kann (vgl. Troll aaO § 3 Rn. 60, siehe auch Abschn. 6 Abs. 2 der Grundsteuer-Richtlinien 1978).
Indes ist vorliegend § 6 GrStG vorrangig. Nach dieser Bestimmung greift die Grundsteuerbefreiung des § 3 GrStG, sofern nicht ein – hier nicht einschlägiger – (Rück-)Ausnahmetatbestand erfüllt ist, dann nicht, wenn die für steuerbegünstigte Zwecke benutzten Grundstücke zugleich land- und forstwirtschaftlich genutzt werden (BFHE 144, 271, 273; 181, 515, 517 ff; Troll aaO § 6 Rdn. 2). Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes sind aber in der Regel wegen des weitgehenden Pachtschutzes als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten, es sei denn – wofür vorliegend kein Anhalt besteht –, daß aus besonderen Umständen zu entnehmen ist, daß das Land demnächst einer Bebauung oder einer anderen nicht gärtnerischen Nutzung zugeführt werden soll (BFHE 158, 90 ff; Mainczyk, BKleingG, 7. Aufl., § 5 Rn. 39).
dd) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß Gemeinden, die eigenen Grundbesitz für kleingärtnerische Zwecke verpachten, nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. Grundsteuererstattung verlangen können (vgl. Mainczyk aaO Rn. 46 c, freilich unter Hinweis auf das vom Kläger zu den Akten gereichte, unveröffentlichte Urteil des Landgerichts Dortmund vom 19. Oktober 1995 - 7 O 295/95 -, wo diese Frage verneint wird).
b) Straßenreinigungsgebühren, Anliegerbeiträge
Bei in Privateigentum stehenden Kleingartenpachtgrundstücken versteht es sich, daß solche Gebühren und Beiträge typischerweise zu den öffentlich-rechtlichen Entgeltabgaben gehören, deren „Erstattung” der Verpächter nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. vom Pächter verlangen kann, und die daher – wie ausgeführt – auch schon vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes zum Bundeskleingartengesetz durch besondere Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien auf den Pächter abgewälzt werden konnten. Indes stellt sich die Rechtslage auch bei gemeindeeigenen Grundflächen nicht anders dar, und zwar selbst dann nicht, wenn nach den einschlägigen Rechtsnormen gemeindeeigene Grundstücke von der allgemeinen Beitragspflicht ausgenommen sind (im Ergebnis ebenso Stang aaO § 5 Rn. 77; a.A. Mainczyk aaO § 5 Rnrn. 46a, 46b; Otte aaO § 4 Rn. 6).
aa) Anders als im Steuerrecht hält die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht (§§ 127 ff BauGB) den Grundsatz, daß niemand sein eigener Schuldner sein kann, für beachtlich. Danach kann in bezug auf ein Grundstück, das im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage (§ 133 Abs. 2 BauGB) im Eigentum der zur Beitragserhebung berechtigten Gemeinde steht, ein Rechtsverhältnis mit dem Inhalt einer abstrakten Beitragspflicht von vornherein nicht entstehen (BVerwG DVBl. 1984, 188, 190; NVwZ 1985, 912, 913). Selbst wenn dieser Grundsatz darüber hinaus auch im gesamten, landesrechtlich geregelten Kommunalabgabenrecht gelten sollte (in diesem Sinne Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 5. Aufl., § 34 Rn. 3), so stellte er jedenfalls kein unverrückbares logisches Prinzip dar, von dem der Gesetzgeber nicht abweichen könnte oder dürfte. Es ist vielmehr eine Frage der Auslegung des jeweiligen Gesetzes, ob und inwieweit der Konfusionsgedanke auch im Beitrags- und Abgabenrecht Geltung beansprucht.
So ist etwa der Bayerische Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß auch für gemeindeeigene Grundstücke eine Beitragspflicht entsteht, wenn die Voraussetzungen des Art. 5 BayKAG vorliegen (KStZ 1985, 218 f; 1988, 144, 145 f). Demgegenüber geht die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen dahin, daß nach § 8 KAG NW in einem solchen Falle eine Beitragspflicht von vornherein nicht entsteht (vgl. den unveröffentlichten, vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichten Beschluß vom 10. September 1985 - 2 B 1431/85).
Es wäre aber mit dem dem Bundeskleingartengesetz zugrunde liegenden Gedanken, die Gestaltung der Pachtpreise bei Kleingartengrundstücken bundesweit einheitlich zu regeln, schwerlich zu vereinbaren, wenn die Frage der Beitragspflichtigkeit gemeindeeigener Grundstücke – und danach der Erstattungsfähigkeit nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. – von Land zu Land unterschiedlich beantwortet werden könnte. Im übrigen hätte es eine Gemeinde in der Hand, durch entsprechende rechtliche Konstruktionen (Übertragung des Grundbesitzes auf eine eigene private Besitzgesellschaft) die Begründung einer Beitrags- oder Abgabenschuld auch dort herbeizuführen, wo es nach dem maßgeblichen Landesrecht bei gemeindeeigenen Grundstücken an sich nicht möglich wäre (vgl. Stang aaO § 5 Rn. 77).
bb) Ungeachtet dessen spricht vor allem der Gesetzeszweck des § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. eindeutig dafür, es einer Gemeinde zu ermöglichen, von den Pächtern die Erstattung „fiktiver” Beiträge und Abgaben auch dann zu verlangen, wenn nach dem einschlägigen Landesrecht wegen der Identität von Beitrags- und Abgabengläubiger bzw. -schuldner eine öffentlich-rechtliche Forderung oder Grundstückslast nicht entsteht.
Wie ausgeführt besteht der Zweck der Kostenerstattungsregelung des § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. darin, den privaten und gleichermaßen auch den öffentlichen Verpächter in die Lage zu versetzen, seine (ohnehin schmale) Rendite zu erhalten bzw. zu verbessern. Werden aber von einer Gemeinde „grundstücksbezogene”, also an sich von § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. erfaßte, geldwerte Vorteile (Straßenausbau) geboten oder Leistungen (Abfallbeseitigung, Straßenreinigung) erbracht, so verschlechterte sich ihre Rendite, wenn sie selbst Grundstückseigentümerin ist und die letztlich auch und gerade dem Pächter zugute kommenden Vorteile oder Leistungen nicht „umlegungs- bzw. erstattungsfähig” wären, auch dann, wenn eine Beitrags- oder Abgabenschuld wegen des Grundsatzes, daß niemand sein eigener Schuldner sein kann, nicht entsteht. Denn der Umstand, daß eine solche Schuld nicht begründet wird, ändert nichts daran, daß der auf gemeindeeigene Grundstücke entfallende Anteil des Gesamtaufwands wirtschaftlich von der Gemeinde zu tragen ist. Sie hat nämlich bei der Ermittlung des von den privaten Gebühren- oder Abgabenschuldnern zu entrichtenden Entgelts ihre eigenen Grundflächen entsprechend dem geltenden Verteilungsmaßstab zu berücksichtigen; keinesfalls darf sie sich selbst auf Kosten der übrigen Gebühren- und Abgabenschuldner unentgeltlich Vorteile verschaffen (OVG Nordrhein-Westfalen aaO; VGH Baden-Württemberg, VBlBW 1990, 103, 105).
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß bei öffentlich-rechtlichen Entgelten, die nach dem maßgeblichen (Bundes- oder Landes-)Recht „an sich” als öffentlich-rechtliche Grundstückslast ausgestaltet sind, der öffentliche Verpächter auch dann (zumindest analog) nach § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. vom Pächter „Erstattung” verlangen kann, wenn eine solche Last – entsprechend dem Grundsatz, daß niemand sein eigener Schuldner sein kann – ausnahmsweise deshalb nicht entstanden ist, weil der öffentliche Verpächter (Gemeinde) derjenige ist, der zur Erhebung der Abgabe berechtigt und gleichzeitig Eigentümer des begünstigten Grundstücks ist.
cc) Daß den von der Beklagten erstellten Beitrags- bzw. Gebührenrechnungen keine realen Vorteile oder Leistungen zugrunde lagen, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht behauptet. Dabei hat es das Berufungsgericht bezüglich der Straßenreinigung zu Recht für unerheblich gehalten, ob die Reinigung durch eigene Bedienstete der Beklagten oder durch ein Fremdunternehmen erfolgt ist.
5. Der Generalpachtvertrag sieht die Abgeltung der Grundsteuer und Straßenreinigungsgebühren in der Form vor, daß der Kläger anstelle des nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. zulässigen Höchstpachtzinses von 0,22 DM pro qm einen solchen von 0,35 DM pro qm zu entrichten hatte. Der Revision ist zuzugeben, daß diese Vertragsgestaltung dann bedenklich wäre, wenn der Kläger aufgrund dessen mehr zu zahlen gehabt hätte, als er – neben dem Höchstpachtzins gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. – bei genauer Abrechnung der konkret zu berücksichtigenden (tatsächlich entstandenen oder fiktiven) Steuer- und Gebührenbeträge geschuldet hätte.
Indes ist nicht ersichtlich oder dargetan – wofür der Kläger als derjenige, der nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB Herausgabe der Bereicherung verlangt, darlegungs- und beweispflichtig ist –, daß aufgrund des Vertragsverständnisses der Parteien bzw. der praktizierten Art und Weise der Abrechnung eine solche Überzahlung stattgefunden hat.
Unterschriften
Rinne, Wurm, Streck, Schlick, Dörr
Fundstellen
Haufe-Index 538769 |
NWB 2000, 2611 |
BGHR |
NJW-RR 2000, 1405 |
NZM 2000, 966 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 1953 |
AgrarR 2000, 401 |
RdL 2000, 179 |
ZfBR 2000, 495 |
GV/RP 2002, 62 |
UPR 2000, 358 |
FuBW 2001, 327 |
FuHe 2001, 394 |
GK/Bay 2001, 141 |