Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Notanwalts. Nichtzulassungsbeschwerde. Prozesskostenhilfe. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels
Leitsatz (redaktionell)
Zum Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bei Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels.
Normenkette
ZPO §§ 78b, 544 Abs. 1 S. 2, § 234 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 04.02.2009; Aktenzeichen 14 S 5866/07) |
AG München (Entscheidung vom 23.03.2007; Aktenzeichen 413 C 2847/06) |
Tenor
Die Antrag des Beklagten auf Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts gemäß § 78b ZPO zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 4. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 6.135,60 EUR.
Gründe
I.
Der Beklagte ist vom Amtsgericht zur Räumung und Herausgabe der von ihm gemieteten Wohnung verurteilt worden. Seine Berufung hat das Landgericht mit Urteil vom 4. Februar 2009 zurückgewiesen. Die Anträge des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 6. Februar 2009 zugestellte Urteil des Berufungsgerichts und für einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Urteil hat der Senat mit Beschluss vom 12. Mai 2009 (VIII ZA 1/09) zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Beklagten am 19. Mai 2009 zugestellt worden. Eine am 19. Mai 2009 erhobene Anhörungsrüge hat der Senat mit Beschluss vom 27. Mai 2009 als unzulässig verworfen.
Am 16. Juni 2009 hat der Beklagte durch den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Dr. Nassall Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat er vorgetragen und an Eides Statt versichert, er sei bislang außerstande gewesen, die Kosten für die Einlegung des Rechtsmittels aufzubringen. Es sei ihm nunmehr am 15. Juni 2009 gelungen, von einem Bekannten ein Darlehen in Höhe der einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten vorzuschießenden Verfahrensgebühr zu erlangen; die Darlehenssumme habe Rechtsanwalt Dr. Nassall am 16. Juni 2009 erhalten.
Rechtsanwalt Dr. Nassall hat am 10. Juli 2009 das Mandat niedergelegt. Der Beklagte beantragt, ihm gemäß § 78b ZPO einen Notanwalt für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beizuordnen und ihm für einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu bewilligen.
II.
1.
Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint (§ 78b Abs. 1 ZPO). Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 12. Mai 2009 (VIII ZA 1/09) Bezug genommen.
2.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO eingelegt wurde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Beklagten nicht bewilligt werden, weil der Beklagte die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO für die Anbringung des Gesuchs auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die damit zu verbindende Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt hat.
Eine Partei ist bei noch laufendem Prozesskostenhilfeverfahren schuldlos verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, wenn sie Anlass hat, auf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu vertrauen. Dieses Hindernis entfällt mit der Entscheidung über das Gesuch. Wird die beantragte Prozesskostenhilfe wie im vorliegenden Fall nach dem Ablauf der Rechtsmittelfrist verweigert, bleibt der Partei nach der Bekanntgabe der Entscheidung noch eine Zeit von höchstens drei bis vier Tagen für die Überlegung, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will. Dann beginnt die zweiwöchige Frist des § 234 Abs. 1 ZPO für das Wiedereinsetzungsgesuch und die damit zu verbindende Einlegung des Rechtsmittels (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs seit BGHZ 4, 55, 57 f. ; zuletzt etwa Beschluss vom 19. Juli 2007 - IX ZB 86/07, MDR 2008, 99; Beschluss vom 3. Juli 2008 - III ZA 8/08, [...], Tz. 14; Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08, WuM 2009, 186, Tz. 6).
Dies gilt auch dann, wenn das Gericht nicht die Mittellosigkeit der Partei, sondern - wie hier - die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat (Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009, aaO, Tz. 7). Die bloße Mittellosigkeit entschuldigt die Versäumung der Rechtsmittelfrist nicht, sondern die Fristnachsicht wird nur dann und so lange gewährt, wie ein - in seinem Ausgang auch von den Aussichten der Rechtsverfolgung abhängendes - Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe läuft und die Partei annehmen darf, es werde Erfolg haben. Das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis besteht nicht schlechthin in der Mittellosigkeit der Partei, sondern in der noch fehlenden Entscheidung über das Gesuch. Dieses Hindernis entfällt mit der Bekanntgabe der insoweit ergehenden Entscheidung des Gerichts und dem Ablauf der für den Fall der Ablehnung dann sich noch anschließenden kurzen Überlegungsfrist (Senatsbeschluss, aaO, m.w.N.). Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO begann danach wenige Tage nach der am 19. Mai 2009 erfolgten Zustellung des Beschlusses vom 12. Mai 2009 und war daher bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und der Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuchs am 16. Juni 2009 bereits abgelaufen.
Die von dem Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 12. Mai 2009, mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, erhobene Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO hat den Beginn und den Ablauf der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO schon deswegen nicht beeinflusst, weil die Rüge unzulässig war.
3.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts für einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist gegenstandslos, nachdem das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde durch deren Verwerfung rechtskräftig abgeschlossen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2962217 |
WuM 2009, 691 |