Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Sachsen-Anhalt in Naumburg vom 9. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 90.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der 1963 geborene Antragsteller ist im Januar 1994 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt beim Amtsgericht und Landgericht H. zugelassen worden. Mit Verfügung vom 25. Juni 1998 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
Das Rechtsmittel ist nach § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Konkursgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 107 Abs. 2 KO, § 915 ZPO) eingetragen ist. Im übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in schlechte, ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten ist, diese in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr. vgl. Senatsbeschluß vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94 - BRAK-Mitt. 1995, 126).
b) Im Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung befand sich der Antragsteller in Vermögensverfall. Er war nicht mehr in der Lage, gegen ihn gerichtete Forderungen ordnungsgemäß zu bedienen. Zahlungen erfolgten – wenn überhaupt – nur nach Erteilung von Vollstreckungsaufträgen. Im Zeitpunkt des Widerrufs waren wegen Forderungen von insgesamt etwa 15.000 DM Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet; Vollstreckungsversuche verliefen fruchtlos. Ankündigungen, die Verbindlichkeiten alsbald auszugleichen, hielt der Antragsteller nicht ein. Das belegt nachdrücklich, daß er in tiefgreifende wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, die ihn außerstande setzten, selbst dringenden finanziellen Verpflichtungen auch nur teilweise nachzukommen; eine mögliche Besserung der Vermögenslage war nicht erkennbar.
Daß durch den Vermögensverfall die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, hat der Antragsteller nicht dargelegt.
2. Bei der gerichtlichen Nachprüfung der Widerrufsverfügung ist zwar grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses maßgebend. Wenn der Widerrufsgrund aber nachträglich zweifelsfrei weggefallen ist, kann dies im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch berücksichtigt werden.
Von einem solchen Wegfall des Widerrufsgrundes ist der Anwaltsgerichtshof aber mit Recht nicht ausgegangen. Denn gegen den Antragsteller sind auch nach Erlaß der Widerrufsverfügung weitere Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin lagen gegen ihn im September 1998 Vollstreckungsaufträge mit einem Gesamtbetrag von 30.000 DM vor. Dem ist der Antragsteller im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht entgegengetreten.
Unterschriften
Deppert, Basdorf, Terno, Otten, Hase, Schott, Körner
Fundstellen