Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 29. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 1983 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem er – rechtskräftig seit Juni 1998 – wegen Anstiftung zum Meineid zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten (unter Strafaussetzung zur Bewährung) verurteilt worden war, hat der Präsident des Oberlandesgerichts K. die Zulassung des Antragstellers mit Verfügung vom 27. August 1998 gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat. Diese Rechtsfolge ist hier eingetreten; denn der Antragsteller ist wegen eines Verbrechens (§ 12 Abs. 1 und 3, §§ 154, 26 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von (über) einem Jahr verurteilt worden (§ 45 Abs. 1 StGB).
Die Regelung über den zwingend – ohne weitere Ermessensentscheidung – vorgeschriebenen Widerruf ist verfassungsgemäß, insbesondere mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar (BGH, Beschl. vom 8. Februar 1988 - AnwZ(B) 46/87 -, BRAK-Mitt. 1988, 208 - Verfassungsbeschwerde nicht angenommen, BVerfG, Beschluß vom 28. März 1988 - 1 BvR 399/88 -, und vom 20. April 1999 - AnwZ(B) 51/98 -, BRAK-Mitt. 1999, 185). Sie ist zum Schutz einer funktionsfähigen Rechtspflege geboten. Ist ein Rechtsanwalt wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden, so ist dies in jedem Fall geeignet, hinreichend zu belegen, daß er in besonders schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten verstoßen hat und damit eine Gefahr für eine geordnete Rechtspflege darstellt. Daß der strafgerichtlichen Entscheidung, die nach Gewährung sämtlicher Verfahrensgarantien für den Rechtsanwalt als Angeklagten ergangen ist, als Grundlage der Widerrufsentscheidung umfassende Bindungswirkung zukommt, ist sachgerecht. Eine im Interesse des rechtsuchenden Publikums vorgeschriebene Untersagung jeglicher anwaltlicher Berufsausübung genügt schon aufgrund zeitlicher Begrenzung auf fünf Jahre (§ 45 Abs. 1 StGB, § 7 Nr. 2 BRAO) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Eine etwa unzulängliche Anhörung des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer gemäß § 16 Abs. 2 BRAO vor Erlaß der Widerrufsverfügung – für die wenig spricht, die zudem im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden kann und jedenfalls durch das Schreiben vom 9. Oktober 1998 erfolgt ist – ist für die Wirksamkeit des Widerrufs unerheblich.
Unterschriften
Deppert, Basdorf, Terno, Otten, Hase, Schott, Körner
Fundstellen
Haufe-Index 539933 |
BRAK-Mitt. 2000, 42 |