Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbeschwerde. Beginn der Begründungsfrist. Wiedereinsetzungsantrag bei Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beginnt nach § 85 Abs. 3 Satz 3 MarkenG auch dann mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde, wenn der Rechtsbeschwerdeführer nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Rechtsbeschwerde einlegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Normenkette
MarkenG § 85 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
BPatG (Beschluss vom 04.01.2008; Aktenzeichen 25 W (pat) 254/03) |
Tenor
Dem Rechtsbeschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen den an Verkündungs Statt am 4.1.2008 zugestellten Beschluss des 25. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des BPatG gewährt.
Gründe
[1] I. Dem Markeninhaber wurde am 4.1.2008 ein Beschluss des BPatG zugestellt, mit dem seine Beschwerde gegen die teilweise Löschung seiner Wortmarke Nr. 398 45 189 "ATOZ" teilweise zurückgewiesen wurde. Am 4.2.2008 beantragte der Markeninhaber, ihm Verfahrenskostenhilfe für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde zu bewilligen. Mit dem dem Markeninhaber am 11.10.2008 zugestellten Beschluss (BGH, Beschl. v. 14.8.2008 - I ZA 2/08, WRP 2008, 1551 - ATOZ) ist dem Markeninhaber Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin beim BGH Dr. A. beigeordnet worden. Am 21.10.2008 hat der Markeninhaber Rechtsbeschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Am 11.11.2008 hat der Markeninhaber beantragt, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde in Anlehnung an § 551 Abs. 2 Satz 6 Halbs. 2 ZPO für einen angemessenen Zeitraum zu verlängern. Vorsorglich hat der Markeninhaber beantragt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren.
[2] II. Dem Markeninhaber ist nach § 88 Abs. 1 MarkenG i.V.m. §§ 233, 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde zu gewähren. Er war bis zur Mitteilung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 11.10.2008 ohne sein Verschulden an der Einlegung der Rechtsbeschwerde gehindert und hat innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung beantragt und die versäumte Prozesshandlung nachgeholt (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 ZPO).
[3] III. Einer Wiedereinsetzung im Hinblick auf die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht. Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde war im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Verlängerung der Begründungsfrist für die Rechtsbeschwerde am 11.11.2008 noch nicht abgelaufen. Nach der Vorschrift des § 85 Abs. 3 Satz 3 MarkenG beginnt die Rechtsmittelbegründungsfrist mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde. Die Bestimmung entspricht der bis zum 31.12.2001 gültigen Rechtslage zur Berufung (§ 519 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO a.F.) und zur Revision (§ 554 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO a.F.). Für die mittellose Partei bestehende Nachteile nach der ZPO-Reform des Jahres 2002, die sich daraus ergeben, dass der Lauf der Fristen zur Begründung der Berufung und der Revision mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung beginnt (§§ 520 Abs. 2 Satz 1, 551 Abs. 2 Satz 3 ZPO) und deshalb bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe regelmäßig nicht nur die Rechtsmittel-, sondern auch die Rechtsmittelbegründungsfrist abgelaufen ist (hierzu BGHZ 173, 14 Tz. 15), treten bei der Rechtsbeschwerde in Markensachen nicht ein. Vielmehr gilt für den Unbemittelten und den Bemittelten im Rechtsbeschwerdeverfahren in Markensachen eine einheitliche Rechtsmittelbegründungsfrist, die mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt. Dem mittellosen Beteiligten ist zu diesem Zeitpunkt bereits Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Er steht insoweit nicht ungünstiger als ein bemittelter Beteiligter und erleidet bei einer Anknüpfung des Beginns der Rechtsmittelbegründungsfrist an die Einlegung der Rechtsbeschwerde keinen Nachteil im Verhältnis zu einem bemittelten Beteiligten. Es besteht deshalb kein Anlass, für den Beginn der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde an die Bekanntgabe der Gewährung der Wiedereinsetzung anzuknüpfen, wie dies die Rechtsbeschwerde erwägt.
[4] Da zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Fristverlängerung die Rechtsmittelbegründungsfrist noch nicht abgelaufen war, kann die Frist nach § 85 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 MarkenG und nicht, wie von der Rechtsbeschwerde geltend gemacht, in Anlehnung an § 551 Abs. 2 Satz 6 Halbs. 2 ZPO antragsgemäß angemessen verlängert werden. Die Entscheidung über die Fristverlängerung erfolgt durch den Vorsitzenden gesondert.
Fundstellen
Haufe-Index 2108524 |
BGHR 2009, 471 |
BlPMZ 2009, 169 |
EBE/BGH 2009 |
GRUR 2009, 427 |
WRP 2009, 307 |
BPatGE 2009, 295 |
GuT 2009, 48 |
PA 2009, 77 |
IP kompakt 2009, 14 |
MarkenR 2009, 113 |
Mitt. 2009, 129 |