Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 07.11.2001) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 7. November 2001, soweit es ihn betrifft, wird mit der Maßgabe verworfen, daß die Anordnung des Vorwegvollzugs von drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe entfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
1. Der Angeklagte, der seit seinem 15. Lebensjahr im Übermaß Alkohol konsumiert, hat in erheblich angetrunkenem Zustand den Geschädigten im Streit über eine Dose Bier so heftig gewürgt und geschlagen, daß dieser wenige Stunden später an den Verletzungsfolgen verstarb. Dem hilflos daliegenden Geschädigten entwendete der Angeklagte die Geldbörse.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat die Strafkammer den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) in Tatmehrheit mit Diebstahl (§ 242 StGB i.V.m. § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet (§ 64 StGB). Zugleich hat sie bestimmt, daß drei Jahre und sechs Monate der Strafe vorweg zu vollziehen sind (§ 67 Abs. 2 StGB).
2. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zum Wegfall der Anordnung über den teilweisen Vorwegvollzug (§ 349 Abs. 4 StPO), bleibt aber im übrigen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
a) Soweit sich die Revision mit näheren Ausführungen gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch wendet, nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem Antrag vom 24. Januar 2002 Bezug, die auch durch die Erwiderung der Revision nicht entkräftet sind.
b) Auch die Unterbringungsanordnung ist rechtsfehlerfrei.
c) Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers soll möglichst umgehend mit der Behandlung des süchtigen (oder kranken) Rechtsbrechers begonnen werden, da dies am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspricht. Gerade bei längerer Strafdauer muß es darum gehen, den Angeklagten frühzeitig zu heilen und seine Persönlichkeitsstörung zu behandeln, damit er im Strafvollzug an der Verwirklichung des Vollzugsziels arbeiten kann. Ein Abweichen von der Regelabfolge des Vollzugs kommt nur bei erkennbar gewichtigen Besonderheiten des Einzelfalls in Betracht (st. Rspr., vgl. zusammenfassend die Übersicht bei Detter, NStZ 2002, 132, 137; weitere Nachw. bei Tröndle/Fischer StGB, 50. Aufl. § 67 Rdn. 6, 6a).
Die Strafkammer verweist dem gegenüber jedoch nur darauf, daß der mit dem Vorwegvollzug verbundene erhöhte Leidensdruck die bessere Erreichbarkeit des Ziels des Maßregelvollzugs ermögliche, wohingegen der Erfolg der Maßregel gefährdet wäre, wenn nicht die Möglichkeit bestünde, den Angeklagten unmittelbar aus dem Maßregelvollzug in die Freiheit zu entlassen.
Diese eher allgemein gehaltenen Ausführungen lassen für sich genommen gerade in der Person des Angeklagten liegende Besonderheiten, die ein Abweichen von der gesetzlichen Vollzugsreihenfolge rechtfertigen könnten, nicht erkennen. Auch eine Gesamtschau der Urteilsgründe führt zu keinem anderen Ergebnis: Vielmehr ist der Angeklagte durch die Tat „beeindruckt und geschockt”, und es wird sein „Wille, seine Lebensverhältnisse zu ändern, erkennbar”. Er „äußert den Willen zur Umkehr” und ist für eine „Entziehungskur. … motiviert”.
3. Angesichts dieser Feststellungen ist ausgeschlossen, daß eine neue Verhandlung noch Erkenntnisse ergeben könnte, wonach ausnahmsweise beim Angeklagten durch einen (teilweisen) Vorwegvollzug der Strafe der Zweck der Maßregel leichter erreicht würde. Entsprechend § 354 Abs. 1 StPO entscheidet der Senat daher selbst, daß die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe entfällt.
4. Der Wegfall dieser Anordnung hat auf die Kostenentscheidung keinen Einfluß (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Schäfer, Nack, Wahl, Boetticher, Kolz
Fundstellen