Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 07.09.2020; Aktenzeichen II-1 KLs – 47 Js 69/19 – 9/20) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 7. September 2020
- im Strafausspruch und im Ausspruch über den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe vor der Maßregel aufgehoben,
- in der Einziehungsentscheidung dahingehend abgeändert, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 337.685,00 EUR angeordnet wird und die darüber hinausgehende Einziehungsanordnung entfällt.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 64 Fällen, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 140 Fällen” zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe vor der Maßregel angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Der Strafausspruch hat auf die Sachrüge keinen Bestand. Das Landgericht hat bei der Bemessung der Einzelstrafen hinsichtlich sämtlicher ausgeurteilter Taten sowie der Gesamtstrafe zulasten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser „bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist”. Nach den Urteilsfeststellungen datiert die erste der beiden Eintragungen im Bundeszentralregister vom 28. April 2017 und erfolgte somit zeitlich nach den hier abgeurteilten Taten zu den Ziffern III.1.-7. der Urteilsgründe. Die Verurteilungen konnten daher für diese Taten zum Zeitpunkt ihrer Begehung noch keine Warnfunktion entfalten. Dasselbe gilt für diejenigen zu Ziffer III.8. der Urteilsgründe abgeurteilten Taten, die der Angeklagte vor der Verurteilung vom 28. April 2017 beging. Trotz der insgesamt moderat bemessenen Strafen vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Strafzumessung auf dem Rechtsfehler beruht.
Rz. 3
Um dem neuen Tatgericht eine insgesamt schlüssige und in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen, hebt der Senat den Strafausspruch auch im Übrigen, hinsichtlich der weiteren zu Ziffer III.8. sowie zu Ziffer III.9. der Urteilsgründe ausgeurteilten Taten, auf. Die Aufhebung des Strafausspruchs zieht die Aufhebung des Ausspruchs über den Vorwegvollzug nach sich.
Rz. 4
Die zugehörigen Feststellungen sind von dem bloßen Wertungsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Weitere Feststellungen können getroffen werden, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Rz. 5
2. Auch die Einziehungsentscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Rz. 6
a) Zu Unrecht hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen aus der zu Ziffer III.7. der Urteilsgründe abgeurteilten Tat auf § 73, § 73c StGB gestützt. Nach den Feststellungen wurde dem Angeklagten in diesem Fall das Betäubungsmittel (13,7 kg Haschisch), das er zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben und eingelagert hatte, durch einen Dritten entwendet. Verkaufserlöse erzielte der Angeklagte nicht. Bei dem Betäubungsmittel selbst handelt es sich nicht um einen Tatertrag im Sinne der §§ 73, 73c StGB, sondern um ein Tatobjekt gemäß § 33 Satz 1 BtMG, § 74 Abs. 2 StGB (BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2020 – 3 StR 37/20; vom 11. Dezember 2019 – 2 StR 483/19 mwN).
Rz. 7
b) Hiernach könnte zwar grundsätzlich eine Einziehung des Wertes des Betäubungsmittels gemäß § 74c Abs. 1 StGB in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung (§ 2 Abs. 5 StGB) in Betracht kommen. Eine solche setzte indes voraus, dass dem Angeklagten das Haschisch als der ursprünglich einziehungsbetroffene Gegenstand zur Zeit der Tat gehörte oder zustand. Dies hat das Landgericht nicht festgestellt. Eigentum an dem Betäubungsmittel konnte der Angeklagte, sofern der Erwerb im Inland stattfand, gemäß § 134 BGB nicht erlangen (BGH, Beschlüsse vom 24. September 2019 – 5 StR 269/19, NStZ 2020, 24; vom 12. Juni 2019 – 3 StR 194/19 mwN). Dass der Angeklagte das Haschisch stattdessen im Geltungsbereich einer den Eigentumsübergang nicht verbietenden Rechtsordnung erwarb, ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen, wonach die Herkunft des Betäubungsmittels nicht aufzuklären war, nicht. Die bloße Möglichkeit, dass der Angeklagte auf diese Weise Eigentum an dem Betäubungsmittel erlangt haben könnte, rechtfertigt eine Wertersatzeinziehung nach § 74c StGB nicht (BGH, Beschluss vom 11. Juni 1986 – 5 StR 275/85, BGHSt 33, 233).
Rz. 8
Der Senat ändert die Einziehungsentscheidung, da in der neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen zu der Herkunft des Gegenstandes der mindestens neun Jahre zurückliegenden Tat nicht zu erwarten sind, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO dahingehend ab, dass sie sich auf den Wert der Erträge aus den Taten zu Ziffern III.1. – 4. und III.6. der Urteilsgründe beschränkt und in Bezug auf den Fall III.7. der Urteilsgründe eine Einziehung entfällt.
Unterschriften
Sost-Scheible, Quentin, Bartel, Lutz, Maatsch
Fundstellen
Dokument-Index HI14497642 |