Verfahrensgang
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. Juni 1996 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.903 DM.
Tatbestand
I.
Die Parteien schlossen am 29. November 1962 die Ehe, aus der zwei inzwischen erwachsene Kinder hervorgingen. Am 26. November 1992 wurde der Ehefrau (Antragsgegnerin) der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller) zugestellt.
In der Ehezeit (1. November 1962 bis 31. Oktober 1992, § 1587 Abs. 2 BGB) erwarb der Ehemann bei der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken (LVA – weitere Beteiligte zu 1) Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 1.098,41 DM. Die Ehefrau entrichtete schon ab 1. August 1957 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA – weitere Beteiligte zu 2), ließ sich diese aber nach der Eheschließung aufgrund des damaligen § 83 AVG für die Zeit vom 1. August 1957 bis 30. April 1963 in Höhe von 1.108,50 DM erstatten. Im März 1992 machte sie von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 282 SGB VI durch Nachzahlung von 10.398,75 DM die Heiratserstattung rückgängig zu machen, wodurch entsprechende Rentenanwartschaften begründet worden sind. Aufgebracht wurde der Nachzahlungsbetrag in Höhe von rund 9.000 DM durch den Ehemann, während 1.400 DM aus einer Schenkung des Sohnes A. der Parteien an die Ehefrau stammten. Insgesamt beliefen sich danach die von der Ehefrau erworbenen Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung auf monatlich 515,93 DM.
Das Amtsgericht – Familiengericht – schied durch Verbundurteil die Ehe der Parteien und regelte den Versorgungsausgleich in der Weise, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der LVA monatliche Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 291,24 DM auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA übertrug.
Gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs legte die Ehefrau Beschwerde ein, mit der sie der Erhöhung des zu ihren Gunsten durchgeführten Splittings auf monatlich 477,12 DM erstrebte. Sie vertrat die Auffassung, daß die durch die Nachentrichtung von Beiträgen begründeten Versorgungsanwartschaften insoweit nicht in den Ausgleich einzubeziehen seien, als sie voreheliche Zeiten beträfen. Ausgenommen werden müßten jedenfalls die Anwartschaften, die auf die Schenkung des Sohnes zurückzuführen seien.
Das Oberlandesgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich dahin, daß im Wege des Splittings Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 318,47 DM auf die Ehefrau übertragen werden. Es folgte deren Auffassung insoweit, als die Zuwendung von 1.400 DM seitens des Sohnes in Frage steht. Im übrigen wies es das Rechtsmittel zurück (veröffentlicht in FamRZ 1996, 1550).
Mit der – zugelassenen – weiteren Beschwerde verfolgt die Ehefrau ihr zweitinstanzliches Begehren weiter, soweit das Oberlandesgericht ihm nicht bereits stattgegeben hat.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind auch Versorgungsanwartschaften, die mittels in der Ehezeit für voreheliche Zeiten nachentrichteter freiwilliger Beiträge erworben worden sind, in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (sog. In-Prinzip, grundlegend BGHZ 81, 196). Für den Fall der Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 282 SGB VI aufgrund einer sogenannten Heiratserstattung gemäß § 83 AVG a.F. ist keine Ausnahme zu machen (ebenso OLG Hamm FamRZ 1998, 297; Palandt/Diederichsen BGB 57. Aufl. § 1587 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht 3. Aufl. § 1587 Rdn. 19). Der gegenteiligen Auffassung des Sozialgerichts Hamburg in FuR 1995, 150 ist nicht zu folgen. Durch die Beitragserstattung ist das früher bestehende Versicherungsverhältnis rückwirkend erloschen. Die Beitragsnachentrichtung hat die infolge der Heiratserstattung eingetretenen Nachteile nicht rückwirkend wieder beseitigt. Die nach-entrichteten Beiträge haben eine andere Qualität und sind nicht erneut zu Beiträgen aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung geworden (vgl. BSG vom 18. September 1991 – SozR 3-2200 § 1259 Nr. 7). Die Auffassung der Ehefrau, daß „ruhende” Rentenanwartschaften durch die Nachentrichtung der Beiträge wieder aufgelebt seien, trifft daher nicht zu.
Soweit Nachzahlungen gemäß § 282 SGB VI auch rentenrechtliche Beitragslücken für voreheliche Zeiten auffüllen, aber während der Ehezeit aufgewendet werden, stammen sie zumindest aus gemeinschaftlich erarbeitetem Vermögen der Ehegatten und sind daher versorgungsausgleichsrechtlich der Ehezeit zuzuordnen. Unstreitig ist im vorliegenden Fall der weitaus größere Anteil der Nachzahlung vom Ehemann aufgebracht worden. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 14. Dezember 1994 – XII ZR 108/93 – FamRZ 1995, 289, 290) unterfällt eine während der Ehezeit zugeflossene Heiratserstattung nicht dem Zugewinnausgleich, sondern wird dem Anfangsvermögen der Ehefrau zugerechnet, weil der fragliche Vermögenszuwachs allein auf vorehelichen Beitragszahlungen der Ehefrau beruht. Bei der Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 282 SGB VI fehlt ein entsprechender rechtfertigender Grund für die Ausnahme vom Versorgungsausgleich. Es erschiene im Gegenteil unbillig, wenn der Ehemann weder über den Zugewinnausgleich noch über den Versorgungsausgleich an Vermögenswerten teilhaben könnte, die durch die gemeinsame Lebensleistung der Ehegatten geschaffen worden sind.
2. Die von der weiteren Beschwerde ins Feld geführten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht.
a) Ein Verstoß gegen das Gleichberechtigungsgebot (Art. 3 Abs. 2 GG) ist nicht ersichtlich. Daß in der Rentenversicherung der Angestellten weibliche Versicherte bis Ende 1967 aufgrund des § 83 AVG damaliger Fassung berechtigt waren, sich aus Anlaß ihrer Heirat den Arbeitnehmeranteil bestimmter Beiträge erstatten zu lassen, beruhte auf der seinerzeitigen Vorstellung des Gesetzgebers, daß viele Frauen mit ihrer Eheschließung endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheiden und einer eigenen Vorsorge für Invalidität und Alter nicht mehr bedürfen. Zu den Grundsätzen des Rentenversicherungssystems gehört es, daß eine einmal getroffene Entscheidung, so auch die Wahl einer Heiratserstattung, nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Der Gesetzgeber war daher von Verfassungs wegen nicht gehalten, den Frauen, die eine solche Entscheidung getroffen haben, die Möglichkeit einer Korrektur zu eröffnen, auch wenn ihre Entscheidung auf einer Vorschrift beruhte, die später aufgrund gewandelter Einschätzung des Bedürfnisses für eine eigenständige Sicherung der Frau gegen die Risiken von Alter und Invalidität wieder aufgehoben worden ist (vgl. BVerfG vom 4. August 1998 – 1 BvL 16/90; s.a. BVerfGE 36, 327). Bei der von vornherein zeitlich befristeten Vorschrift des § 282 SGB VI ging es um die Lösung eines Problems, das sich seiner Natur nach nur bei Frauen stellte, ohne daß das in Art. 3 Abs. 2 GG statuierte Verbot der Differenzierung nach dem Geschlechtsunterschied berührt wurde (vgl. dazu BVerfGE 85, 191, 207). Ebensowenig wird dieses Verbot berührt, wenn die infolge der Korrekturmöglichkeit neu begründeten Rentenanwartschaften einer bestehenden Ehe zugeordnet und dem Versorgungsausgleich unterworfen werden, der als solcher verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. BVerfG FamRZ 1980, 326, 333). Gleiches gilt für den von der weiteren Beschwerde als verletzt angesehenen allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Zwar trifft es zu, daß in Fällen der Nachentrichtung von Beiträgen erst nach dem Ende der Ehezeit die dadurch begründeten Anrechte in den Versorgungsausgleich nicht einbezogen werden. Ein hinreichend gewichtiger Sachgrund für die Einbeziehung von Anrechten, die durch eine Nachzahlung während der Ehe begründet werden, besteht jedoch darin, daß im Zeitpunkt der Zahlung die Wirtschafts- und Versorgungsgemeinschaft der Ehe besteht.
b) Die weitere Beschwerde erhebt weiter Bedenken im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, unter deren Schutz auch Rentenanwartschaften stünden. Auch diese Bedenken teilt der Senat nicht. Es ist schon zweifelhaft, ob es im vorliegenden Fall um Vermögenspositionen geht, die auf nicht unerheblichen Eigenleistungen der Ehefrau beruhen (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerfG FamRZ 1998, 811, 813). Jedenfalls verstößt es nicht gegen die Verfassung, wenn die während bestehender Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung gemeinschaftlich erwirtschafteten Versorgungsanrechte nach der Scheidung gleichmäßig auf beide Parteien verteilt werden (vgl. BVerfG FamRZ 1980 aaO). Auch bei den hier erörterten Versorgungsanrechten handelt es sich um solche, die während der Ehe gemeinschaftlich erwirtschaftet worden sind.
3. Soweit das Oberlandesgericht die aufgrund der Schenkung des Sohnes begründeten Rentenanwartschaften vom Ausgleich ausgenommen hat, ist die Entscheidung für die Ehefrau günstig und unterliegt nach dem auch im Verfahren über den Versorgungsausgleich geltenden Verbot der Schlechterstellung keiner Abänderung zu ihren Ungunsten (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 85, 180).
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber
Fundstellen
Haufe-Index 1383886 |
NJWE-FER 1998, 3 |