Entscheidungsstichwort (Thema)
Familiensache
Leitsatz (amtlich)
Die in § 3 der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung vorgesehene erhöhte Berücksichtigung von Zeiten, in denen ein Beamter aus dem früheren Bundesgebiet im Beitrittsgebiet verwendet worden ist, hat auf die Berechnung des Zeit/Zeit-Verhältnisses zur Ermittlung des auf die Ehe entfallenden Versorgungsanteils keinen Einfluß.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die weitere Beschwerde der Bundesanstalt für Arbeit gegen den Beschluß des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. November 1993 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.001,28 DM.
Gründe
I.
Die am 26. März 1943 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der am 19. Juli 1939 geborene Ehemann (Antragsgegner) haben am 16. Dezember 1969 die Ehe geschlossen. Am 30. Januar 1992 ist der Scheidungsantrag des Ehemannes rechtshängig geworden. In der Ehezeit (1. Dezember 1969 bis 31. Dezember 1991, § 1587 Abs. 2 BGB) hat die Ehefrau eine Rentenanwartschaft wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, weitere Beteiligte zu 2) in Höhe von 248,73 DM – bezogen auf das Ehezeitende – erworben. Der Ehemann hat Versorgungsanrechte nach beamtenrechtlichen Vorschriften bei der Bundesanstalt für Arbeit (BA, weitere Beteiligte zu 1) erworben, deren ehezeitlichen Anteil das Zentralamt der BA in einer ersten Auskunft vom 27. März 1992 mit monatlich 2.251,64 DM, bezogen auf den 31. Dezember 1991, errechnet hat. In einer zweiten Auskunft vom 23. Juli 1992 hat das Zentralamt der BA den Ehezeitanteil dieser Versorgungsanrechte dagegen mit 2.084,76 DM angegeben und dies damit begründet, die um die Zeit bis zur Altersgrenze erweiterte ruhegehaltfähige Dienstzeit des Ehemannes („Gesamtzeit”) betrage nicht – wie in der ersten Auskunft angenommen – 47,34 Jahre, sondern 51,5 Jahre; denn der Ehemann sei seit November 1991 aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen an das Arbeitsamt Neuruppin (Bundesland Brandenburg) zum Zwecke der Aufbauhilfe im Beitrittsgebiet angeordnet worden und diese Zeit vom 4. November 1991 bis zum 31. Dezember 1995 sei aufgrund von Rechtsvorschriften als ruhegehaltfähige Dienstzeit doppelt zu berücksichtigen.
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es die zuerst erteilte Auskunft des Zentralamtes der BA für zutreffend erachtet und demgemäß zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgung des Ehemannes auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA eine in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich (2.251,64 - 248,73 = 2.002,91 : 2 =) 1.001,46 DM – bezogen auf den 31. Dezember 1991 – begründet.
Die dagegen von der BA eingelegte Beschwerde, mit der sie eine Ausgleichsberechnung auf der Grundlage ihrer zweiten Auskunft erreichen wollte, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen (der Beschluß ist veröffentlicht in FamRZ 1994, 710). Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Bundesanstalt für Arbeit ihr Beschwerdebegehren weiter.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die der Regelung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zugrunde gelegten Anwartschaften der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung sind entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zutreffend ermittelt. Insoweit hat auch keiner der Beteiligten Beanstandungen erhoben.
2. Entgegen der Auffassung der BA ist auch die Bewertung der beamtenrechtlichen Versorgungsanrechte des Ehemannes durch die Vorinstanzen nicht rechtsfehlerhaft.
a) Gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BGB ist bei einem bei Ehezeitende noch im aktiven Dienst stehenden Beamten von dem Betrag auszugehen, der sich im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages (gemeint ist das Ehezeitende; vgl. Senatsbeschluß BGHZ 82, 66, 70) als Versorgung ergebe. Beide von der BA erteilten Auskünfte stimmen darin überein, daß die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Ehemannes am 31. Dezember 1991 – zusammengesetzt aus dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13, Stufe 14, dem Ortszuschlag ohne Verheirateten- und Kinderanteile und einer Zulage – insgesamt 5.941,61 DM betrugen. Bei dem von ihm auch ohne Berücksichtigung einer Verdoppelung von Dienstzeiten bereits erreichten Ruhegehaltssatz von 75% errechnet sich daraus ein (fiktives) monatliches Ruhegehalt bei Ehezeitende in Höhe von 4.456,21 DM zuzüglich 371,35 DM (1/12 der jährlichen Sonderzuwendung), insgesamt 4.827,56 DM. Daß das Oberlandesgericht – in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht – diesen Ausgangswert seiner Berechnung zugrunde gelegt hat, unterliegt daher keinen rechtlichen Bedenken, ohne daß es insoweit darauf ankommt, welche der beiden Auskünfte der BA hier maßgebend ist.
Für die Feststellung des ehezeitlich erworbenen Teils der Versorgung, der allein gemäß § 1587 Abs. 1 BGB dem Ausgleich unterliegt, ist die in der Ehe zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit zu der um die Zeit bis zur Altersgrenze erweiterten Dienstzeit (Gesamtzeit) ins Verhältnis zu setzen (§ 1587a Abs. 2 Nr. 1 Sätze 2 und 3 BGB). Das Oberlandesgericht hat für die Errechnung dieser Größen die in der ersten Auskunft der BA vom 27. März 1992 mitgeteilten Daten zugrunde gelegt; danach hatte der Ehemann bis zum Ehezeitende eine ruhegehaltfähige Dienstzeit von 34 Jahren und 275 Tagen erreicht, die sich bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres) um 12 Jahre und 213 Tage auf eine Gesamtzeit von 47 Jahren und 123 Tagen (= 47,34 Jahre) erweitert. In die Ehezeit fällt davon eine Dienstzeit von 22 Jahren und 31 Tagen 22,08 Jahre). Daraus errechnet sich der Ehezeitanteil der vom Ehemann erworbenen Versorgung mit
22,08 × 4.827,56 |
= 2.251,64DM. |
47,34 |
Die BA hält diese Berechnung für unzutreffend, weil sie nicht berücksichtige, daß die Zeit der Verwendung des Ehemannes im Beitrittsgebiet zum Zwecke der Aufbauhilfe als ruhegehaltfähige Dienstzeit doppelt zu zählen sei (§ 3 der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung vom 11. März 1991, BGBl. I 630, i.d.F. der Verordnung zur Änderung der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung vom 24. Juli 1991, BGBl. I 1709). Da der Ehemann mit Wirkung vom 4. November 1991 zum Arbeitsamt Neuruppin abgeordnet worden sei und die Verdoppelung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der genannten Übergangsverordnung bis zum 31. Dezember 1995 befristet werde, müsse die Gesamtzeit um vier Jahre und 58 Tage auf 51 Jahre und 181 Tage (= 51,5 Jahre) erweitert werden; die in die Ehezeit fallende ruhegehaltfähige Dienstzeit sei entsprechend um 58 Tage auf 22 Jahre und 89 Tage (= 22,24 Jahre) zu erhöhen. Daraus ergebe sich entsprechend ihrer zweiten Auskunft vom 23. Juli 1992 ein Ehezeitanteil der erworbenen Versorgung des Ehemannes von
22,24 × 4.827,56 |
= 2.084,76DM. |
51,5 |
Dieser Berechnung sind die Vorinstanzen zu Recht nicht gefolgt.
Nach dem System des Beamtenversorgungsrechts kommt der ruhegehaltfähigen Dienstzeit eine maßgebende Bedeutung für die Bestimmung des Ruhegehaltssatzes zu (§ 14 BeamtVG). Der Höchstsatz von 75% der letzten Dienstbezüge wird nach 40 Jahren erreicht. Gesetzliche Vorschriften, die eine Verdoppelung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten bestimmen, bewirken demgemäß eine Erhöhung des Ruhegehaltssatzes und damit eine Verbesserung der Leistungen in einem Versorgungsfall, der vor Erreichen des höchsten Ruhegehaltssatzes eintritt. Darin liegt auch der Sinn derartiger Vorschriften. Sie ändern aber nichts daran, daß die tatsächlich zurückgelegte Dienstzeit mit dem Erreichen der Altersgrenze jedenfalls ihr Ende findet.
Für die Ermittlung des auf die Ehezeit entfallenden Anteils einer Versorgung durch Bildung des Zeit/Zeit-Verhältnisses ist eine gesetzlich gewährte Anhebung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nicht zu berücksichtigen. Der Senat hat bereits entschieden, daß die Zurechnungszeit, die einem wegen vorzeitiger Dienstunfähigkeit vor Vollendung des 55. Lebensjahres in den Ruhestand versetzten Beamten gemäß § 13 Abs. 1 BeamtVG aus sozialen Gründen gewährt wird, für die anzustellende Verhältnisberechnung außer Betracht zu bleiben hat, weil sie kein echter Zeitfaktor ist, sondern nur ein den Ruhegehaltssatz steigernder Bewertungsfaktor (BGHZ 82, 66, 77; vgl. ferner KG FamRZ 1985, 612; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 2. Aufl. § 1587a BGB Rdn. 57, 66; Soergel/Minz BGB 11. Aufl. § 1587a Rdn. 27; Schmalhofer, Versorgungsausgleich für öffentlich Bedienstete, S. 41). Für die hier zu beurteilende Verdoppelung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit eines Beamten bei Verwendung in den neuen Bundesländern gilt nichts anderes. Derartige Fälle, in denen es lediglich um die erhöhte Berücksichtigung von Zeiten bei der Bemessung des Ruhegehaltssatzes geht, lassen sich nicht mit jenen vergleichen, in denen es um die Berücksichtigung von Zeiten geht, die tatsächlich zusätzlich zurückgelegt worden sind (etwa Ausbildungszeiten und sonstige Zeiten nach § 12 BeamtVG) oder die der Beamte tatsächlich nicht als Dienstzeit verbracht hat (etwa Teilzeittätigkeit oder Beurlaubung ohne Dienstbezüge; vgl. dazu die Senatsbeschlüsse vom 26. März 1986 – IVb ZB 37/83 FamRZ 1986, 658, 660, vom 1. Juni 1988 – IVb ZB 58/86 FamRZ 1988, 940 und vom 12. April 1989 – IVb ZB 159/87 FamRZ 1989, 1060). In allen diesen Fällen besteht der entscheidende Unterschied zum vorliegenden darin, daß effektiv zusätzlich verbrachte Zeiten hinzugerechnet oder nicht als Dienstzeit verbrachte Zeiten abgezogen werden, nicht aber, wie hier, nur abstrakt eine Rechengröße verändert wird. Dieser Veränderung kommt kein Einfluß auf die Berechnung des Zeit/Zeit-Verhältnisses zur Ermittlung des auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsanteils zu.
3. Der auszugleichende Wert der Beamtenversorgung des Ehemannes übersteigt die von der Ehefrau ehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaften um (2.251,64 - 248,73 =) 2.002,91 DM. In Höhe der Hälfte dieses Wertunterschiedes, also in Höhe von 1.001,46 DM, sind für die Ehefrau Rentenanwartschaften zu begründen und in Entgeltpunkte umzurechnen. Die vom Amtsgericht dementsprechend vorgenommene Ausgleichsregelung entspricht daher der Rechtslage.
Fundstellen