Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 21.12.1994; Aktenzeichen 4 U 145/88) |
Tenor
Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 4. Zivilsenat, vom 21. Dezember 1994 – 4 U 145/88 – wird nicht angenommen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 117.281,25 DM.
Tatbestand
I.
Die Klägerinnen sind Eigentümer und Verpächter, der beklagte Verein ist der (ehemalige) Zwischenpächter eines kleingärtnerisch genutzten Grundstücks in H.-E.. Seit Januar 1981 zahlte der Beklagte einen Pachtzins von 0,20 DM/m². Die Klägerinnen haben erstinstanzlich unter Berücksichtigung des ihrer Meinung nach mindestens mit 50 DM/m² zu veranschlagenden Bodenwerts des Grundstücks Zahlung eines erhöhten Pachtzinses in Höhe von 0,80 DM/m² für den Zeitraum vom 1. April 1983 bis zum 30. Juni 1983 bzw. in Höhe von 1 DM/m² für die Zeit vom 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1984 verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Im Berufungsrechtszug haben die Klägerinnen die Klage um den Pachtzins für die Folgejahre 1984/1985 bis zuletzt – über die Beendigung des Pachtverhältnisses zum 30. November 1987 hinaus – 1988/1989 erweitert, wobei sie einen Pachtzins von 1 DM/m² bzw. – für die Zeit vom 1. Juli 1988 bis zum 30. Juni 1989 – einen solchen von 3 DM/m² für angemessen erachten. Das Berufungsgericht hat die Berufung unter Abweisung auch der durch die Klageerweiterung geltend gemachten Pachtzinsforderungen zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgen die Klägerinnen ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 54, 277).
1. Das Berufungsgericht führt aus: Die auf § 316 BGB gestützten Leistungsbestimmungen der Klägerinnen seien für den maßgeblichen Zeitraum vom 1. April 1983 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundeskleingartengesetzes (§ 22 BKleingG) – bis zum 30. Juni 1989 (auch) deshalb nicht wirksam, weil der Beklagte bereits seit 1981 den nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundeskleingartengesetzes vom 8. April 1994 (BGBl. I S. 766) zulässigen Höchstpachtzins entrichte. Der in Hamburg ortsübliche durchschnittliche Pachtzins im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau liege nach den von dem Beklagten eingereichten Gutachten, deren Richtigkeit die Klägerinnen nicht bestritten hätten, bei 0,05 DM/m²; der von dem Beklagten gezahlte Pachtzins entspreche somit dem Vierfachen dieses Betrags. Dieser Betrag sei auch für die Zeit nach Beendigung des Pachtverhältnisses bis zur Rückgabe der Pachtsache maßgeblich (§ 4 Abs. 1 BKleingG, §§ 581 Abs. 2, 557 Abs. 1 BGB).
Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
2. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das von dem Beklagten vorgelegte (zweite) Gutachten des Gutachterausschusses vom 15. Juni 1994 wegen dessen verfahrens- und materiell-rechtlicher Mängel nicht verwerten dürfen, geht fehl.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, der ortsübliche durchschnittliche Pachtzins im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau betrage 0,05 DM/m², beruht, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, nicht auf einer Verwertung dieses Gutachtens – mit dem sich das Berufungsgericht inhaltlich auch gar nicht auseinandergesetzt hat –, sondern auf dem Sachvortrag der Parteien:
Der Streit der Parteien geht vornehmlich um den – für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblichen – Verkehrswert des Grundstücks. Hinsichtlich des ortsüblichen Pachtzinses sind die Klägerinnen dem Beklagtenvorbringen trotz des ausdrücklichen Hinweises des Berufungsgerichts in der Ladung zur mündlichen Verhandlung, daß die Angaben des Beklagten zu den ortsüblichen Pachtzinsen unstreitig sein dürften, nicht entgegengetreten. Aufgrund dessen durfte das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei die Richtigkeit des – durch die (nachträgliche) Vorlage eines weiteren Gutachtens untermauerten – Beklagtenvorbringens für unstreitig erachten. Es ist demzufolge für die Entscheidung des Rechtsstreits auch ohne Belang, daß sich ausgehend von dem Gutachten des Gutachterausschusses der ortsübliche Pachtzins für den erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau in H. auf einem so niedrigen Niveau bewegte, daß der hieraus resultierende höchstzulässige monatliche Pachtzins für einen 400 m² großen Kleingarten nicht, wie für großstädtische Verhältnisse eigentlich zu erwarten wäre, deutlich über, sondern unter dem Bundesdurchschnitt von 11,50 DM – nämlich bei lediglich 6,67 DM – liegen würde (vgl. BT-Drucks. 12/6154 S. 8), während er bei zutreffender Anwendung des § 5 Abs. 1 BKleingG möglicherweise höher anzusetzen ist.
3. In der Sache selbst verkennt die Revision nicht, daß das Begehren der Klägerinnen auf Zahlung eines das Vierfache des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau überschreitenden Pachtzinses nicht mit § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG n.F. zu vereinbaren ist. Sie ist aber der Auffassung, daß auch die im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Unvereinbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (BVerfGE 87, 114) vorgenommenen Änderungen des § 5 BKleingG den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine verfassungsgemäße Begrenzung des zulässigen Pachtzinses nicht genügen und deshalb ihrerseits verfassungswidrig sind. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Der mit Erlaß des Bundeskleingartengesetzes verfolgte gesetzgeberische Zweck, durch Einschränkungen der Vertragsfreiheit hinsichtlich der Festlegung der Vertragsdauer (§ 6 BKleingG), der Kündigungsmöglichkeiten des Verpächters (§§ 8–10 BKleingG) und des Pachtzinses (§ 5 BKleingG) die sozial schwächeren Bevölkerungsschichten vor einer Verdrängung aus der Kleingartenpacht zu schützen, ist als solcher von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfGE 87, 114, 150 f; vgl. auch Senatsbeschluß vom 29. Juni 1995 – III ZR 99/94 – zur Veröffentlichung in BGHR vorgesehen). Das Bundesverfassungsgericht hat demzufolge auch davon abgesehen, § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. für nichtig zu erklären, sondern lediglich die Unvereinbarkeit dieser Bestimmung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG festgestellt.
b) Daß der Gesetzgeber als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Höchstpachtzinses für Kleingärten pauschal den Bodenpachtmarkt für den erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau gewählt hat (vgl. hierzu Mainczyk ZfBR 1993, 151, 154), ist vom Bundesverfassungsgericht ebenfalls nicht beanstandet worden. Es hat lediglich den in § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. enthaltenen Multiplikator (den doppelten Betrag) für zu niedrig erachtet, da dieser, bezogen auf den Bundesdurchschnitt, für einen 400 m² großen Kleingarten lediglich einen monatlichen Höchstpachtzins von 4,67 DM (auf der Grundlage des Agrarberichts 1982) ergebe und damit die Nutzungsbefugnis des Eigentümers allzusehr einschränke (BVerfGE 87, 114, 148). Der Änderungsgesetzgeber, der sich unter eingehender Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auseinandergesetzt hat (vgl. BT-Drucks. 12/6154 S. 6 f), hat aber dieser Entscheidung nicht nur durch eine Verdoppelung des Multiplikators (der vierfache Betrag) Rechnung getragen – was gewährleistet, daß künftig für einen Kleingarten von 400 m² Größe eine Pachtzinseinnahme von durchschnittlich 11,50 DM monatlich (auf der Grundlage des Agrarberichts 1991) erzielt werden kann (vgl. BT-Drucks. a.a.O. S. 8) und damit bei der zulässigen generalisierenden Betrachtungsweise dem Verpächter ein hinreichender Grundstücksertrag ermöglicht wird –, sondern darüber hinaus die Möglichkeit einer Kostenüberwälzung für öffentlich-rechtliche Lasten, die auf dem Kleingartengrundstück ruhen, auf den Pächter geschaffen (§ 5 Abs. 5 BKleingG n.F.). Er hat damit ein weiteres gewichtiges Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der früheren Bestimmung ausgeräumt (vgl. BVerfG a.a.O. S. 150).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände vermag der Senat nicht die für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG notwendige Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG n.F. zu gewinnen (bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Norm genügen nicht, vgl. nur BVerfGE 86, 52, 57 und 80, 54, 59 m.w.N.).
Unterschriften
Rinne, Engelhardt, Werp, Streck, Schlick
Fundstellen