Leitsatz (amtlich)
›Hat der Eigentümer sein Einfamilienhaus oder seine Eigentumswohnung einem Vermietungsunternehmen zur Untervermietung zu Wohnzwecken vermietet, so kann ihm nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses der aus § 556 Abs.3 BGB auf Räumung in Anspruch genommene Untermieter den Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegensetzen, soweit dem Untermieter gegenüber einer Kündigung des Untervermieters Schutzrechte aus den §§ 556 a, 564 b BGB zustehen würden. Das gilt auch dann, wenn dem Untermieter bei Abschluß des Untermietvertrages zwar bekannt war, daß sein Vermieter nicht Eigentümer der Mietsache ist, er aber nicht wußte, daß er gegenüber dem Eigentümer keinen Wohnraumkündigungsschutz genießt (teilweise Aufgabe von BGHZ 84, 90 = BGH, HdM Nr. 2).‹
Tatbestand
I. Die Beklagten bewohnen seit 1984 ein den Klägern gehörendes Einfamilienhaus. Die Kläger hatten das Anwesen mit Vertrag vom 1. Februar 1984 einer gewerblichen Zwischenmieterin ›zu Vermietungszwecken‹ auf die Dauer von zunächst zehn Jahren überlassen, die es ihrerseits durch ›Wohnungs-Mietvertrag‹ vom 1. Februar 1984 auf unbestimmte Dauer an die Beklagten vermietete. Bei Vertragsschluß wußten die Beklagten, daß nicht die Zwischenvermieterin, sondern die Kläger Eigentümer des Hauses waren. Zum 1. Mai 1987 trat an die Stelle der bisherigen Zwischenvermieterin die Firma K.- GmbH; deren Mietverhältnis mit den Klägern endete zum 31. Januar 1989.
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe des Hauses in Anspruch. Das Amtsgericht Grevenbroich hat ihre Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, zwar hätten die Beklagten von Anfang an gewußt, daß die Kläger und nicht die damalige Zwischenvermieterin Eigentümer des Hauses seien; die Beklagten seien sich aber über den Untermietcharakter ihres Mietvertrages mit dem Zwischenvermieter und dem deswegen fehlenden Kündigungsschutz gegenüber den Klägern nicht im klaren gewesen. Das allein auf § 556 Abs. 3 BGB gestützte Verlangen der Kläger auf Räumung und Herausgabe sei deshalb rechtsmißbräuchlich.
Mit ihrer Berufung haben die Kläger ergänzend geltend gemacht, sie hätten auch ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, weil bereits ergebnislose Verkaufsverhandlungen stattgefunden hätten und sie das Anwesen bei fortbestehender Nutzung durch die Beklagten nicht einmal zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis hätten veräußern können (§ 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB). Das auf die Berufung der Kläger mit der Sache befaßte Landgericht Mönchengladbach vermißt eine substantiierte Darlegung des berechtigten Interesses und möchte im übrigen ebenso entscheiden wie das Amtsgericht, sieht sich daran aber durch den Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1982 (BGHZ 84, 90 ff.) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Oberlandesgericht Hamm zur Entscheidung durch Rechtsentscheid vorgelegt.
Das Oberlandesgericht Hamm teilt die Auffassung des Landgerichts und möchte die Vorlegungsfrage wie folgt beantworten:
›Nimmt ein Haus- oder Wohnungseigentümer, der das Objekt an ein Vermietungsunternehmen zur Untervermietung als Wohnung vermietet hat, nach Beendigung des Hauptmietvertrages den Untermieter auf Räumung in Anspruch, so kann ihm der Untermieter die Schutzrechte aus den §§ 556 a, 564 b BGB entgegenhalten, die er gegenüber einer Kündigung des Zwischenvermieters hätte, es sei denn, seine Untermieterstellung und die daraus folgende Einschränkung des Kündigungsschutzes waren ihm bei Abschluß des Untermietvertrages bekannt.‹
Da es sich ebenfalls mit einer solchen Entscheidung in Widerspruch zu dem Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1982 setzen würde, hat das Oberlandesgericht am 19. September 1990 beschlossen, einen Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs einzuholen.
Zur Begründung (abgedruckt in WuM 1990, 453 ff. mit Anm. Otto, ZMR 1991, 62 f.) hat es ausgeführt: Dem Bundesgerichtshof sei zwar darin zu folgen, daß bei gewerblicher Zwischenvermietung der Kündigungsschutz des Untermieters gegenüber dem Eigentümer dadurch zu bewerkstelligen sei, daß sich der Untermieter bei einer Kündigung des Eigentümers auf rechtsmißbräuchliches Verhalten berufen könne. Der Bundesgerichtshofs habe aber die Grenzen, innerhalb deren der Untermieter Kündigungsschutz genieße, zu eng gezogen. Die Einschaltung eines gewerblichen Zwischenvermieters nütze nur dem Eigentümer. Gründe, ihn besserzustellen als einen Vermieter, der unmittelbar an den Endnutzer vermiete, gebe es nicht. Der Eigentümer sei in der Lage und müsse sich deshalb zumuten lassen, den Untermieter umfassend über dessen (schlechte) Rechtsposition zu unterrichten oder unterrichten zu lassen. Die dafür erforderliche Kenntnis der Rechtslage sei bei ihm jedenfalls eher vorauszusetzen als beim Untermieter, der im allgemeinen keinen Anlaß habe, an seinem Kündigungsschutz zu zweifeln, und der auch aus dem Hinweis auf das fehlende Eigentum des Zwischenvermieters häufig nicht die mieterschutzrechtlichen Konsequenzen ziehen könne.
Diese Auffassung werde durch die neue Vorschrift des § 564 b Abs. 7 Nr. 5 BGB bestätigt, in der der Gesetzgeber für einen Sonderfall der Untermiete den Wegfall des Wohnraumkündigungsschutzes von einer vorherigen Aufklärung des Untermieters über den fehlenden Schutz abhängig gemacht habe.
II. 1. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof liegen vor. Nach Art. III Abs. 1 S. 3 3. MietRÄndG hat das Oberlandesgericht einen Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs u.a. dann herbeizuführen, wenn es von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweichen will. Der Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1982 beantwortet die vom Oberlandesgericht Hamm gestellte Rechtsfrage im entgegengesetzten Sinn.
Die Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Zutreffend hat das Oberlandesgericht ausgeführt, daß dies auch dann gilt, wenn man anders als das Landgericht das Vorbringen der Kläger über ihr berechtigtes Interesse an der Kündigung für ausreichend substantiiert hält, weil dann über diesen bestrittenen Vortrag Beweis erhoben werden müßte. Die Vermeidung einer Beweisaufnahme genügt, um die für einen Rechtsentscheid erforderliche Entscheidungserheblichkeit zu bejahen (BGHZ 101, 253, 261).
2. Der Senat beantwortet die zu entscheidende Rechtsfrage wie aus der Eingangsformel ersichtlich.
a) Der Rechtsentscheid vom 21. April 1982 ist im Schrifttum überwiegend auf Zustimmung gestoßen (Emmerich/Sonnenschein, Miete, 5. Aufl. § 556 Rdn. 28; Soergel/Kummer, BGB, Nachträge zur 11. Aufl. § 556 Rdn. 22; Erman/Schopp, BGB, 8. Aufl. § 556 Rdn. 6; Köhler, Handbuch der Wohnraummiete, 3. Aufl. § 96 Rdn. 18 a und § 97 Rdn. 10 a; Palandt/Putzo, 50. Aufl. § 556 Rdn. 21; Scheuer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. V A Rdn. 36; Maute, WuM 1982, 287, 288; Reinelt, NJW 1984, 2869 f; Gather, DWW 1988, 131, 135). Vereinzelt sind Stimmen geblieben, die das Bedürfnis für einen Schutz des Untermieters in diesem Fall überhaupt verneinen (Haase, JR 1982, 456; von Morgen, JZ 1989, 725, 728). Bei grundsätzlicher Zustimmung hat der vom Bundesgerichtshof beschrittene Weg, den Schutz des Untermieters mit Hilfe des Rechtsmißbrauchseinwandes zu gewährleisten, im Schrifttum jedoch teilweise Kritik erfahren. Wegen des bei einem fortbestehenden Nutzungsrecht des Untermieters sich ergebenden vertragslosen Zustandes ist versucht worden, den Schutz des Untermieters gegenüber dem Eigentümer auf andere Weise zu erreichen, z.B. mittels einer teleologischen Reduktion des § 556 Abs.3 BGB, durch Annahme einer Verpflichtungsermächtigung (§ 185 BGB), mittels entsprechender Anwendung der §§ 571 BGB oder 1056 BGB oder durch Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs in Analogie zum finanzierten Abzahlungskauf (Nassall, MDR 1983, 9, 12; Gursky, JR 1983, 265 ff.; Crezelius, JZ 1984, 70, 74; Matthies, NJW 1988, 1631, 1635 ff.; Bunn, WuM 1988, 386, 388 f.).
Der Senat sieht keinen Anlaß, den Ausgangspunkt seiner Rechtsprechung zu ändern. Die Lösungsvorschläge, die über die §§ 571 oder 1056 BGB zu einer ›Übernahme‹ des Untermietvertrages durch den Eigentümer führen, setzen die in der Regel nicht statthafte analoge Anwendung von eng auszulegenden Ausnahmevorschriften voraus, die für § 571 BGB bei der gewerblichen Zwischenvermietung ohnehin nicht in Betracht kommt, wie der Senat unlängst für den Fall, daß der Zwischenvermieter wechselt, entschieden hat (BGHZ 107, 315, 320). Sie hätten überdies zur Folge, wie das Oberlandesgericht im Vorlagebeschluß zutreffend hervorhebt, daß es auf den Kenntnisstand des Untermieters überhaupt nicht mehr ankäme und daß ein auf § 556 Abs.3 BGB gestützter Rückgabeanspruch selbst gegenüber dem bei Vertragsabschluß über seine Rechtsstellung aufgeklärten Untermieter nicht mehr möglich wäre. Eine Verpflichtungsermächtigung ist dem deutschen Recht im wesentlichen fremd (BGHZ 34, 122, 125); einer entsprechenden Anwendung des § 185 Abs.1 BGB auf vom Mieter geschlossene Untermietverträge steht die Sonderregelung des § 556 Abs.3 BGB entgegen, die dem Vermieter bei Beendigung des (Haupt-) Mietverhältnisses stets einen eigenen Rückgabeanspruch gegen den Untermieter einräumt (s. auch Fritz, WuM 1991, 13 ff.). Demgegenüber bietet der Weg über eine teleologische Reduktion des § 556 Abs.3 BGB oder über den Einwendungsdurchgriff keine Vorteile, soweit es um die Rechtsbeziehungen zwischen dem Untermieter und dem Eigentümer geht. Der sich ergebende vertragslose Zustand zwischen Eigentümer und (früherem) Untermieter kann mit Hilfe des § 242 BGB bewältigt werden. Er führt, wie die hierzu inzwischen ergangene Rechtsprechung zeigt (LG Hamburg, WuM 1990, 150; LG München, NJW-RR 1990, 656 f.; LG Stuttgart, NJW-RR 1990, 654 ff.), nicht zu unlösbaren Problemen und kann im übrigen für die Beteiligten Anlaß sein, ihre Beziehungen in Anlehnung an die im Untermietvertrag getroffenen Vereinbarungen vertraglich zu regeln.
b) Im Rechtsentscheid vom 21. April 1982 hat der Senat den auf § 556 Abs.3 BGB gestützten Anspruch des Eigentümers auf Räumung für rechtsmißbräuchlich erachtet, wenn dem Untermieter bei Vertragsschluß unbekannt war, daß es sich bei seinem Vermieter nicht um den Wohnungseigentümer handelte. Habe er jedoch gewußt, daß die Wohnung nicht dem Vermieter gehöre, verstoße das Räumungsverlangen des Eigentümers deswegen nicht gegen Treu und Glauben, weil der Untermieter dann habe erkennen können, daß er nur gegenüber seinem Vertragspartner Kündigungsschutz nach den §§ 564 b, 556 a BGB genieße (BGHZ 84, 90, 96/97). Diese Differenzierung hat im Schrifttum Widerspruch hervorgerufen, weil der die Rechtslage falsch beurteilende Untermieter ebenfalls schutzwürdig sei (Reinstorf in Bub/Treier Kap. I RN. 88; MünchKomm/Voelskow, 2. Aufl., § 556 Rdn. 30; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Teil IV, Rdn. 587 ff.; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumkündigungsschutzgesetze, 6. Aufl., Rdn. B 287 a.E.; Hille, WuM 1983, 46, 47; Crezelius, aaO.; Finger, WuM 1985, 71, 74; Wetekamp GE 1986, 415, 416; Matthies, aaO.; wohl auch Bunn, aaO.) Nach erneuter Überprüfung bejaht der Senat die Schutzwürdigkeit des Untermieters auch dann, wenn er wußte, daß sein Vermieter nicht Eigentümer der Wohnung ist.
aa) Im Rechtsentscheid vom 21. April 1982 ist das Verhalten des Eigentümers, der vom Untermieter gem. § 556 Abs.3 BGB ohne Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 564 b, 556 a BGB Räumung fordert, deswegen als rechtsmißbräuchlich beurteilt worden, weil der Eigentümer ein an sich dem Kündigungsschutz für Wohnraum unterliegendes Objekt einem gewerblichen Zwischenvermieter in Kenntnis des Umstandes überlassen hat, daß es letztlich zu Wohnzwecken benutzt werden soll, und weil die allein zu seinem Vorteil erfolgte Einschaltung eines gewerblichen Vermietungsunternehmens keinen überzeugenden Grund in sich trägt, ihn, was die Möglichkeit der Wiedererlangung der Mietsache angeht, zum Nachteil des Untermieters besser zu stellen als einen Vermieter, der unmittelbar an den Benutzer vermietet (BGH, aaO. 98). Zudem weiß der Eigentümer, daß ein Wohnungsmieter sich nicht ohne zwingenden Anlaß darauf einläßt, eine Wohnung zu mieten, für die Kündigungsschutz nicht besteht. Diese Gesichtspunkte und der den §§ 564 b, 556 a BGB zugrundeliegende gesetzgeberische Gedanke, den vertragstreuen Mieter vor willkürlicher Kündigung und vor dem Verlust seiner Wohnung als Lebensmittelpunkt zu schützen (BGH, aaO. 97; vgl. auch BVerfG, NJW 1991, 157 f.), rechtfertigen es, dem Untermieter den Einwand des Rechtsmißbrauchs gegenüber dem Räumungsverlangen des Eigentümers nur dann zu versagen, wenn er die Wohnung in Kenntnis seiner schlechten Rechtsposition angemietet hat.
bb) Für diese Kenntnis reicht es jedoch nicht aus, daß der Untermieter über die fehlende Eigentümerstellung seines Vertragspartners informiert ist. Denn die Untervermietung durch einen gewerblichen Zwischenvermieter wird von einem juristischen Laien in der Regel nicht als Untermiete im Rechtssinne gewertet. Der Rechtsunkundige versteht unter Untermiete entsprechend dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens die Vermietung eines - in der Regel möblierten - Teiles der vom Hauptmieter selbst genutzten Wohnung. Bei diesem ›klassischen‹ Fall der Untermiete (vgl. Matthies, aaO.) ist sich auch der Laie darüber im klaren, daß sein Recht zum Verbleiben in den untergemieteten Räumen vom Bestand des Hauptmietverhältnisses abhängt und daß mit der Auflösung des Hauptmietvertrages keine Rechte gegenüber dem Eigentümer aus dem Untermietverhältnis hergeleitet werden können. Demgegenüber wird der Rechtsunkundige die Anmietung einer vollständigen Wohnung von einem Vermieter, der sie selbst nicht unmittelbar nutzt oder genutzt hat, selbst dann nicht als Untermiete im Rechtssinne mit den dargestellten Folgen für den Kündigungsschutz einordnen, wenn ihm bekannt ist, daß die Wohnung seinem Vertragspartner nicht gehört. Er wird vielmehr davon ausgehen, daß er ein normales Mietverhältnis mit dem üblichen Kündigungsschutz für Wohnraum eingeht und die Wohnung allenfalls dann räumen muß, wenn sein Vertragspartner ein berechtigtes Interessse an einer Kündigung nachweisen kann.
Deshalb kann dem Untermieter die Berufung auf rechtsmißbräuchliches Verhalten des Eigentümers nicht schon dann versagt werden, wenn er bei Abschluß des Mietvertrages die Eigentumsverhältnisse kannte und sich über die wirkliche Rechtslage hinsichtlich des Kündigungsschutzes hätte informieren können.
Der Rechtsirrtum des Untermieters über die ihm nach dem Vertrag eingeräumte mindere Rechtsstellung ist im Verhältnis zum (Haupt-)Vermieter der fehlenden Kenntnis über die nicht gegebene Eigentümerstellung des (Unter-)Vermieters gleichzustellen. Zwar ist bei der Beurteilung der Frage, inwieweit der Schuldner aufgrund eines unverschuldeten Rechtsirrtums für die Folgen des Verzuges nicht einzustehen braucht, allgemein anerkannt, daß an die Sorgfaltspflicht des Schuldners strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1972 - VI ZR 169/70 = NJW 1972, 1045 unter II 2; siehe auch BGH, Urteil vom 27. September 1989 - IVa ZR 156/88 = NJW-RR 1990, 160). Daran wird im Grundsatz festgehalten.
Andererseits ist es als Entschuldigungsgrund angesehen worden, wenn der Rechtsirrtum durch tatsächliche Umstände beeinflußt worden ist, die aus der Gläubigersphäre stammen. (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1969 - VIII ZR 10/68 = NJW 1970, 463 unter 2 b; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 285 Rdz. 12). Die vom Zwischenvermieter regelmäßig, wie auch hier, gewählte Vertragsgestaltung, sich selbst als Vermieter und den Untermieter als Mieter zu bezeichnen, durch die der Rechtsirrtum des Untermieters hervorgerufen oder jedenfalls begünstigt wird, muß aber der Eigentümer sich zurechnen lassen. Entscheidend ist, daß die Besonderheiten des Wohnungsmietrechts und des damit untrennbar verbundenen Kündigungsschutzes es geboten erscheinen lassen, eine Erkundigungspflicht des Untermieters zu verneinen. Da der Untermieter regelmäßig den Charakter des begründeten Dauerschuldverhältnisses als Untermietvertrag und den daraus folgenden Wegfall des Mieterschutzes nicht kennt (vgl. Crezelius, aaO.), fehlt ihm die Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen Erkundigung über die sich für ihn ergebenden Rechtsfolgen. Umgekehrt ist es dem Eigentümer zuzumuten, den Zwischenvermieter nicht nur, wie bereits im Rechtsentscheid vom 21. April 1982 ausgeführt, zur Aufklärung des Untermieters über die Eigentumsverhältnisse, sondern auch zur Aufklärung über den im Verhältnis zum Eigentümer fehlenden Kündigungsschutz anzuhalten. Damit handelt der Eigentümer mit seinem auf § 556 Abs. 3 BGB gestützten Räumungsverlangen auch dann rechtsmißbräuchlich, wenn er zwar nicht die Unkenntnis des Untermieters über die Eigentumsverhältnisse, aber einen trotz Kenntnis der Sachlage naheliegenden und von ihm ohne weiteres vermeidbaren Rechtsirrtum des Untermieters ausnutzt. An dem Vorwurf der Rechtsmißbräuchlichkeit fehlt es demgemäß nur dann, wenn der Eigentümer die Mietinteressenten über die rechtlichen Konsequenzen der Begründung eines Untermietverhältnisses aufklärt oder aufklären läßt.
cc) Daß damit praktisch der Erfolg eines auf § 556 Abs. 3 BGB gestützten Räumungsverlangens des Eigentümers von einer Belehrung des Untermieters über seine Rechtsstellung abhängt, steht, wie das vorlegende Gericht zutreffend hervorhebt, im Einklang mit der durch das Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz vom 17. Mai 1990 (BGBl. I S. 926) in § 564 b Abs. 7 BGB neu eingeführten Bestimmung der Nr. 5. Danach gilt der Kündigungsschutz der Absätze 1 bis 6 dieser Vorschrift nicht für Wohnraum, den eine juristische Person des öffentlichen Rechts zur Überlassung an Personen mit dringendem Wohnbedarf oder an Auszubildende angemietet hat, wenn der Untermieter bei Vertragsschluß auf diese Zweckbestimmung und auf den fehlenden Kündigungsschutz hingewiesen worden ist. Zwar unterscheidet sich der von dieser Vorschrift erfaßte Fall von dem hier zu beurteilenden dadurch, daß dort mit dem Kündigungsschutz gegenüber dem Hauptmieter und Untervermieter jeglicher Kündigungsschutz für den Untermieter entfällt, während bei der gewerblichen Zwischenvermietung der Untermieter jedenfalls Kündigungsschutz für Wohnraum gegenüber dem Zwischenvermieter genießt. Die in § 564 b Abs. 7 Nr. 5 BGB statuierte Hinweispflicht zeigt aber, daß der Gesetzgeber das völlige Entfallen des Kündigungsschutzes ohne entsprechende Belehrung nicht für gerechtfertigt erachtet und es nicht als ausreichend angesehen hat, daß der Untermieter, dem unter diese Vorschrift fallender Wohnraum vermietet worden ist, sich über die gesetzlichen Rechtsfolgen selbst informieren könnte.
Daß der Gesetzgeber bei dieser Gelegenheit nicht auch die hier zu entscheidende Frage geregelt hat, bedeutet nicht, daß er den Untermieter abgesehen von der in § 564 b Abs. 7 Nr. 5 getroffenen Regelung nicht für schutzwürdig gehalten hat. Dafür ergeben die Gesetzesmaterialien nichts (siehe Begründung des Gesetzesentwurfs BT-Drs. 11/5972, S. 18 und Beschlußempfehlung und Bericht des Auschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drs. 11/6636, S. 34). Mit dem Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz sollte die Schaffung und Bereitstellung von Wohnraum gefördert werden. Eine Reform des Rechts der Untervermietung von Wohnraum war nicht beabsichtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 2993076 |
BGHZ 114, 96 |
BB 1991, 937 |
NJW 1991, 1815 |
BGHR BGB § 242 Rechtsmißbrauch 9 |
BGHR BGB § 556a Abs. 1 Sozialklausel 2 |
BGHR BGB § 564b, Kündigungsschutz 1 |
DRsp I(133)433a |
DWW 1991, 211 |
NJW-RR 1991, 904 |
WM 1991, 902 |
ZIP 1991, 942 |
ZMR 1991, 255 |
JZ 1992, 101 |
JuS 1991, 776 |
MDR 1991, 867 |
WuM 1991, 326 |
BGH, HdM Nr. 23 |