Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsanspruch über den Wert des Nachlasses

 

Normenkette

BGB § 2039

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 6. Oktober 1995 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 600,00 DM

 

Gründe

I.

Der Kläger ist aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils der nichteheliche Sohn des verstorbenen Ehemannes der Beklagten. Er verlangt von ihr als dessen Alleinerbin Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, die Auskunft durch Vorlage eines schriftlichen, nach Aktiva und Passiva geordneten Verzeichnisses aller Vermögenswerte zu erteilen. Die Berufung der Beklagten ist durch den angegriffenen Beschluß des Oberlandesgerichts als unzulässig verworfen worden, weil ihr Aufwand für die Auskunftserteilung die Berufungssumme des § 511a Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht erreiche; das Berufungsgericht hat die erforderlichen Kosten gemäß § 3 ZPO auf 600,00 DM geschätzt. Dagegen hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Wert ihrer Beschwer auf mehr als 1.500,00 DM festzusetzen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1.

Die Beschwerdeführerin meint, der Umfang ihrer Auskunftspflicht sei unklar. Schon deshalb erfordere die Erteilung der Auskunft anwaltliche Hilfe. Nach dem Tenor des landgerichtlichen Urteils sei Auskunft über alle Vermögenswerte zu erteilen. In den Entscheidungsgründen werde aber ausgeführt, daß der Wert der zum Nachlaß gehörenden Grundstücke sowie des landwirtschaftlichen Betriebs nicht sachverständig zu ermitteln oder zu beziffern sei; der Schuldner eines Auskunftsanspruchs habe lediglich die tatsächlichen Grundlagen für eine eventuell später vorzunehmende Bewertung zu liefern.

Dadurch wird die Verpflichtung der Beklagten jedoch nicht unklar. Der Tenor des landgerichtlichen Urteils ist im Sinne der ihn erläuternden Entscheidungsgründe zu verstehen. Worüber im einzelnen Auskunft zu erteilen ist, richtet sich grundsätzlich danach, welche Informationen der Kläger zur Durchsetzung seines Anspruchs benötigt (BGH, Beschluß vom 23. Mai 1991 - III ZR 123/90 - BGHR BGB § 260 Auskunftsanspruch 1). Letztlich wird es um einen Zahlungsanspruch des Klägers gehen (vgl. §§ 1934a Abs. 1, 1934b, 2338a BGB). Soweit für die Bewertung einzelner Nachlaßgegenstände die Hilfe eines Sachverständigen erforderlich ist, kommt ein Anspruch auf Wertermittlung in Betracht (vgl. BGHZ 89, 24, 28). Einen solchen Anspruch hat der Kläger im Wege der Stufenklage bereits angekündigt, aber noch nicht zur Entscheidung gestellt. Danach genügt für eine Auskunft insoweit eine nähere Bezeichnung des Nachlaßgegenstandes, mit deren Hilfe der Kläger die Ermittlung des Wertes durch einen Sachverständigen beantragen kann. Folgerichtig hat das Landgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils darauf hingewiesen, daß der landwirtschaftliche Betrieb des Erblassers "als solcher" in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen sei. Mit Recht betont das Landgericht jedoch, daß die Beklagte sich nicht mit dem Hinweis, die Saldierung bestimmter Gruppen von Nachlaßgegenständen sei "insgesamt negativ", ihrer Pflicht entziehen könne, alle Nachlaßgegenstände einzeln in einem übersichtlichen Verzeichnis zusammenzustellen (vgl. BGHZ 33, 373ff.; 89, 24, 27; Soergel/Dieckmann, BGB 2. Aufl. § 2314 Rdn. 12ff.).

2.

Ferner macht die Beschwerdeführerin geltend, das Berufungsgericht habe ihr Vorbringen übergangen, hinsichtlich des zum Nachlaß gehörenden Anteils des Erblassers an einer anderen Erbengemeinschaft könne sie die Auskunft nicht erteilen, ohne gegen die anderen Miterben, die untereinander zerstritten seien, Klage zu erheben. Dieser Erbengemeinschaft stünden Ansprüche nach dem Vermögensgesetz wegen eines Grundstücks in Me.-V. zu. Um zu klären, ob im Fall seiner Rückübertragung Altlasten beseitigt werden müssen, bedürfe es außerdem der Zuziehung eines Sachverständigen.

Das Berufungsgericht weist demgegenüber mit Recht darauf hin, daß der Beklagten, die als Alleinerbin in die Rechtsstellung des Erblassers als Miterben in der anderen Erbengemeinschaft eingerückt ist, dieselben Informationsrechte wie den anderen Miterben unmittelbar gegenüber Verwaltungsbehörden und Gerichten zustehen (§ 2039 BGB; vgl. BGHZ 107, 104, 108). Inwiefern sie dennoch ohne Mitwirkung der anderen Miterben außerstande sein könnte, sich die Kenntnisse zu verschaffen, die sie zur Erteilung der Auskunft gegenüber dem Kläger benötigt, hat die Beklagte nicht dargetan. Dies hat sie auch in ihrer Beschwerdebegründung nicht nachgeholt. Deshalb bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob das Berufungsgericht der Beklagten hätte Gelegenheit geben müssen, zu dem Vortrag des Klägers Stellung zu nehmen, sie habe die anderen Miterben bisher nicht einmal befragt.

Was schließlich eventuelle Altlasten betrifft, hat bereits das Landgericht mit Recht ausgeführt, daß diese Frage erst für die Wertermittlung eine Rolle spielen kann, nicht aber für die hier zu erteilende Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Soweit die Beklagte im Hinblick auf die Ansprüche nach dem Vermögensgesetz künftige Entwicklungen zu bedenken gibt, weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, daß sich die Verpflichtung der Beklagten auf Auskünfte beschränkt, die gegenwärtig möglich sind.

3.

Danach hat das Berufungsgericht bei der Schätzung der Beschwer gemäß § 3 ZPO die gesetzlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

 

Unterschriften

Dr. Schmitz,

Dr. Zopfs,

Römer,

Dr. Schlichting,

Terno

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456421

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